Hallo
Vielleicht kann ich als Nicht-Hundeerfahrene und "nur" Katzenbesitzerin auch was Konstruktives beitragen: Mich wollte mal auf einer Zugfahrt jemand über Kampfhunde aufklären (aus dem Gespräch heraus ohne besonderen Anlass, kein Hund war in Sicht). Ich gebe zu, ich war vorher schon etwas genervt bzw. der Person eher abgeneigt. Aber aus heutigem Kenntnisstand weiß ich, dass alles, was sie sagte, treffliche Argumente waren. Sie drangen aber nicht zu mir durch. Erstens mangels Sympathie, zweitens, weil Besitzer dieser Hunde diese ja wohl auch anders beurteilen als - ja, als was, frage ich mich heute, die allwissende Allgemeinheit???
Egal, die Bekehrerei ist jedenfalls sicher kein leichtes Geschäft, wenn sie von jenen "suspekten Personen" ausgeht, die sich einen "Kampfhund" ins Haus holen! Dabei beziehe ich mich auf die Perspektive der Voreingenommenen. Ich gehörte zum Beispiel weniger zu jenen, die die Hunde per se verurteilten. Ich fragte mich aber immer sehr naiv, warum sich jemand einen "solchen Hund" anschafft, wo doch bekanntlich nur "proletarisches Gesindel mit niederen Trieben" die kleinäugigen Muskelpakete spazierenführt. Also im falschen Umkehrschluss aus der Kampfhundedebatte: Wer ein vernünftiger Hundehalter ist, holt sich einen Golden Retriever ins Haus, keinen Pitbull, nicht, weil dieser per se böse ist, wohl aber, weil er per se nur von "bösen" Leuten gemocht wird.
Ich weiß nicht, ob ich mit dieser (überwundenen!) Einstellung alleine dastehe, aber unter solchen Voraussetzungen hört man euch sicher anders zu! Und so sehr ich auch schmunzeln musste und so wenig ich auch weiß von den alltäglichen Kämpfen, die zu solcher Schlagfertigkeit führen: Viele der hier geposteten Sprüche unterstreichen das Bild eines zumindest ziemlich aufmüpfigen, unangepassten, kotterschnäuzigen Halters.
Ich bin mittlerweile übrigens - ohne solche schlagfertigen Sprüche - so bekehrt und regelrecht gefesselt von den Kampfschmusern, dass ich selbst gern einem SoKa ein Zuhause geben würde, sobald meine Lebensverhältnisse hundegerecht sind (nicht in ganz naher Zukunft). Deshalb lese ich mich hier auch mal vorsichtig schlau, was damit so auf mich zukommen würde.
Und befinde - nur subjektiv und von der "anderen Seite" aus betrachtet - ein offenes, sympathisches Auftreten, vielleicht sogar ein entgegenkommendes Reagieren wie: "Wenn Sie eigentlich gern auf dieser Straßenseite bleiben würden, kann ich Sie ja mal mit meinem Hund bekannt machen/ Ihnen erzählen, wie ich auf "so einen" gekommen bin..." für sinnvoller im Umgang mit Leuten wie mir (früher) und vielleicht auch mit den schlimmeren.
Selbst Sachargumente bringen erst etwas, wenn Interesse vorhanden ist. Mich haben Wahrheiten über Beißkraft und Aggressionsverhalten etc. auch erst erreicht, als ich selber wissen wollte, was dran ist am SOKA-Image.
Was bei mir schlagkräftigstes Argument war, aber bestimmt nicht bei jedem zieht: Die Konsequenzen für Hunde und Halter. Der SOKA-Aufklärungsfilm wurde hier bereits verlinkt, die Geschichte "Celina" würde ich am liebsten per Handzettel in der Fußgängerzone verteilen, wenn sie nicht so lang wäre. Man könnte auch raten, mal "Kampfhundeproblematik" bei Google einzugeben und sich die Ergebnisse durchzulesen.
Aber wie gesagt, mich würde in erster Linie interessieren, ob es eine Wende in einige Gespräche bringt, wenn man
anbietet aufzuklären, mit dem individuellen Hund und/oder der Rasse vertraut zu machen und zu helfen, unbegründete Ängste, Unsicherheiten und Agressionen abzubauen.
Letzteres wäre natürlich fast schon wieder provokant: "Dürfte ich Ihnen mit einigen sachlichen Informationen helfen, Ihre Aggressivität gegenüber unschuldigen Mitmenschen und ihren ebenso unschuldigen Hunden zu lindern?"
Aber das veranschaulicht auch ganz gut, worauf ich hinaus will: Erstmal einen Fuß in die Tür des Gegenübers kriegen, indem man auf seine Empfindungen und Bedürfnisse eingeht und Abhilfe anbietet. Das erwartet ja keiner von "unmöglichen Haltern unmöglicher Hunde", zumindest der Überraschungseffekt dürfte sitzen!
Und die Reflexion, ob man von seiner eben ausgesprochenen Äußerung und der darin vertretenen Meinung Abstand zu nehmen bereit ist oder lieber "dumm sterben" und an Vorurteilen festhalten will, bleibt in der Verantwortung des Gegenübers. Eine solche Entscheidungssituation ist, glaube ich, keine schlechte Voraussetzung für das Aufbrechen festgefahrener Strukturen. Ggf. hätten selbst die, die ablehnend reagieren, hinterher das Gefühl, vielleicht doch eine wichtige Information verpasst zu haben, und würen, im besten Fall, die nächste Gelegenheit nutzen, sich doch noch zu informieren!?
Zu guter Letzt will ich übriges allen hier meinen Respekt aussprechen, dass Ihr zu all euren großen, schwarzen, kräftigen, kupierten, bananennasigen und wie auch immer Anstoß erregeneden Hunden steht und Euch vom alltäglichen Kampf gegen Vorurteile nicht unterkriegen lasst - mein Kreuz muss bestimmt noch ein bisschen wachsen, wenn ich wirklich mal eine Listen-Schmusebacke an meine Seite holen will! Aber wer weiß, vielleicht ist das mit obigem "Geheimrezept" ja alles kein Problem mehr...
Sabrina