@cassiopeia:
Wenn das bei eurem Hund geklappt hat: Super!
Wir haben dann mit jahrelangem Leinentraining das Prob halbwegs in den Griff bekommen.
Hier: Wochenlanges Leinentraining: Bandscheibenvorfall: Monatelange Qualen.
Ich hab's über ein Jahr probiert, mit so ziemlich allem, inklusive stehenbleiben und wegdrehen. Interessierte den nicht, der hatte sowieso Probleme, sich zu erinnern, dass er draußen nicht allein unterwegs war. (Sagte ich schon, dass er ein Wahrnehmungsproblem hat? Oder eher mehrere? - Wenn er sich aufregt - und das kann schon bei einmal Abbiegen in ne unbekannte Straße passieren, rennt er auch frontal gegen Laternenpfähle oder Autos, weil bei ihm im Kopf alles durcheinander geht.)
Ansonsten Sitzen lassen, immer wieder üben, vor allem in stressfreien Situationen und nicht nur eine Minute, sondern auch länger.
Und das war der Knackpunkt: Die gab es draußen lange nicht!
Wenn wir einem anderen Hund begegnen, geh ich weiter bis meine sich zu sehr in die Leine legt, dann stehen bleiben, Hund ins Sitz, weitergehen, stehenbleiben, Hund ins Sitz.
Und guck mal, wie verschieden die Welt ist. Das Verfahren - Hund sieht anderen, fixiert und legt sich in die Leine, man gibt ein Kommando (und zwar irgendeines), oder interveniert anderweitig (Richtungswechsel, Hund berühren) hätte damals bei unserem eine sofortige Explosion getriggert, weil ihm wegen des entgegenkommenden Hundes bereits das Hirn (vor Stress) heißlief, und er diesen weiteren Input nicht mehr verarbeiten konnte. Dem brannte regelrecht (damals regelmäßig, heute nur noch an sehr schlechten Tagen) die Sicherung durch.
Das allerwichtigste ist selbst ruhig zu bleiben, NICHT den Hund anbrüllen (wertet er möglicherweise als Mitbellen), am besten gar nix sagen und loben wenn die Aufmerksamkeit wieder bei dir ist (meist wenn der andere Hund vorbei ist). Deine Aufmerksamkeit völlig bei deinem Hund lassen, den anderen am besten gar nicht angucken und..es muss dir gleichgültigsein was die anderen denken. Ich hab mich am Anfang für das Benehmen meines Hundes immer zu Tode geschämt.
Das unterschreibe ich allerdings voll und ganz, und ich finde auch, dass ihr es erstmal auf die Weise versuchen solltet, die Cassiopeia beschreibt.
Um mich nicht falsch zu verstehen:
Als ich geschrieben habe, dass ich lernen musste (und bitte glaubt mir jetzt einfach mal, dass ich wirklich eine Menge ausprobiert und mitgemacht habe, bis ich soweit war), dass meinem Hund zumindest vorübergehend nur mit einem Stachelhalsband zu
helfen war - in seinem Fall war's wirklich so, dass er größere Reizstärken brauchte, um sie wahrnehmen zu können - da hab ich um Gottes willen nicht gemeint, dass Steffi und Jörn eines benutzen sollen und es die Lösung für ihr Problem darstellt.
Wir haben auch am Aggressionsproblem meines Hundes nie
aktiv mit dem Stachelhalsband gearbeitet (er hatte es natürlich auch bei Hundebegegnungen um, aber wenn er so richtig abging, hatte ich ihn dann meist am zweiten Halsband. Es hat aber, wenn mir das nicht so schnell gelang, auch keinen Unterschied gemacht, er kriegt in so einer Situation gar nichts mehr mit. Da nützt ja auch mit Wasser bespritzen etwa Null.)
Ich habe hier im Forum noch NIE jemandem ein Stachelhalsband empfohlen. Und im wirklichen Leben auch nicht! Es hat in Einzelfällen seine Berechtigung, aber ich traue mir nicht zu, solche Fälle zuverlässig zu erkennen.
Man sollte es immer erst anders probieren!
Ich wollte lediglich darauf hinaus, dass man manchmal, bei Hunden, die wirklich schwere Schäden oder Probleme haben, Wege beschreiten muss, die mit "Klick", "Leckerchen" und "Ich mache mich interessant für meinen Hund" und vorn allem "ausschließlich positiver Motivation" nicht mehr allzu viel zu tun haben. Das ist eine
Tatsache.
Wer die Erfahrung noch nicht gemacht hat, der möge froh und dankbar dafür sein, aber nicht behaupten, die Aussage sei nicht wahr.
Und wenn du unglücklicherweise einen solchen Hund hast (der ansonsten ein richtiger Goldschatz ist), dann hast du zwei Möglichkeiten. Du versuchst es jahrelang weiter (wenn das Problem lästig, aber tragbar ist).
Oder du gibst irgendwann den Hund ab, weil du seiner Probleme nicht Herr wirst und vielleicht noch denkst, du wärst nicht die richtige Person für diesen Hund. Weil du es ja nicht geschafft hast, mit den "Methoden, die immer klappen", dieses Problem zu lösen.
Dann kannst du dir, wie Steffi und Jörn bei ihrem ersten Hund, traurig sagen: "Ich habe versagt!" - Aber das hilft dem Hund auch nicht weiter. Wenn du Glück hast, dann findest du einen guten Platz. Wenn du Pech hast...
Ich war auch schon so weit. Nach recht kurzer Zeit und dem Bandscheibenvorfall. Aber obwohl "man doch nur konsequent sein muss", und mein damaliger Trainer der Ansicht war, da überhaupt kein Erfolg zu sehen sei, müsse ich wohl was falsch gemacht haben, es sei alles mein Problem, ich hätte es halt nicht richtig versucht, haben wundersamerweise alle dankend abgelehnt. Diesen Hund, mit diesen angeblich nur hausgemachten Problemen, wollte keiner.
Also habe ich mich (erstmal notgedrungen) für einen dritten Weg entschieden. Der da lautet: Ich schaue nicht mehr, was laut Buch A oder Buch B für jeden Hund richtig ist, sondern ich schaue, was für
diesen Hund richtig ist. Und das, was klappt, das, was dem Hund mehr Sicherheit vermittelt, das wird gemacht. Weil es egal ist, ob es mir schmeckt, die Hauptsache ist, dass es dem Hund bekommt!
Ich kenne Menschen, die meinen: "Was nicht vom Hund freiwillig kommt, das kommt eben gar nicht! Dann muss man den Hund eben so nehmen, wie er ist!"
Das mag mit ganz normalen Hunden so gehen, aber wenn der Hund, wie er ist, durch seine hysterischen Attacken und sein unkontrolliertes Verhalten eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt (und für mich, wenn er mich z.B. vor's Auto zieht), dann stoße ich an die Grenzen dieses Prinzips.
Mir haben damals mehrere Leute (unter anderem meine Tierärztin, die so etwas mit SICHERHEIT nicht leichtfertig machen würde) gesagt: Wenn die Alternativ zu uns Tierheim wäre, weil sich keine Pflegestelle und kein Endplatz für dieses durchgedrehte Viech findet, wäre es für den Hund besser, ihn einzuschläfern, weil er im Zwinger dann endgültig kaputtgeht. (Hatte ihn ja schon mit Zwingerkoller bekommen). - Das kam ganz nüchtern und sachlich, und als ich es von allen Seiten, von lauter Personen, die Hunde kannten und mochten, die ihn auch mochten, immer wieder hörte, hat mich das schon sehr bedenklich gestimmt.
Um es klar zu sagen: Das wäre für mich NIE in Frage gekommen. Aber das hieß auch: Es muss etwas anderes geschehen. Ganz dringend.
Wenn du die Wahl hast, ein Tier aufzugeben, weil du bestimmte Methoden nicht mal
denken willst (und wenn das nur "Leinenruck" ist. Muss ja nicht gleich der Stachel sein, aber im Extremfall auch der. Gibt ja schon Leute, die ein ganz normales Halsband als Tierquälerei ablehnen, und sich lieber furchenziehend von ihrem persönlichen Untier am Geschirr durch die Gegend zerren lassen) - oder aber dein Denken zu verändern - dann musst du dich eben entscheiden.
Für deine Prinzipien oder für das Tier.
Was besser ist (also auch für das Tier) hängt sicherlich vom Einzelfall ab. Von den Lebensumständen, davon, ob es Alternativen gibt. vom Schweregrad der Probleme, davon, was vorher schon alles versucht wurde und bestimmt noch ner Menge anderer Sachen.
Aber das sollte man in jedem Fall im Hinterkopf behalten. Damit meine ich
nicht, dass "nicht sofort auftretender Erfolg" jedes noch so krude Hilfsmittel rechtfertigt. Ich hoffe, das ist einigermaßen klar geworden.
LG, Lektoratte