Massa, ich verstehe, was du meinst, und finde das Prinzip gut.
Aber wie willst du den Hund am Aufputschen hindern, wenn ein falscher Blick reicht, oder die "kritische Entfernung" 50 m beträgt?
Es gibt einfach Umstände, die haben mit Timing nichts zu tun.
Ich nenn dir mal ein Beispiel. Der Mensch, der von allen, die ich persönlich kenne, das allerbeste Timing hat, ist Bürste.
Dem sein Timing ist quasi göttergleich. (Naja...
so nahe, wie ein Mensch dem nunmal kommt.)
Bürste hat das anscheinend unmögliche fertiggebracht, Spacko Garri beizubringen, wie man (ohne Ablenkung) an lockerer Leine läuft - in nicht mak 10 Minuten. Und das hat fast 2 Monate vorgehalten.
Im Grunde hab ich's dadurch wieder verloren, dass ich danach weiter zu meiner andere Trainerin gegangen bin. Deren Timing war schlechter, und im Grunde bestand sie darauf, dass Garri eben auch in "Hundegesellschaft" nicht an der Leine zog (und das kann er nicht, weil er da massiv unter Stress kommt.)
Mit jedem Mal, dass ich dorthin ging, wurde es schlechter - relativ egal, was ich nun machte oder nicht - bis wir wieder beim Alten waren. (Mittlerweile geht's wieder, ich denke, mein Timing ist besser geworden, oder der Hund älter.
)
Also, merke: Bürste hat mit gutem Timing das geschafft, was kein Trainer vor und nach ihm vollbracht hat.
Im Handumdrehen.
So etwas geht, da geb ich dir absolut Recht.
Aber: In der Sache: "Umgehen mit anderen Hunden" - da hat auch Bürste nix gerissen, sondern nach kurzer Begutachtung im Wesentlichen gesagt, dass er denkt, dass man
das eben nicht so einfach in den Griff kriegt, wenn überhaupt. Und so
ist es ja auch.
Also: Man kann mit aktiver Korrektur und Lob bei perfektem Timing unheimlich viel erreichen.
Aber nicht alles.
Und das hat dann nichts mit dem Timing zu tun.
Stell dir das so vor: Unsereins wird vielleicht ein bisschen nervös, wenn er einen dringenden Termin hat, und der Zug hat Verspätung. Fällt der Zug ganz aus, steigt der Stresspegel, und wenn dann auch noch das eilends herbeigerufene Taxi im Stau stecken bleibt, könnte man am liebsten in die Luft gehen.
Bei Garri zB ist das Zentrum im Hirn, dass diesen Vorgang steuert, beschädigt (das war im CT zu sehen). Wenn der Stress bekommt, dann immer gleich den ganzen. Der sitzt also quasi ständig im Taxi oder denkt das zumindest. Der ist nie nur "ein bisschen nervös", sondern immer gleich ganz.
Der weiß also im Prinzip genau, welches Verhalten erwünscht ist, und an guten Tagen bemüht er sich sogar, das umzusetzen. Aber an schlechten kann er es einfach nicht. Da brennt sein Hirn mit ihm durch, noch bevor er seinen Kopf sortiert hat. Das ist eine physiologische, unwillkürliche Reaktion, für die er nichts kann, und die man mit Lob und aktivem Zeigen auch nicht beseitigen kann.
In dem Moment, wo er die Schwelle überschreitet, wird er gar nichts mehr von dem zeigen
können, was er zuvor gelernt hat.
Und wenn Annis Betty ein Problem mit der Adrenalinausschüttung hat, ist es bei ihr so ähnlich.
So ein Hund ist unter Stress nur sehr bedingt trainierbar. Im Grunde ist das beste Heilmittel ein sehr ruhiges Leben ohne viel Aufregung. So halten wir es zumindest, und fahren ganz gut damit.