@pixelstall
Danke.
Einiges von dem, was du schreibst, ist hier ansatzweise so - aber (soweit ich es beurteilen kann) lange nicht so extrem ausgeprägt. Das Problem, dass es öfter kracht, wenn er nicht bestimmen kann, hatten wir bisher noch nie, ihm wurde eine "ausgeprägte Fähigkeit, Kompromisse auszuhandeln" bescheinigt. Das fängt jetzt gerade erst an, und ist dann eher so, dass
er sich zurückzieht.
Ungewöhnlich heftige Reaktionen auf Unerwartetes oder Enttäuschungen, besonders bei sonstiger schlechter Verfassung kenne ich aber auch - abgrundtiefe Enttäuschung, rabenschwarze Stimmung - und wenn er sich mal über jemanden ärgert, dann tut er das noch ewig. Da weiß das andere Kind meist schon gar nicht mehr, was eigentlich vorgefallen war.
Dann ist er immer hin und hergerissen zwischen dem Wunsch, anerkannt und bewundert zu werden, und einer heftigen Abneigung davor, im Mittelpunkt zu stehen oder in einer größeren Gruppe auch mal was zu sagen. (Okay, das kann ich ihm nachfühlen...) Ich glaube, davor hat er im Augenblick richtig Angst.
Die Familienberaterin (ich weiß gar nicht, was die sonst noch ist - die arbeitet halt hier in der Beratungsstelle) sieht als einen Auslöser in seinem Fall übrigens ein traumatisches Kontrollverlust-Erlebnis und findet sein Verhalten dahingehend nicht untypisch.
(Das ist vielleicht für die eine oder andere Mitlesende mit ähnlichen Problemen interessant).
Fabian ist ja insgesamt recht viel krank gewesen, und war auch schon dreimal für kleinere OPs im Krankenhaus - und einmal ohne OP. Da war er ungefähr 2 1/2, hatte eine Mandelentzündung mit Fieber, und hat einen Fieberschub so schlecht verpackt, dass ich erst dachte, er hätte eine allergische Reaktion auf das Antibiotikum (was aber nicht stimmte).
In dem Fall stieg das Fieber so schnell, dass der Körper nicht mehr hinterherkam, und der Kreislauf zusammengebrochen ist. Das ging so fix, und sah so dramatisch aus (und die klinischen Werte waren so schlecht), dass nicht nur ich, sondern auch der Kinderarzt hier um's Eck, zu dem ich mit Kind in Karre hingesprintet bin, dachten, der geht gleich über den Jordan.
Bis dann der Krankenwagen kam (was sehr lange dauerte - am Ende trafen wohl drei auf einmal hier ein, die alle an derselben Bahnschranke gewartet hatten, nur zu verschieden Zeiten losgefahren waren... ), hatte er sich allerdings erstmal wieder fast vollständig erholt, und nur extrem hohes Fieber.
Die Notärzte und auch die Leute im Krankenhaus dachten also erstmal, wir hätten vereint einen an der Klatsche...aber das ist ein anderes Thema.
Weil er so hohes Fieber hatte, sollte er also mit ins Krankenhaus, erstmal Infusionen zur Kreislaufstabilisierung bekommen.
Da ich allerdings sozusagen vom Herd weg das Kind geschnappt und zum Arzt gekarrt hatte, war selbiger noch an, und ja auch der Hund noch unversorgt, sodass Fabian allein im Krankenwagen mitfahren musste. Es hatte sich zwar jemand von der Kinderarztpraxis angeboten, für mich nach Hause zu gehen, das mochte ich wegen dem Spacko aber nicht machen. Ich wusste halt einfach nicht, wie er reagiert, wenn plörtzlich eine wildfremde Person ins Haus kommt.
Das war alles ziemlich ätzend.
[Edit, weil zu lang - in Krankenhaus selbst war's dann halt auch nicht so toll. Und er hatte dort noch einmal eine richtig schlimme Attacke mit Fieberwahn und Panik.]
Na gut... ich meine, einen gewissen Ansatz von Problemen gabs auch vorher schon, aber danach wurde es halt richtig krass. Er bekam anfangs bei allem Möglichen, vor allem Insekten, aber auch flatternden Fahnen, Hunden, Mobiles... Panikattacken, mochte nicht mehr im Dunkeln schlafen, hatte Alpträume - das wurde dann langsam wieder besser, wir hatten aber immer wieder, wenn Veränderungen anstanden, oder er einen Entwicklungsschub durchmachte, sehr ängstliche, negative Phasen, in denen er sich massiv eingeredet hat, es würde bald was ganz Schlimmes passieren.
Übrigens auch gern vor freudigen Anlässen. (Unvergessen etwa die Woche vor seinem 3. Geburtstag, in denen er sich massiv in die Befürchtung hineinsteigerte, er würde
ganz sicher nur Sachen für Mädchen geschenkt bekommen. Hello Kitty und so. Dasselbe hatten wir dann Ostern noch mal... - und das war nicht bloß Spaß, der hat schwer gelitten in dieser Zeit, und ich auch. - Auch wenn ich noch halb drüber lachen konnte...)
Naja, und möglicherweise sind, das ist also die Vermutung, seine Befürchtungen und seine Versuche, da gegenzusteuern, und also sein persönlicher Kontrollwahn eine Reaktion auf diese oben beschriebene Situation. Er befürchtet immer Worst-Case-Szenarien, weil er schon mindestens eines hatte.
Und darum kommt er auch aus diesem "Ihr habt mich nicht mehr lieb! Immer kümmert ihr euch nur um Jakob" von allein im Moment nicht mehr heraus.
Und weil es ihm
damit schlecht geht, kann er
andere Sachen, die er sonst konnte, die ihm aber immer schwergefallen sind (auf andere zugehen, sich in der Gruppe behaupten, sich auch mal auseinandersetzen) im Moment noch schlechter und ist extrem gestresst.
Man
kann ihn schon zwingen, aber irgendwie möchte ich das nicht immer, denn er wirkt deutlich mehr als nur bockig, dem geht's dann richtig elend. Ohne geht es aber auch nicht, sonst funktioniert hier an manchen Tagen gar nichts mehr.
Das ist schon recht schwierig, phasenweise.