@Manny
Was ich auf den ersten Blick wirklich seltsam finde, ist, dass er es mit seiner Tochter ja anscheinend ganz anders macht.
So aus dem Stehgreif fallen mir zwei mögliche Erklärungen dafür ein.
Die erste ist einfach: Die Tocher sieht er ja nicht dauernd, hat ihr gegenüber durch die Trennung ein schlechtes Gewissen, und bei den seltenen Treffen ist es für ihn dann relativ einfach, für diese begrenzte Zeit den perfekten Vater zu geben.
Die zweite wäre eher so "familienpsychologisch", aber da ich da nicht so ganz firm bin, mögen mir die Fachleute verzeihen, wenn das alles etwas vage klingt.
Irgendwie habe ich mal gehört, dass (manche?) Eltern über ihre Kinder alte Verhaltensmuster aus ihrer eigenen Kindheit aufarbeiten (nicht absichtlich, sondern es ergibt sich einfach so, weil sie die halt sehr früh so gelernt haben). Gegenüber nem Kind des gegensätzlichen Geschlechts ist es das zum Verhältnis zum eigenen entsprechenden Elternteil, und gegenüber ne Kind des eigenen Geschlechts eher das Verhältnis der Umwelt zu einem selbst.
Als Frau sieht man seinen Sohn also wie den eigenen Vater (oder den Vater des Kindes, je nachdem, welcher Konflikt stärker ist), die Tochter aber eher wie sich selbst.
Generell ist es dieser Theorie zufolge aber bei solchen unaufgearbeiteten Konflikten mit sich und der eigenen Vorgeschichte einfacher, mit einem Kind des anderen Geschlechts umzugehen, weil da zumindest noch ein wenig Abstand ist und man nicht ständig sich selbst (auch mit allen Fehlern, die man so hat) erkennt oder zu erkennen befürchtet.
Würde für deinen Mann heißen, dass er in seiner Tochter evtl. seine Mutter "hineinliest", die erwartet, dass sich alles nur um sie dreht - und sich (als sohn wie als Vater) bemüht, ihr diesen Wunsch zu erfüllen.
Umgekehrt begegnet er aber seinem Sohn, wie seine Mutter vermutlich ihm selbst begegnet ist, und interpretiert dementsprechend jede aufwändige Aktion vom Kind als "Plage": "Manipuliert, nutzt uns aus, bindet uns an, ist lästig, nervt..."
(Sein Vater scheint ja nebenbei auch ein ziemlicher Egozentriker zu sein, da hat er auch kein gutes Vorbild...)
Vermutlich ist ihm nicht mal klar, dass er das tut.
Schwierig... Ich würde denken, dass du ihm nur schwer helfen kannst, das zu erkennen. Das ist harte Arbeit (der über sich selbst nachdenkende Typ scheint er ja auch nicht unbedingt zu sein), und besser von einer neutralen Person von außen zu leisten.
Was ist denn mit deiner Mutter - du hast ja mal geschrieben, mit der käme er eigentlich ganz gut klar. Könnte die das vielleicht? - Ohne Vorwürfe, ohne "du musst..." sich einfach mal anhören, wie er darüber denkt, und dann durch die eine oder andere Bemerkung zum Nachdenken anregen?