@FrenchBully
Ich denke auch ein wenig in dieselbe Richtung, wie Fact&Fiction und einige andere hier.
Dir scheint die Bully-Art fremd zu sein, nicht so ganz Deine Chemie, wenn man so will.
Auf jeden Fall bin auch ich mir sicher, wenn sie es untereinander auch tun, dass Deine Großen dem Kleinen die Grenzen schon so setzen, wie sie es auch meinen. Da scheint mir kein Eingreifen nötig.
Übrigens wollte ich Dir auch keine Gedanken ans Abgeben unterstellen.
Das war eine Anmerkung zu meinen eigenen Gefühlen, mit denen ich mich auseinandersetzen musste, und sollte nur den emotionalen Zirkus ausdrücken, der ablaufen kann und wie weit diese gemischten Gefühle eben auch mal gehen können. Auch wenn man sich seiner Verantwortung natürlich letztlich ohne Wenn und Aber stellt. Schliesslich ist man ja selber derjenige gewesen, der den Hund geholt und damit auch in diese Situation gesetzt hat.
Mit Lab und Frenchie hast Du vielleicht jetzt Charaktere zuhause, die unterschiedlicher kaum sein könnten.
Obwohl ich mir dieselbe Rasse wie zuvor ins Haus holte, waren es auch hier verschiedene Charaktere und eben Welpe im Vergleich zu vorher alter und gesetzter Hund. Allein das ist ein riesen Unterschied. Das erlebst und empfindest Du ja selbst täglich zur Zeit.
Ich kann mir vorstellen, dass es nicht ganz einfach ist, sich aus einer Situation in festen Bahnen und Abläufen mit erwachsenen Hunden heraus plötzlich mit den kleinen "Katastrophen des Welpendaseins" auseinandersetzen zu müssen.
Mir hat es wirklich sehr geholfen, mich soweit das überhaupt möglich ist emotional auf Null zu stellen und mich in Bezug auf das Verhalten des Hundes so weit wie möglich von meinen "typisch menschlichen Deutungsmustern" zu lösen.
Was einem egal ist oder was man sich nicht dauernd "anders" wünscht, nervt auch nicht so. Ich weiss nicht, ob Du mir da folgen kannst.
Ich habe nie versucht, Dinge auszuhalten oder mich "halt dran zu gewöhnen", weil ich wusste, das geht gefühlsmäßig sowieso schief.
Für jede Situation, bei der ich merkte, dass ich mich emotional NICHT daraus lösen konnte, habe ich umgehend aktiv versucht, Lösungen zu finden, mit denen ich - und natürlich auch der Hund - gut leben kann. Vor allem damit sich mein Unwohlsein in der ungelösten Situation nicht in eine Abneigung gegen den Hund als zentraler Punkt des Problems verwandelt.
Dazu gehörte neben vielen anderen Maßnahmen z.B. auch, dass unser Haus in der Phase bis zur Stubenreinheit aussah, als ob wir ausziehen würden, weil wir es "welpensicher" gemacht hatten und Läufer und alle anderen "gefährdeten" Objekte für einige Monate sicher weggeräumt waren. Wie das eben bei vielen Welpenbesitzern läuft. Du bist da absolut nicht allein. Das Welpenalter ist halt ein "Ausnahmezustand", eine Phase, durch die man durch muss. Gleichermaßen süß, wie nervig und kann einen schon deshalb durch so manche Gefühlswallung schicken. Aber sie ist auch absehbar.
Ich wollte mit Mila nicht unbemerkt in diesen Strudel aus Ablehnung und deren sich selbst erfüllender Bestätigung durch den Hund, der das spürt und dann auch irgendwann nichts mehr richtig machen kann, hineingeraten.
Denn das fängt nach meiner Erfahrung alles im eigenen Kopf an.
Mila ist nicht mein erster Hund, nichtmal mein erster Bully, aber der erste Hund, von dessen Charakter ich mich in einem hohen Maß gefordert fühlte.
Und dabei hatten wir schon vor vielen Jahren mal einen ähnlich lebhaften Staffie. Ich kenne "wilde Biester".
Ich musste mir erstmal eingestehen, dass es nicht am Hund liegt, sondern daran, dass ich mir diesmal einfach viel mehr als ich es zuerst wahrhaben wollte ein anderes Wesen gewünscht hatte.
Deshalb habe ich einfach erstmal nur versucht, mich von Erwartungen zu lösen, ganz viel zu beobachten und zu begreifen, was sie eben so für ein Typ ist. Möglichst unemotional und ohne Druck auch auf Verhalten reagieren, das ich erstmal nicht so richtig verstand. Dieses beobachtende Abstandnehmen und viel Recherche zu Training und Verhalten haben mir selbst sehr geholfen, mich aus der "Emotionsfalle" zu lösen. Wenn mir auf dem Weg die Geduld verloren ging und ich mich schlecht fühlte, hat mir das nur gezeigt, dass mich immer noch meine Erwartungen steuerten.
Mittlerweile liebe ich Mila vorbehaltlos genau dafür, das sie so ist wie sie ist. Ich kann ehrlich sagen: Da gibt es keine gemischten Gefühle mehr.
Noch dazu entwickelt sie sich inzwischen sogar immer mehr in die von mir ursprünglich ersehnte Richtung, auch wenn sie dabei ihre Eigenarten nicht verliert (das ist auch gut so, sie hat ein Recht auf ihren eigenen Charakter).
Sie probiert, aber akzeptiert auch, dass nach dem kleinen Finger nicht die ganze Hand kommt, wenn man diese Grenze freundlich aber bestimmt setzt. Sie ist wild und gierig auf das Leben und Abenteuer. Kann man das einem Hund (vor allem einem jungen) verdenken?
Vielleicht wird der Frenchie nicht die tollste Hundeerfahrung, die Du je hattest. Mag sein. Aber das kann man jetzt überhaupt noch nicht beurteilen, es kann sich noch so viel entwickeln. Und ich denke, mehr als nur nebeneinander her zu leben und die Anwesenheit des anderen zu tolerieren, ist bei Euch allemal drin, wenn das kleine Ding erstmal so richtig bei Euch angekommen ist.
Ich sag so viel dazu, weil ich mir einbilde, aus Deinen Schilderungen so ein bisschen herauszulesen, dass Du gerade krampfhaft versuchst, Dich an die Situation einfach zu gewöhnen und Deine Gefühle hinzunehmen.
Verständlicherweise scheint Dir das schwer zu fallen.
Es muss aber auch nicht sein.
Stubenreinheit, wilde Tage, nerviges Verhalten ... das ist beim Junghund nicht nur alles absehbar. Man kann damit auch viel gelassener umgehen, wenn man neben diesen nervigen Kleinigkeiten nicht auch noch permanent mit seinen eigenen Erwartungen kämpfen muss.
Konzentration auf emotional bewertungsfreies Arbeiten mit dem Hund kann überraschenderweise unbemerkt immer mehr Nähe schaffen und man verschwendet weniger Zeit auf negative Empfindungen.
Auch sehr wichtig und hilfreich finde ich es, den Körperkontakt zu halten. Streicheln und Anfassen tut nicht nur dem Hund gut, sondern auch einem selbst.
Vielleicht gelingt es mir, Dir ein bisschen Mut zu machen, dass Eure Beziehung sich stark verbessern kann.
Das Meiste davon passiert in Deinem Kopf.