@sina. ehrlich gesagt, ich kenn dich ja nicht persönlich, aber von dem hier, hätte ich nicht gedacht, dass du jemandem von vornherein voreingenommen gegenüber stehst
Ich bilde(te) mir auch ein, dass das nicht so ist. Und dann bekommst Du eine neue Kollegin und stellst erschrocken fest, dass Du nicht an sie rankommst und Dir ihre Art schon Unbehagen auslöst. Wie gesagt, ihre bloß Anwesenheit raubte mir Energie, ich hatte immer das Gefühl, ich versorge sie mit meiner Energie mit, es war wie durch tiefen Schlamm waten, wenn Du Dich mit ihr unterhalten hast...
Hinzu kam, dass wir sie, wegen fehlender fachlicher Eignung, lange abgelehnt haben, dann sie aber doch genommen haben. Ich dachte, dass ich vielleicht dadurch voreingenommen bin und fand das von mir selber unheimlich unfair (sie kann ja da auch nichts für). Und ich habe mich sehr erschrocken, dass sowas solch ablehnende Gefühle (denn so hab ich sie am Anfang interpretiert, ich dachte, es müsste an mir liegen) auslösen kann.
Dann war mein Teamkollege am Anfang noch im Urlaub, mit dem konnte ich das auch nicht besprechen. Und andere bekamen sie weniger mit, außerdem schämte ich mich ehrlich gesagt für mein eigenes Verhalten (wobei ich mich ihr gegenüber anscheinend wirklich nicht so verhalten habe, sie hat mir heute zum Abschied eine Packung Merci geschenkt, weil ich so nett zu ihr war und mich so bemühtr habe sie einzuarbeiten...damit wusste ich dann gar nicht mehr umzugehen).
Als mein Kollege wieder kam und wir nach einigen Tagen, nachdem er sich einen Eindruck verschafft hatte, drüber reden konnten und ich feststellte, ich bin nicht die einzige, die so reagiert, ging es mir etwas besser.
Trotz allem hat es mich fertig gemacht, nicht nur die Aussicht, sie würde eigenverantwortlich bei uns arbeiten und was dann mit ihr und mit den Klienten passiert, sondern auch mein eigenes Empfinden. Ich kam mir so mies vor, aber ich kam da nicht gegen an...
Letztendlich bin ich irgendwann so weit gewesen und wollte eine Einzelsupervision zu diesem Thema machen, weil ich wissen wollte, was das bei mir auslöst und weil es zu diesem Zeitpunkt so aussah, als wenn sie bleiben würde.
Naja, zum Glück hat es sich dann geklärt und nachdem ich meine Scham wirklich überwunden hatte und offen mit meiner Vorgesetzten gesprochen habe, war klar, dass es nicht nur ich bin, die Schwierigkeiten hat. Und letztendlich hat die Kollegin selber zum Ende jetzt von Schwierigkeiten, die sie in Teams hatte in der Vergangenheit berichtet und das kam mir alles recht bekannt vor. Aber ich war zwischenzeitlich wirklich richtig verzweifelt...
wobei ich aber sagen muss, dass eigentlich keiner von denen die ich so kennen lernen durfte ein/e sozialwissenschaftliche/s ausbildung/studium absolviert haben. allerdings seid "ihr" ja glaube ich nochmal eine ganz andere abteilung.
Ehm, ich weiß nicht, ob ich den Absatz richtig verstehe. Meintest Du, dass kaum jemand, den Du in dem Bereich, in dem ich arbeite, kennengelernt hast, eine pädagogische Ausbildung hat?
Es stimmt schon, dass es gerade im Drogenbereich immer mal wieder Quereinsteiger gibt, Ex-User zB..
Ich finde auch nicht, dass eine pädagogische Ausbildung ein absolutes Muss ist, aber ein gewisses Grundwissen muss vorhanden sein, ebenso wie Einfühlungsvermögen und eine gewisses Maß an Gesprächsführungskenntnissen.
Und es muss ein Wille dazu da sein, sich auf Suchtverhalten und auch auf die verschiedensten Formen psychischer Erkrankungen einzulassen, ebenso wie auf die Folgen von Armut und Verwahrlosung.
Und gerade wir sind häufig die erste Anlaufstelle oder zumindest die erste behördliche. Es ist enorm wichtig, dass wir schnell einen Zugang finden, dass wir, so weit es geht, die Schwelle abbauen, uns einen Überblick über den Hilfebedarf verschaffen und vernetzen. Und nicht zuletzt dafür sorgen, dass die Leute gerne wiederkommen!
Wie gesagt, eine pädagogische Ausbildung halte ich nicht für das absolute Muss, aber ein gewisser Grundstock, wie auch immer ich zu dem gekommen bin, muss vorhanden sein oder ich muss zumindest die persönliche Eignung haben, mir diesen anzueignen...
Ich arbeite, mit Unterbrechungen, seit über 10 Jahren in der Wohnungslosenhilfe, ich kannte den Umgang auch nicht, als ich angefangen habe und ich war mitten im Studium. Aber zum Einen habe ich nicht selbstverantwortlich gearbeitet und zum anderen war ich aber in der Lage einen Zugang zumindest zum Großteil der Leute zu bekommen. In diesem Fall war das leider auch nicht gegeben, sie hat ja nicht mal Zugang zu uns bekommen oder wir zu ihr.
Und, und das war für mich einer der springenden Punkte: Du musst in der Lage sein, eine Eskalation rechtzeitig zu erkennen und auch damit umzugehen. Und das auch in Fällen, die nicht völlg grade laufen. Wir haben viele Leute mit psychischen Erkrankungen, oft nicht richtig oder gar nicht medikamentiert, häufig aber noch mit massivem Drogengebrauch dabei, wir haben traumatisierte KlientInnen mit massiven Gewalterfahrungen, usw.. Und wir haben einfach grundsätzlich KlientInnen, die im Grunde ganz unten angekommen sind, wo es um existentielle Fragen geht, nämlich die Frage nach dem Bett nächste Nacht und was zu Essen.
Ihr Cleananspruch war auch etwas, was mich wahnsinnig gemacht hat und wo wir nur schwer überein gekommen sind. Ich habe keinen Cleananspruch, es spielt für meine Arbeit keine Rolle und das sollte es auch nicht, meiner Meinung nach. Es spielt bei der Wahl der Unterkunft eine Rolle, ja, und es ist natürlich etwas, was man im weiteren Fallverlauf thematisieren kann (wobei ich es nie aus mir heraus thematisieren würde, höchstens mal ein Lapidares: Du musst mal weniger Drogen nehmen, dann aber mit Augenzwinkern. Oder, wenn jemand völlig runter ist, dass ich mal in der Beratung anspreche, wie es mal mit einer Entgiftung wäre, einfach um den Körper mal wieder ein wenig in die Bahn zu bekommen, aber ansonsten warte ich auf den Anstoss der Leute selber).
Und ehrlich, wenn da jemand vor Dir sitzt, affig, ewig draußen, dann jetzt auch noch im Winter, der einfach nur einen Pennplatz braucht, ist das Letzte, was er hören will: Mach doch mal eine Therapie! Den interessiert, wie er verhindert, dass er nächste Nacht nicht erfriert!
Um dieses Thema haben wir uns viel gehabt, sie hatte da eher einen, recht naiven, Helferanspruch...
Es ging viel um die Frage von Einschätzung. Du musst in der Lage sein im ersten Gespräch schon eine Einschätzung zu treffen, wo derjenige hinpassen könnte, was für weiterführende Hilfen er im Zweifel benötigt usw..
Ich hatte es auch schon, dass jemand sich zB eine Überdosis gesetzt hatte und dann bei mir zusammenklappte (auch hübsch, die Ärztin war ewig beschäftigt, ich dachte der packt es nicht, am nächsten Tag war er wieder da, ohne Erinnerung...).
Oder Leute, die sich weigern das Büro zu verlassen, die drohen, oder auch die völlig verzweifelt in sich zusammenfallen und am Ende sind. All das musst Du nicht nur aushalten, sondern Du musst auch damit arbeiten und die richtigen Schritte gehen und den richtigen Ton treffen.
Von daher, sie war komplett ungeeignet! Das war uns allen (auch ihr) irgendwann klar, nur hätte man den Prozess deutlich verkürzen können. Und ich denke, wenn man sie vorher kannte (was ich ja nicht tat, aber die, die sie zu uns gesetzt haben), hätte man das wissen können!