Wir haben für morgen eben noch schnell umgeplant. Ich habe um 10 Uhr in Straßburg einen Termin beim Konsulat, um meinen neuen Pass zu beantragen. Eigentlich wollte Chris mitfahren, aber da wir ihn weder allein lassen möchten und ihm auch die Fahrt ganz sicher nicht antun wollen, war die Idee, dass ich allein fahre. Ich bin aber durch Tano arg durch den Wind. Heute war ich mit meinem Nannysohn im Schwimmbad und es fiel mir schwer, nicht dauernd sorgenvoll an Tano zu denken. Ich müsste zudem um 7.45 Uhr losfahren, zu einer Zeit, wo ich noch im Nebel bin. Deswegen habe ich eben Zugtickets gebucht. Die Fahrt dauert zwar nur 50 Minuten, aber in Viruszeiten hätte ich gerne darauf verzichtet. Ich kann den Termin aber auch nicht einfach verlegen, weil es schwierig ist, überhaupt einen Termin zu bekommen. Nun fahre ich morgen um 8.10 Uhr von Metz mit dem Zug, Chris bringt mich zum Bahnhof und holt mich auch wieder ab und ist ansonsten, da er einen Urlaubstag genommen hat, für Tano da. Ich bin übrigens eben zum x-ten Mal die Unterlagen durchgegangen, die ich für den neuen Reisepass brauche, um auch absolut sicher zu sein, dass ich alles habe.
Chris hat Tano heute mit ins Homeoffice genommen und ihn ein bisschen gepäppelt und immer wieder Gel aufgetragen. Tano hat zwischendurch die meiste Zeit geschlafen. Als Chris im Büro fertig war, hat er ihn mit ins Wohnzimmer genommen und der Kleine bekam eine aktive Phase. Er hat sich im Garten gelöst, begeistert gefressen und als ich heimkam, kam er wedelnd zur Haustür. Das Gehen ist für ihn extrem mühsam, weil natürlich die Innenschenkel der Hinterbeine extrem weh tun. Deswegen spreizt er die Hinterbeine weit und macht dadurch einen Buckel. Das ist übel anzusehen.
Aber er will, das ist deutlich. Ich weiß, dass Fresslust nicht immer ein Anzeichen dafür ist, dass der Hund noch kann und mag. Ich hatte mehr als einen Hund, der kauend auf der Regenbogenbrücke ankam. Aber ein Hund, der mit solchen Krankheitssymptomen trotzdem noch frisst, trinkt, wedelt und, wenn auch mühsam, zeitweise herumtippelt, hat noch nicht aufgegeben. Chris und ich kennen Tano und wir sind beide der Meinung, dass die Euthanasie jetzt noch nicht zur Debatte steht. Auf der anderen Seite steht halt, dass er höllische Schmerzen hat und dass das nur bedingt erträglich ist.
Wir haben unglaubliches Glück, dass Tano die Chemotherapie gut verträgt und nicht unter Übelkeit und/oder Durchfall leidet. Im Internet habe ich zur Chemo unterschiedliche Angaben gefunden, wann die ersten deutlich sichtbaren Verbesserungen bei der Therapie einsetzen und es ist von 10-14 Tagen die Rede. Wir hätten also im Bestfall noch 3 schwere Tage vor uns und im schlechtesten 7 Tage. Chris und ich haben aber den Eindruck, dass sich schon etwas leicht verbessert hat und das ist sein Blick. Es gab heute Momente, wo seine Augen wieder einen leichten Glanz hatten und einmal stand er da und schaute neugierig, was Chris zu der Bemerkung veranlasste, dass das ein bisschen an die Zeit vor dem Ausbruch erinnere.
Boah, da haben wir 5,5 Monate versucht herauszufinden, was er hat und nun hängt es an ein paar Tagen, Hätten wir das schon im Juli gewusst, hätten wir ihn wahrscheinlich milder behandeln können, auf jeden Fall aber wäre es aber nicht so ein Ritt auf der Klinge geworden. Wobei ich im Nachhinein denke, dass dies der dritte Schub ist, denn zwischendurch hat er sich ja verbessert und war sogar wieder okay. Obwohl er völlig ungeeignete Medikamente bekam und auch noch eine Ausschlussdiät, die nur geschadet hat
. Offensichtlich kam sein Immunsystem mit den ersten Schüben noch klar und dann ist es in sich zusammengefallen.
Tano hatte ja Ehrlichose, als wir ihn aufgenommen haben, die Werte waren aber so niedrig, dass wir in Lux schauen sollen, wie sich das entwickelt. Deswegen haben wir in regelmäßigen Abständen Blutuntersuchungen gemacht und alle MMK abklären lassen. Die letzte war nach 9 Monaten bei uns und da war Tano Leish negativ. Deswegen hat es uns auch relativ kalt erwischt, als die Diagnose endlich stand. Bei Kalle wussten wir es und haben das Glück, dass Leishmanien mittlerweile seit 3,5 Jahren nicht mehr nachweisbar sind. Wobei ich natürlich weiß, dass die Biester sich so zurückziehen können, dass sie nur schwer aufzufinden sind. Für uns ist die Leish von Kalle aber trotzdem nur nebulös im Hintergrund vorhanden, wobei er natürlich auch andere Baustellen hat.
Ich weiß natürlich, dass Leishmaniose eine richtig miese Krankheit ist. Es gibt leichte Fälle, die mit Allopurinol auskommen, andere, die eine Behandlung wie Tano benötigen und danach weiter lebenslang Allopurinol brauchen und es gibt auch Hunde, bei denen keine Behandlung anschlägt und die daran sterben. Ich hätte mir aber mit dem theoretischen Wissen nie vorstellen können, wie verheerend sich die Leishmanien auswirken können. Deswegen dachte ich, als das Ergebnis der Biopsie kam, dass wir gut davon gekommen sind angesichts anderer Möglichkeiten. Kalle vor Augen glaubte ich, wir behandeln ihn, es wird zwar eine schwere Zeit, aber danach ist alles wieder okay. Nie hätte ich gedacht, dass es Tano vielleicht nicht schaffen könnte. Das stand für mich überhaupt nicht auf der Liste der Möglichkeiten.
Der TA gestern, den ich sehr schätze, hätte Tano euthanasiert, wenn ich das Okay gegeben hätte und sagte mir natürlich, warum. Seine Argumente hatten Gewicht: "Der Hund leidet höllische Schmerzen. Ein Mensch würde auf der Intensivstation im künstlichen Koma liegen. Tano muss da so durch." Ich bat um ein paar Tage Zeit, unter Tränen. Er gestand sie sofort zu und überlegte, wie wir ihm die Tage erleichtern können. Mir liefen die Tränen und er legte mir tröstend die Hand auf die Schulter. Ich musste ihm versprechen, dass wir sofort kommen, wenn Tanos Zustand sich verschlechtert, damit Tano nicht unnötig leidet.