Es ist einfach nicht ok, das ungefragt zu kommentieren.
Ich denke ehrlich, es kommt auf das "Wie" an. Es nicht zu kommentieren, muss nicht immer okay sein.
In meiner Verwandtschaft gibt es neben diversen dünnen Hemden auch jemanden, der glaube ich, an der 150 kg-Marke kratzt. Diejenige hatt eine solche Phase als Teenie, wo sie in kürzester Zeit zu undirgendwann wieder abnahm, und dann mit Anfang Zwanzig ging es wieder los. Da meinte sie noch, sie wüsste auch nicht, wie das käme, aber sie hat ja schonmal einfach so wieder abgenommen... Diesmal war es leider nicht so.
Leider waren größere Teile ihres direkten Umfeldes da nicht sehr hilfreich.
Die Mutter: "Meine Tochter kann sich so fett fressen, wie sie mag, ich mache ihr da keine Vorschriften, eine Tyrannei der Figur gibt es hier nicht, Wenn sie so aussehen will, soll sie das dürfen!" (Zum Glück nicht in Anwesenheit der Betroffenen)
Hinweise, dass das evtl. kein normales Übergewicht sei, blieben außen vor: "Ah, zum Arzt? Nee, die ist doch nicht krank. Die ist übergewichtig. Muss sie selbst wissen, wenn sie dick sein will. Wer damit zum Arzt rennt, will nur Aufmerksamkeit."
Naja - da meine direkte Verwandtschaft aus nervigen Einmischern besteht...
- wurden einige Anstrengungen unternommen, der Betroffenen zu einer
informierten Entscheidung zu verhelfen, zumal sie auch nicht einfach nur dick aussah, sondern eher, als wäre überall Wasser drin, und insgesamt nicht die Gesündeste war.
Leider sagte die Hausärztin dazu wiederholt sinngemäß: "Blutwerte? Wozu? Sie sind übergewichtig. Was soll da rauskommen? Das wird man nicht durch nen leeren Magen! Aber das sieht man im Blutbild nicht."
Danach einen weiteren Versuch bzw. einen Hausarztwechsel herbeizureden, war leider nicht ganz einfach.
Als das endlich hinhaute, fand sich eine schwere SDU (durch Hashimoto-Thyreoditis), Diabetes und noch diverse andere Dinge im Stoffwechsel, die völlig entgleist waren.
Das wieder einzurichten hat nun zwar nicht im Handumdrehen zu einer rapiden Gewichtsabnahme geführt, weil es nicht sofort und ganz einfach zu machen war, aber diverse andere Malaisen, die vom früheren Arzt mit "Bei X Kilo Übergewicht ist das eben so" abgetan wurden, sind Geschichte. Der Muskeltonus ist besser, die Stürze Geschichte, sie kann wieder Sport machen, die Gelenkschmerzen sind fast weg, die dauernde Müdigkeit auch...
Hätten wir alle, je nach Fasson, taktvoll oder aggressiv geschwiegen,
wäre das alles nicht passiert.
Und nachdem es mir mindestens zweimal passiert ist, dass ich nichts in dieser Richtung zu jemandem gesagt habe, der kurzfristig rapide an Gewicht
verloren hat - in einem Fall in gewisser Weise taktvoll, da ich dachte, es käme vom Stillen (da war es mir beim ersten Mal ja genauso gegangen), im anderen, da ich dachte, das sei jedem in seiner engeren Familie klar und die Person eben schwer erkrankt (ich kannte ihn nur vom Sehen, war der Vater einer Nachbarin) - und beide Personen relativ kurz danach zur Überraschung aller anderen und ihrer selbst mit Krebs in einem weit fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wurden, habe ich mir fest vorgenommen, nicht mehr "nichts" zu sagen.
Aber: "Willst du bei deinem Gewicht den Kuchen wirklich noch essen?" bringt nichtmal meine Mutter.
(Die selbst ja auch nicht unbedingt die Schlankste ist. - Und die ja oft genug vor lauter guten Absichten nicht erkennt, wo besser Schluss sein sollte oder wo man es auch mal gut sein lassen kann.)
Fazit: Das ist an Unverschämtheit wohl kaum noch zu überbieten.
(Dass sie andererseits sehr darauf bedacht war, mir welchen aufzudrängen, als ich in der Stillphase kurzfristig auf unter 50 kg rutschte, konnte ich ihr nicht verdenken. Dabei
habe ich ja mindestens für zwei gegessen. Es setzte nur nicht an. Zumindest, bevor ich anfing, in die Wechseljahre zu kommen, bin ich unter Stress regelmäßig zum Durchlauferhitzer mutiert.)