Zuerst möchte ich kurz auf den Begriff Downie eingehen.
Ich empfinde ihn als abwertend, weil er niedlich klingt.
Dummerweise wirken Down-Syndrom-Menschen oft "niedlich" und bringen andere zum Lachen. Oft auch durch ihre fröhliche, manchmal etwas distanzlose Art.
Hinter diesem oft kindlichen Verhalten stehen aber trotzdem Menschen mit ganz normalen erwachsenen Bedürfnissen (ich habe in einem Wohnheim für Erwachsene gearbeitet)
Das betrifft Beziehungen, Selbstständigkeit, Selbstbestimmung -alles das, was auch nichtbehinderte Erwachsene ausmacht.
In unserem Wohnheim der Lebenshilfe wurde der Begriff Downie aus diesen Gründen nicht verwendet.
Ein geistig Behinderter hat bei einem Treffen mit einer Schulklasse wunderbar gekontert, als er gefragt wurde, ob sein Leben in einem Wohnheim überhaupt lebenswert ist.
Seine Antwort hat alle beeindruckt:
Er meinte sinngemäss, dass er dasselbe macht wie jeder andere auch. Nach der Arbeit möchte er chillen, Musikhören, sich mit seiner Freundin treffen und fragte, ob das Leben der Schüler so anders wäre.
Ich bin übrigens froh, dass es Wohnheime für behinderte Erwachsene gibt, denn auch viele geistig Behinderte wollen irgendwann anders leben als bei den Eltern.
Zumal viele bei den Eltern sehr verhätschelt werden und ihnen oft nur wenig zugetraut wird.
Und auch im Hinblick darauf, dass die Eltern in der Regel irgendwann sterben, finde ich es gut, dass sie in einem guten Wohnheim leben können.
Da liegt allerdings das Problem, denn gute Wohnheime sind rar.
Und erst in den letzten, ca. 20 Jahren wird viel mehr darauf geachtet, dass die Bewohner Rechte haben und nicht nur nach dem Motto "satt,sauber,trocken" versorgt werden.
Ich erinnere mich noch gut an den Ärger vor 15 Jahren, den ich hatte, weil ich auf meiner Gruppe gestattet habe, dass die Leute leise aufstehen durften, wenn sie mit dem Abendessen fertig waren und nicht sitzenbleiben mussten, bis auch der letzte fertig war.
Begründung: In einer Familie isst man zusammen.
Blöd nur, dass die Leute sowieso den ganzen Tag zusammen waren -morgens mit dem Bus 30 Minuten in die Werkstatt, nach 8 Stunden 30 Minuten Rückfahrt, dann Hauspflichten, duschen, Küchendienst, Mediausgabe...
Da konnte ich jeden verstehen, der einfach das Bedürfnis nach Alleinsein und Ruhe hatte.
Richtig herb wurde es, als ich erlaubte, dass ein Fussballfan sein Abendbrot vor dem Fernseher essen durfte - das FussbalLspiel kollidierte mit der Essenszeit
Nachdem dann die alteingefahrene Leitung gewechselt hatte, wurde es viel besser und freier. So durfte ein Bewohner endlich -nach über zwei Jahren - wieder allein das Haus verlassen.
Sein einziges Vergehen: Er vergass die Zeit, er konnte die Uhr auch nicht lesen und einen klingelnden Wecker nahm er nicht wahr.
Da wir in einer kleinen Stadt waren, war es eigentlich kein Problem, ihn allein gehen zu lassen, zumal er sich nur an 4 Orten gerne aufhielt.
Da wurde dann einfach ein Praktikant losgeschickt, um ihn zum Abendessen zu holen.
So eine einfache Lösung, allerdings war 2 Jahre niemand darauf gekommen
Mittlerweile hat sich, auch die Lebenshilfe, sehr viel an der Einschätzung von geistig Behinderten und dem Umgang mit ihnen verändert.
Ich freue mich sehr darüber, zumal ich den Umgang mit den Leuten sehr genossen habe- es war wirklich mein Traumjob.