Aalso, dann will ich auch mal.
Bonito, was du unbedingt vermeiden solltest, ist, was man in so einer Situation gar zu gern machen würde: "Alles auf einmal" verändern, und "Alles auf einmal richtig machen" zu wollen.
Das kann gar nicht klappen.
Beispiel: Wenn dein Hund schon normalerweise zieht wie Hulle, nützen die alle tollen Tipps wie "Leine lockerlassen, bloß keine Spannung auf die Leine,
du putscht deinen Hund auf, wenn du die Leine anziehst!!!" - gar nix. Weil der Hund sich schon alleine derarte puscht, dass es im Endeffekt auch egal ist ob du noch hinten dran hängst oder nicht.
Und Ablenkung durch Leckerli, Spieli oder Clicker oder "Richtungswechsel" wird auch nicht funktionieren, wenn es einfach Situationen gibt, in denen er sich so hochfährt, wie du es beschreibst. Da hat er nämlich anderes im Kopf.
(Gründe dafür, dass er nicht immer agressiv reagiert können unterschiedliche sein: Er mag den betreffenden Hund nicht. Du magst den Hund nicht. Oder auch: Der Besitzer des anderen Hundes ist besonders unsicher. Der Weg ist minimal schmaler als sonst. -Hunde am Fahrrad, die, da sie am Fahrrad laufen, eben in gerader Linie auf den Hund zugerannt kommen, wirken auf viele unsichere Hunde bedrohlicher als ein Artgenosse, der gemütlich zu Fuß geht. Ist bei Garri so, hab ich aber auch schon von (vielen) anderen Leuten gehört, deren Hund nicht oder nur bedingt verträglich ist.)
Mein Ansatz wäre, zunächst einmal dafür zu sorgen, dass der Hund (wenigstens ohne Ablenkung)
nicht mehr an der Leine zieht. Dafür gibt es verschiedene Methoden. Ob nun Clicker, "Aufmerksamkeitssignal" + Richtungswechsel nach Turid Rugaas (Buch: "Hilfe, mein Hund zieht!"), wohl dosierter Leinenruck (dafür ist gutes Timing allerdings wichtig) - das ist, ohne den Hund zu kennen, schwer zu entscheiden.
Wenn er draußen enorm unter Strom steht, immer schauen muss, ob er nichts verpasst etc (also sehr unsicher ist), könnten einfach Aufmerksamkeitsübungen eventuell schlicht fehlschlagen, weil der Hund sie nicht mitbekommt. Nicht, weil er sie bewusst ausblendet, sondern weil er überfordert ist. Kann aber auch sein, dass er die Ohren auf Durchzug stellt, ist wie gesagt schwer zu sagen, wenn man den Hund nicht sieht.
Da wäre ein Hundetrainer eventuell schon, wenigstens für eine Einzelstunde oder zwei, eine gute Investitition.
Parallel dazu würde ich (Garten, Wiese o.ä., möglichst wenig Ablenkung) mit der Schleppi am "Komm!" arbeiten. (Hier gab es irgendwo im Forum einen Thread dazu).
Und immer wieder kleine UO-Übungen in den Alltag einstreuen usw.
So richtig aktiv am Hundeproblem würde ich erst weiter arbeiten, wenn das Leine gehen ohne anderen Hund in Sicht halbwegs funktioniert. Vorher kriegst du schon darum ein Problem, weil der Hund "ich ziehe wie blöd" und "mein Führer zieht wie blöd" und "ich krieg ein Korrektursignal" gar nicht auseinanderhalten kann. Er zieht ja eh und kann sich damit gut beschäftigen.
Dazu muss ich wieder sagen, dass so Sachen wie "Komm!" (auch wenn du gerade keine Lust hast!" oder "Nicht dem Hasen hinterher, ich hab immer noch das Ende der Leine in der Hand!" mindestens 3 Wochen, oft auch noch mehr, brauchen, bis sie zuverlässig gefestigt sind. Lernt man was neues, macht der Hund es eine Woche eventuell wunderbar, dann erstmal wieder nicht (anders war doch viel lustiger!), und über diese Widerstandsphase muss man hinweg, damit die Verknüpfung sicher neu angelegt ist. IN einer Woche, oder von einer Minute auf die andere geht gar nichts.
In der Zwischenzeit würde ich dir eines dringend raten:
Geh vorausschauend. Lass es NICHT drauf ankommen, nach dem Motto "Eigentlich mag er ja diese Art von Hunden", solange du genau weißt, dass er eben NICHT alle Hunde mag. Das muss er ja auch nicht, aber du musst dich halt entsprechend verhalten.
Und wenn der Hund an der Schleppi vorläuft, könnte es je nach Umständen sinnvoller sein, den Hund zu dir zu ziehen (Ist der Hund gestresst, geh und sammel ihn ein. Zeigt er dir den Stinkefinger, zieh ihn ran. Aber: Was bei deinem Hund vorliegt, kann und will ich nicht beurteilen, dafür wirst du dir jemanden vor Ort suchen müssen.)
Machst du das zeitig, kommt zumindest von deiner Seite keine Hektik auf.
Sehr wichtig:
Mach insgesamt NUR Sachen, von denen du sicher bist, dass du sie gebacken kriegst. und wenn hundertmal im Hundebuch steht, man müsse schnell belohnen, und am besten mit Leckerchen - wenn das Leckerchen dich total aus dem Konzept bringt und der Hund dir dabei möglicherweise noch flöten geht, weil ihn das eigentlich eh nicht interessiert, lass es weg. Dann kriegt er eben erstmal nur ein lobendes "Brav gemacht!", "Ja super!", und das Leckerchen eben bei einer anderen Gelegenheit, wenn Ruhe genug dafür ist, nach getaner Arbeit auch zu belohnen.
Der Hund profitiert mehr von dir als sicherem, souveränen (ja, ich muss reden...) Hundeführer, der alles super im Griff hat, als von einem hektisch aus der Tasche gekramten Leckerchen in einer Situation, die ihm das Gefühl vermittelt, eigentlich müsse er jetzt wohl mal notgedrungen die Initative ergreifen, da du mit dem Jobnglieren von Leine, Clicker, Leckerli und nicht über den Hund stolpern absolut ausgelastet bist.
Mit dem Halti ist es auch so eine Sache. Ja, das Halti hat große Nachteile. Und man sollte sich von wem, der wirklich weiß, wie man es benutzt, zeigen lassen, wie es geht.
Es hat aber auch seinen Platz, und einen Hund, der Blickkontakt zu dir aufnehmen KANN, manchmal aber nicht will, kann damit eventuell gut gearbeitet werden.
Benutz es in diesem Fall allerdings als Zusatz zum normalen Halsband. Einen hund nur am Halti zu führen, halte ich für absolut fahrlässig. - Aber auch hier gilt: Würde einen Trainer um Rat fragen, oder irgendwen anders vor Ort mit Hunde-Erfahrung.
Meinem Hund hat das Halti nicht gut getan, der fährt mit Maulkorb besser. Trotzdem kriegt er es um, wenn es für den MK zu warm ist, denn ohne irgendwas ist der nicht zu kontrollieren. - Man muss also immer abwägen: Was ist in MEINER Situation wichtiger? Die Nachteile des Halti, oder die Dinge, die ohne Halti passieren können?
Wieder profitiert der Hund allein schon davon, dass du dich evtl. sicherer fühlst, wenn er es trägt.
Praktische Tipps:
Bei einer Hundebegegnung zu Fuß:
Nimm ihn kurz bzw. ruf ihn ins Fuß, geh einen leichten Bogen und vorbei, ohne langsamer zu werden, wenn möglich.
Wenn er allerdings zum explosionsartigen Vorspringen neigt, bleib besser stehen, lass ihn eventuell absitzen - das ist pädagogisch eventuell nicht ganz das Wahre, aber wieder gilt: Sicherheit geht vor. Lob ihn, solange er ruhig ist, auch wenn du genau merkst: Uh, der Coubntdown läuft...
.
Sei auf alles gefasst, stell dich sicher hin. Und nimm ihn in so einer Situation ruhig RICHTIG kurz. Nicht so, dass er halb in der Luft hängt, lass die Leine noch locker.
Aber gib ihm nicht mehr als 30 cm.
Das Problem in diesem Fall ist (hat mir neulich eine befreundete Physikerin erzählt), NICHT das Gewicht des Hundes, sondern der IMPULS, mit dem er sich auf den anderen zu bewegt. Und der Impuls errechnet sich aus Masse ("Gewicht") mal Geschwindigkeit.
Je größer die Geschwindigkeit, desto stärker der Ruck. Aus der Ruhe heraus wird die Geschwindigkeit durch beschleunigen erreicht, und je mehr Leine du dem hund in dem Moment lässt, desto größere Geschwindigkeiten kann er erreichen.
Wenn du da die Leine "so lang wie möglich" lässt, um "den Hund ja nicht zu sehr unter Druck zu setzen", stellst du dir physikalisch gesehen selbst ein Bein.
Dass Fazit muss also lauten: Lass ihm so viel Leine, wie du noch gut kontrollieren kannst. Nicht mehr, nicht weniger.
Dann kannst du dem ganzen auch viel gelassener entgegen sehen.
Und wenn der andere Hund vorbei ist, LOBEN!
Wenn er abgeht: Stehen bleiben, gut festhalten, eventuell herumziehen (also vom anderen hund weg). Oder auch einfach weiterziehen, je nachdem, was geht.
Aber ruhig. Gar nichts sagen (ist eh alles zu spät).
Sofort loben, wenn er aufgehört hat zu stänkern.
Aber vor allem: Ruhe bewahren. Und dazu gehört eben auch, sich rechtzeitig auf alles vorzubereiten.
So, und damit mal Schluss für heute, muss jetzt noch mit meinem eigenen Monster raus.
Liebe Grüße,
Lektoratte