Ich bin auf dem Dorf (500 Leute) bei meinen Urgroßeltern großgeworden. Bei denen lernte ich, daß ich um Gottes willen, keine fremden Hunde anzufassen hätte. Hunde sind böse, Hunde beißen immer; Hunde übertragen Krankheiten und sind laut.
Wir lebten in einem Mietshaus mit 6 Mietparteien. Keiner dieser Leute hatte einen Hund. Ich wünschte mir nix mehr auf der Welt... Irgendwas mit vier Beinen, Wedelrute und Hauptsache zum Kuscheln. Ich durfte nicht. Unser Nachbar war Schichtarbeiter. Weil Hunde eventuell bellen würden, könnte er dann nachts oder tags nicht schlafen und überhaupt.
Logisch, daß mich in meiner Freizeit nix aber auch gar nix auf diesem Grundstück halten konnte. Schließlich gab es diverse Bauern und Kids aus meiner Klasse, die Hunde hatten. Manchmal pilgerte ich nur auf der Suche nach einem ausgebüxten Hund durch die Gegend. Ich kannte sämtliche Lebensläufe der diversen Dorfhunde aus dem Effeff, weil nur fremde Hunde durfte ich nicht streicheln
. Der Bernhardiner des Fleischers, Cora, lief recht häufig von zu Hause weg. Wenn ich die z.B.(natürlich nach einem ausgiebigen Spaziergang) nach Hause brachte, gabs zur Belohnung was Leckeres für mich.
Der Dobi Dax (ein wirklich starker Hund, der schon einige Leute gebissen hatte), der sich ständig von seiner langen Kette losriß, und bei dem alle Mütter ihre Kinder sofort ins Haus holten, wenn er frei herumlief, wurde einer meiner besten Kumpels. Ich war damals gerade fünf Jahre alt, wurde aber überall nur noch >Hundemary< gerufen. Kein Hund im Dorf war vor mir sicher. Ich war fast täglich mit irgendeinem Hund unterwegs oder besuchte die Hundis zu Hause. Keiner hätte auch nur einen Zahn gegen mich gehoben.
Ich >lernte< also, daß kein Hund beißt, wenn man richtig an ihn herangeht und freundlich zu ihm ist. einmal wurde ich sogar gesucht und man fand mich in Dax' Hütte schlafend. Mein Tretroller stand daneben, sonst würde ich wohl heute noch bei Dax schlafen. Allerdings war das Weckmanöver weniger erbauend für Dax' Herrchen, da man vermutete, der Hund hätte mir etwas angetan. Dax passte sehr gut auf seinen Besuch auf und lies Niemand an die Hütte heran.
Ich muß mal sagen, daß damals auf unserem Dorf kein Hundebesitzer mit seinem Wuff jemals zum Tierarzt gegangen wäre. Erziehung des Hundes- was war das noch gleich? Selbst Familienanschluß hatten die meisten Hundis nicht. Die kamen beizeiten an die Kette oder in den Zwinger oder Garten und waren sich mehr oder weniger sich selber überlassen. Ich fand das als Kind also völlig normal, daß Hunde von zu Hause weglaufen. Ich dachte, daß es auch normal ist, wenn ein Hund ohne Leine sich vom Besitzer entfernt. Bindung aufzubauen und andere wissenschaftliche Erkenntnisse waren wohl bis zu unserem Kaff noch nicht vorgedrungen.
Mit mir kamen die Hunde dann schließlich auch ohne Leine mit und ich hatte keine Ahnung, warum das so ist.
Wir hatten einen DSH-Züchter im Dorf, dem seine Hunde >kannte< ich nicht, hab sie nur manchmal von weitem gesehen. Wenn er auf der Strasse lief mit denen, gingen sie immer die ganze Zeit bei Fuß und ich dachte: Whow!
Anfassen durfte man die nicht, die waren schließlich >abgerichtet<! Der Mann hätte sich auch gar nicht auf das Level einer Fünfjährigen herabgelassen und mit mir geredet. Für den war ich Luft.
Ich denke aber, daß diese Hunde trotz Hundeplatz die am schlechtesten sozialisierten Hunde des Dorfes waren.
Alle anderen unerzogenen Hunde waren so clever, sich mal ne Auszeit vom Kettendasein zu nehmen und schließlich durfte ich sogar einige ganz offiziell Gassiführen (mit fünf Jahren!) oder wenigstens besuchen und mit ihnen spielen.
Was meine anderen Erkenntnisse angeht: zwei Jahre später lernte ich das Lesen...
Und obwohl ich gar keinen eigenen Hund hatte, hatte ich irgendwie ja doch ca. 15 Stück.
Gruß Puppy
... ... ... ... ... ...
<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Tahoma, Verdana, Arial">Zitat:</font><HR>Das Wenige, das du tun kannst, ist viel -
wenn du nur irgendwo Schmerz und Weh und Angst von einem Wesen nimmst.
Albert Schweitzer[/quote]
Wir lebten in einem Mietshaus mit 6 Mietparteien. Keiner dieser Leute hatte einen Hund. Ich wünschte mir nix mehr auf der Welt... Irgendwas mit vier Beinen, Wedelrute und Hauptsache zum Kuscheln. Ich durfte nicht. Unser Nachbar war Schichtarbeiter. Weil Hunde eventuell bellen würden, könnte er dann nachts oder tags nicht schlafen und überhaupt.
Logisch, daß mich in meiner Freizeit nix aber auch gar nix auf diesem Grundstück halten konnte. Schließlich gab es diverse Bauern und Kids aus meiner Klasse, die Hunde hatten. Manchmal pilgerte ich nur auf der Suche nach einem ausgebüxten Hund durch die Gegend. Ich kannte sämtliche Lebensläufe der diversen Dorfhunde aus dem Effeff, weil nur fremde Hunde durfte ich nicht streicheln

Der Dobi Dax (ein wirklich starker Hund, der schon einige Leute gebissen hatte), der sich ständig von seiner langen Kette losriß, und bei dem alle Mütter ihre Kinder sofort ins Haus holten, wenn er frei herumlief, wurde einer meiner besten Kumpels. Ich war damals gerade fünf Jahre alt, wurde aber überall nur noch >Hundemary< gerufen. Kein Hund im Dorf war vor mir sicher. Ich war fast täglich mit irgendeinem Hund unterwegs oder besuchte die Hundis zu Hause. Keiner hätte auch nur einen Zahn gegen mich gehoben.
Ich >lernte< also, daß kein Hund beißt, wenn man richtig an ihn herangeht und freundlich zu ihm ist. einmal wurde ich sogar gesucht und man fand mich in Dax' Hütte schlafend. Mein Tretroller stand daneben, sonst würde ich wohl heute noch bei Dax schlafen. Allerdings war das Weckmanöver weniger erbauend für Dax' Herrchen, da man vermutete, der Hund hätte mir etwas angetan. Dax passte sehr gut auf seinen Besuch auf und lies Niemand an die Hütte heran.
Ich muß mal sagen, daß damals auf unserem Dorf kein Hundebesitzer mit seinem Wuff jemals zum Tierarzt gegangen wäre. Erziehung des Hundes- was war das noch gleich? Selbst Familienanschluß hatten die meisten Hundis nicht. Die kamen beizeiten an die Kette oder in den Zwinger oder Garten und waren sich mehr oder weniger sich selber überlassen. Ich fand das als Kind also völlig normal, daß Hunde von zu Hause weglaufen. Ich dachte, daß es auch normal ist, wenn ein Hund ohne Leine sich vom Besitzer entfernt. Bindung aufzubauen und andere wissenschaftliche Erkenntnisse waren wohl bis zu unserem Kaff noch nicht vorgedrungen.

Mit mir kamen die Hunde dann schließlich auch ohne Leine mit und ich hatte keine Ahnung, warum das so ist.
Wir hatten einen DSH-Züchter im Dorf, dem seine Hunde >kannte< ich nicht, hab sie nur manchmal von weitem gesehen. Wenn er auf der Strasse lief mit denen, gingen sie immer die ganze Zeit bei Fuß und ich dachte: Whow!
Anfassen durfte man die nicht, die waren schließlich >abgerichtet<! Der Mann hätte sich auch gar nicht auf das Level einer Fünfjährigen herabgelassen und mit mir geredet. Für den war ich Luft.
Ich denke aber, daß diese Hunde trotz Hundeplatz die am schlechtesten sozialisierten Hunde des Dorfes waren.
Alle anderen unerzogenen Hunde waren so clever, sich mal ne Auszeit vom Kettendasein zu nehmen und schließlich durfte ich sogar einige ganz offiziell Gassiführen (mit fünf Jahren!) oder wenigstens besuchen und mit ihnen spielen.
Was meine anderen Erkenntnisse angeht: zwei Jahre später lernte ich das Lesen...
Und obwohl ich gar keinen eigenen Hund hatte, hatte ich irgendwie ja doch ca. 15 Stück.
Gruß Puppy
... ... ... ... ... ...
<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Tahoma, Verdana, Arial">Zitat:</font><HR>Das Wenige, das du tun kannst, ist viel -
wenn du nur irgendwo Schmerz und Weh und Angst von einem Wesen nimmst.
Albert Schweitzer[/quote]