Wollte gerade schreiben, dass Johanniskraut mit Sicherheit alles andere als leberschützend ist.
Mariendistel ...
ja stimmt, ich hab da so ein bißchen andere Erfahrungen damit. Von der Wirkung heisst es wohl, dass es die Leberzellen "stabilisiert", was immer man sich darunter vorstellt.
Es gibt positive Berichte dazu, also dass die Leberwerte unter einer Mariendisteltherapie runter gegangen sind. Es gibt auch das genaue Gegenteil an Berichten dazu, nämlich dass die Leberwerte drastisch angestiegen sind.
Zu den positiven Berichten gibt es so gut wie immer die Einschränkung, dass meist nicht nur Mariendistel verabreicht wurde. Oft genug auch waren es Situationen, wo auch ein Nichtstun zur einer Besserung gereicht hätte. Eindeutig sagen zu können, ein ganz bestimmtes Präparat hätte geholfen, ist echt nicht einfach.
Bei der Leber ist es noch schwieriger. Nehmen wir als Beispiel gleich mal die Vergiftung. Muss aus der Sicht der Leber ohnehin kein Gift im herkömmlichen Sinne sein, eine satte Kortisontherapie oder Antibiotika tun's auch. Was für den Körper gut ist, ist oft für die Leber nichts weiter als ein Gift.
Das aber ist die Aufgabe der Leber. Giftstoffe zu eliminieren. Normalerweise die, die wir essen. Fette zB oder Zucker, Vitamine - wird alles von der Leber verarbeitet. Kein Körper braucht sowas wie einen Apfel oder ein Schnitzel. Damit daraus Stoffe werden, die uns die Lebensenergie zur Verfügung stellen, muss die Leber aus dem Gift "Schnitzel" zB die einzelnen Bestandteile so umarbeiten, dass sie für den Organismus nutzbar werden. Bis dahin ist alles - aus Sicht des Körpers - Gift, weil sinnlos und gleichzeitig schädlich.
Und so wie bei uns auch, wenn wir uns mal ganz besonders anstrengen müssen, eine Menge Schweiss und vielleicht sogar Gewicht verlieren - so geht es der Leber auch: sie lässt deutlich Federn. Konkret verabschieden sich einzelne Leberzellen, die einfach abgearbeitet und am Ende sind.
Macht es Sinn, Mariendistel reinzupfeifen, damit abgearbeitete Leberzellen sich nicht verabschieden, sondern ein sinnloses Dasein im Zellverbund führen - nur damit wir uns nicht vor irgendwelche Ziffern erschrecken?
Ist es gut oder schlecht, wenn Mariendistel zu einer "Besserung" der Leberwerte führt?
Denn das, was wir "Leberwerte" nennen, sind Einzelbestandteile von Leberzellen, die sich verabschieden. Das tun sie auch völlig natürlich. Auch Körperzellen sterben einen natürlichen Tod, wobei der sogar exakt auf den Tag genau festgelegt ist. Zum Beispiel besagt ein Normwert von ... zB maximal 89 für ALT=GPT, dass ohne größere Belastungen 89 ALT-Einheiten im Blut herumschwirren. Du brauchst aber nur mal ernährungsmäßig heftig zuzuschlagen, ein Eisbein, eine Schweinshaxe, fünf Bier mit dem Kumpel in der Kneipe um die Ecke - schon bist du vielleicht mal bei dem doppelten Wert. Weisst du nur nicht, aber passieren tut es trotzdem.
Macht auch überhaupt nichts und hat schon gar nichts mit Krankheit zu tun. Bei einer Leberzirrhose zB passiert da eventuell gar nichts mehr. Die Leber arbeitet kaum noch oder nicht mehr - da gehen dann auch keine Zellen mehr verloren, sind nämlich auch so gut wie gar keine mehr vorhanden. Alles nur noch funktionsloses Bindegewebe. Leberwerte deshalb auch durchaus häufig völlig unauffällig.
Schlechte Leberwerte besagt deshalb keinesfalls immer zwangsläufig, dass die Leber krank ist.
Sitzt zB ein Virus in den Leberzellen - beim Menschen zB Hepatitis A, B, C, usw. dann sorgt die Leber selbst dafür, dass genau diese Leberzellen absterben. Da sitzt ja ein Virus drin und der sicherste Weg ist, diese befallenen Zellen möglichst rasch und effektiv aus der Gemeinschaft zu verstoßen, damit der Rest dann überleben kann.
Das kann sich gerade die Leber auch locker leisten. Kein Organ hat eine so ausgeprägte und bis heute auch immer noch rätselhafte Fähigkeit, sich wieder zu regenieren. Das nutzt man zB für Leber-Lebendspenden. Da kann man zB bis auf einen kleinen Rest einen kompletten Leberlappen einfach rausnehmen - und er wächst sogar relativ schnell einfach wieder nach.
Was kümmert ein Organ mit derartigen Fähigkeiten der Verlust ein paar einzelner Zellen? 1000 oder auch 1000 - na und? Schneller als der Befund bei dir auf dem Tisch gelandet ist, sind die eh wieder ersetzt. So ein Laborwert stimmt bei der Leber schon in dem Moment nicht mehr, in dem du ihn zur Kenntnis nimmst.
Wirklich hohe Leberwerte nimmt man natürlich schon ernst. Sie zeigen aber nicht automatisch einen Leberschaden an, aber durchaus, dass da eben eine sehr ernst zu nehmende Belastung vorliegt. Und das einfach so weiterlaufen zu lassen, da geht selbst die größte und stärkste Leber irgendwann in die Knie. Wenn sie mit der Regeration nicht mehr hinterherkommt, werden Leberzellen nicht mehr durch Leberzellen ersetzt, sondern durch Bindegewebe. Jeden Tag zwei Flaschen Wein gehen deshalb auch nicht ein Leben lang gut.
Die Art des "Giftes" spielt dabei eine sehr wichtige Rolle. Wenn wir jetzt von richtigen Giften reden, kann man zunächst mal mit Medikamenten anfangen. Die Leber muss sie zum Einen abbauen, was je nach Medikament oft durchaus eine sehr schwere Belastung darstellt. Bei manchen Mitteln wie eben zB Kortison sieht man deshalb sehr schnell die Spuren dieser Belastung: hohe Leberwerte, evtl. sogar Befunde im Ultraschall. Wird das Medikament wieder abgesetzt, erholt sich die Leber auch wieder. Mit oder ohne Mariendistel, Hepar irgendwas und Co.
Bei regelrechten Vergiftungen kommt es auf die Art des Giftes an. Das muss ja nicht nur wieder "abgebaut" werden, sondern es schädigt den Körper ja ausschließlich. Legt Nerven lahm, zerstört Blutzellen, greift einzelne Organe an bzw. deren Zellen, je nach Gift eben.
Um dir also was dazu sagen zu können, Sabrina, muss ich wissen, von welchem Gift wir reden. Der Leberschaden kann rein nur durch den Abbau entweder des Giftes selbst oder von dessen Folgen entstanden sein. Es kann aber auch ganz direkt zu einem Leberschaden geführt haben. Und das sind zwei völlig unterschiedliche Situationen.
Solltest du noch alte Befunde, von der Vergiftung selbst haben, wäre das auch sehr hilfreich.