Datum/Uhrzeit:
(Versand) 26.05.2006 / 14:06
Nachrichtenart: E-Mail
Betreff: Aw: Landesgesetz über gefährliche Hunde - LHundG
Sehr geehrter Herr S,
es ist sehr löblich und vorbildlich, dass sich RLP für den Schutz seiner Bürger einsetzt. Meiner Ansicht nach sind die wackeligen Annahmen des Gesetzes über Gefährlichkeit von Hunden nicht zutreffend und das LHundG kann somit seinen Zweck nicht erfüllen.
Das LHundG wurde meiner Meinung nach mit sehr heißer Nadel gestrickt und das ohne Miteinbeziehung von Hundeexperten.
Schon allein die Begründung des Gesetzes mit Statistiken halte ich für sehr fragwürdig, da diese Beiß-Statistiken oft auf schlechten und ungenauem Datenmaterial beruhen. So wird ein Hundebiss oft sehr unterschiedlich definiert. Schwierigkeiten hat die Statistik auch mit der Erfassung der Hunderassen. Oft läßt sich die Hunderasse gar nicht feststellen, da jede Hunderasse das selbe Erbgut hat und viele Rassen auch sehr ähnlich aussehen. Nur allzu oft wird dann im Zweifelsfall ein Hund den sogenannten "Kampfhunden" zugerechnet; mit drastischen Folgen für die Besitzer. Die Statistik, die die einzige Begründung für das LHundG ist, kann somit keine relevanten und aussagefähigen Daten liefern und ist als Begründung des LHundG wertlos.
Deshalb frage ich Sie: Welcher Experte hat die Rasselisten entworfen? Welche Sachkenntnis besaß dieser Experte? Nach welchen Kriterien hat dieser Experte die Rasselisten entworfen?
Hundebisse einzudämmen wird das Gesetz meiner Meinung nach auch nur in sehr beschränktem Maße leisten können. Die meisten Hundebisse passieren nämlich nicht auf der Straße, wo das LHundG gelten würde, sondern im Haus, im familiären Bereich. Dort greift weder das LHundG noch zahlt die Versicherung. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass man draußen durch Hundebiss schwer verletzt wird, ist astronomisch gering und kann keinesfalls als Begründung des Gesetzes dienen. Außerdem vermutet das LHundG völlig willkürlich bei einzelnen Rassen (die im englischsprachigen Raum sehr beliebte Familienhunde sind) eine erhöhte Gefährlichkeit. Fakt ist aber, dass andere Hunderassen die Beißstatistik anführen. Alle namhaften Hundeexperten sind der Ansicht, dass Rasselisten das Problem nicht lösen können.
Fakt ist auch, dass die Rasseliste von Leuten mit viel krimineller Energie (die sind die Ausnahme) als eine Art Einkaufszettel/ Empfehlungsliste für als besonders gefährlich vermutete Hunderassen benutzt wird.
Deshalb frage ich Sie: Führt das die Rasselisten nicht ad absurdum?
Die Aufhebungen des Generalverdachts gegen die sogenannten "Kampfhunde" im § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung und im § 143 des Strafgesetzbuches weisen den richtigen Weg.
Die Gefährlichkeit eines Hundes hängt zum größten Teil von Umwelteinflüssen ab. Sir Arthur Conan Doyle sagt dazu: »Ein Hund spiegelt die Familie. Wer sah jemals einen munteren Hund in einer verdrießlichen Familie oder einen traurigen in einer glücklichen ?
Mürrische Leute haben mürrische Hunde, gefährliche Leute gefährliche.«
Wie kann man da die Gefährlichkeit ausschließlich an dem Erbgut festmachen?
Die verordneten Zwangsmaßnahmen Maulkorb und Leinenzwang erhöhen nach Expertenmeinung noch dazu die Gefährlichkeit von Hunden, weil sie artgemäßes Verhalten, ausreichend Freilauf und Kontaktaufnahme erschweren und damit Aggressivität, Frust und überschüssige Energie fördern. Das erhöht nicht nur die Gefährlichkeit von Hunden, sondern ist auch ein klarer Verstoss gegen das Tierschutzgesetz und führt ausschließlich zu noch größeren Problemen mit Hunden.
Können Sie unter Berücksichtigung dieser Fakten noch von einer Wirksamkeit des LHundG ausgehen?
Vielen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen,
Martin O
----- Original Nachricht ----
Von: "S, R-D \\(ISM\\)" <R-D.S@ism.polizei.rlp.de>
An:
martinoertel@arcor.de
Datum: 23.05.2006 10:05
Betreff: Landesgesetz über gefährliche Hunde - LHundG
> Sehr geehrter Herr O,
>
> zunächst danke ich Ihnen für Ihr Interesse an dem Themengebiet und Ihre
> Emails vom 13. und 18. Mai 2006, die mir zur Beantwortung vorliegen.
>
> Hierzu kann ich Ihnen - soweit meine Zuständigkeit gegeben ist - mitteilen,
> dass der Landesgesetzgeber sich in konsequenter Fortführung der bis zum
> 31.12.2004 geltenden Gefahrenabwehrverordnung - Gefährliche Hunde
> entschieden hat, ein Landesgesetz über gefährliche Hunde (LHundG) zu
> erlassen. Dieses übernimmt die bewährten Regelungen der
> Gefahrenabwehrverordnung und berücksichtigt insbesondere die aktuelle
> höchstrichterliche Rechtsprechung zum Thema gefährliche Hunde.
> Der Landesgesetzgeber kommt mit dem Erlass des Gesetzes seiner Verpflichtung
> zur allgemeinen Gefahrenvorsorge nach, und die in Rheinland-Pfalz über
> Schadensereignisse mit gefährlichen Hunden geführten Statistiken und
> sonstigen Aufzeichnungen belegen nachdrücklich einen Rückgang der
> "Beißvorfälle", was sicherlich ganz wesentlich auf die konsequente Umsetzung
> der gesetzlichen Vorschriften zurück zu führen ist.
>
> Das LHundG dienst damit dem Zweck, Beißvorfälle oder sonstige von
> gefährlichen Hunden ausgehende Gefahren einzudämmen. Die sonstigen
> gesetzlichen Regelungen bewirken dies nicht sondern ermöglichen es dem
> Geschädigten lediglich, straf- oder zivilrechtliche Genugtuung nach einem
> bereits eingetreten Schadensfall zu erlangen.
>
> Die überwiegende Mehrzahl der Bundesländer hat daher ähnliche Regelungen
> geschaffen, wenngleich auch einzelne Länder aus unterschiedlichen Gründen
> bisher noch keine vergleichbaren Vorschriften eingeführt haben.
>
> Ich hoffe, dass ich damit Ihre Fragen ausführlich beantworten konnte und
> verbleibe
>
> mit freundlichen Grüßen
> Im Auftrag
>
> R-D S
Martin O