Mistel und Misteltherapie
Allgemeines
Mistel
Misteln sind kugelartige, immergrüne Sträucher mit kurzem Stamm, die als so genannte Schmarotzer auf Laub- oder Nadelbäumen wachsen.
Im Volksmund ist die Mistel unter verschiedenen Namen wie Donnerbesen, Kreuzholz, Hexenbesen, Hexenkraut, Vogelkraut, Immergrün, Wintergrün, Heil aller Schäden oder Alpranke bekannt. Während es weltweit etwa 100 verschiedene Arten der Mistelgewächse gibt, sind in Deutschland zwei Arten verbreitet: die Nadelholz-Mistel (Viscum laxum) und die Laubholz-Mistel (Viscum album). Erstere wächst ausschließlich auf Tannen und Kiefern, letztere auf allen Laubbaumarten mit Ausnahme der Buchen, auf denen sie nur sehr selten zu finden ist.
Misteln haben gabelige Zweige und einfache, gelbgrüne, zungenförmige, lederartige Blätter. Ihre Blüten sind zweihäusig, d.h. männliche und weibliche Blüten sind getrennt. Die Früchte der Mistel sind weiß, etwa erbsengroß und erinnern an Beeren. Mit ihren Wurzeln entziehen Misteln ihren Wirtspflanzen Nährstoffe und Flüssigkeit und können ihnen auf diese Weise schaden.
Der Name der Mistel stammt vom Althochdeutschen "mistil" und steht im Zusammenhang mit dem Wort "Mist", da der Samen der Pflanze durch Vogelmist auf die Wirtsbäume gebracht wird. Die Früchte reifen und werden dann von Vögeln, besonders von Drosseln, gefressen. Die unverdaulichen, von einem klebrigen Schleim umgebenen Samen gelangen schließlich aus dem Vogeldarm auf die Äste von Wirtsbäumen und keimen dort aus.
Wirkung und Inhaltsstoffe
(Stand: 13. Dezember 2007)
Medizinisch bedeutsame Bestandteile der Mistel sind bestimmte Glykoproteine (Lektine) und stark wirksame Eiweißstoffe (Viscotoxine), denen eine zellzerstörende (zytotoxische) und eine das
beeinflussende (immunmodulierende) Wirkung zugesprochen wird. Daneben sind auch Polypeptide, Polysaccharide, Flavonoide, Choline, Histamine, freie Aminosäuren und Phynylpropan-Derivate enthalten.
In Laboruntersuchungen wurde gezeigt, dass Mistelextrakte sowohl in Tumorzellen als auch in normalen Zellen einen gesteuerten Zelltod (Apoptose) auslösen können. Vor allem den Mistel-Lektinen wird diese Wirkung zugesprochen. Im Reagenzglas hemmen sie in höheren Konzentrationen die Eiweiß-Synthese und lösen so ein von den Zellen selbst gesteuertes Programm aus, das zu deren Tod führt. Tumorzellen, die sich schneller vermehren als gesunde Körperzellen, sind besonders sensibel für diese Wirkung der Mistel-Lektine. In den Labor-Studien, die Extrakte von Misteln verschiedener Wirtsbäume untersuchten, konnte die Apoptose-auslösende Wirkung der Lektine jedoch nicht für alle Präparate gefunden werden.
Verschiedene experimentelle Studien konnten nachweisen, dass bestimmte Inhaltsstoffe der Mistelpflanze, vor allem Mistel-Lektine, Viscotoxine und die verschiedenen Polysaccharide, immunologische Reaktionen beeinflussen. Injizierte man Mistelextrakt im Reagenzglas in Zellen, wurden Botenstoffe (
) wie Interleukin-1 und -6 sowie Tumor-Nekrose-Faktor-Alpha freigesetzt. Dabei handelt es sich um Stoffe, die von Zellen im Rahmen von Immunreaktionen abgegeben werden.
In Tierversuchen wurde beobachtet, dass nach der Injektion von Mistelextrakten Immunzellen aktiviert wurden. Bei Mäusen kam es z.B. nach der Gabe von Mistel-Lektinen zu einer deutlichen Vermehrung von Makrophagen, Monozyten und aktivierten Lymphozyten. Auch eine Stimulation der Eiweißsynthese (Ausschüttung von Akute-Phase-Proteinen) und natürlichen Killerzellen war nachweisbar. Die Aktivierung solcher Eiweiße und Immunzellen ist eine natürliche Abwehrreaktion des Körpers auf Fremdkörper. Es konnte bisher jedoch nicht nachgewiesen werden, dass diese allgemeine Immunreaktion auch zu einer effizienten Tumorbekämpfung durch den Körper selbst führt.
Anwendungsgebiete
(Stand: 13. Dezember 2007)
Mistelextrakte kommen heute vor allem als ergänzende Behandlungsmethode bei bösartigen Tumoren und bei Rheumaerkrankungenzum Einsatz.
Bei der unterstützenden (adjuvanten) Behandlung von rheumatischen Erkrankungen mit Mistelextrakten wird der Effekt der Immunstimulation ausgenutzt. Die so genannten Viscotoxine der Mistel (viskos = lat. zähflüssig, leimartig) sind giftig und führen bei intrakutaner (in die Haut) und subkutaner (unter die Haut) Injektion zu einer örtlich begrenzten Entzündung. Auf Basis verschiedener Immunprozesse kommt es zu einer allgemeinen anti-entzündlichen Reaktion des Körpers, die sich auch gegen die entzündlichen Prozesse, die mit der Rheumaerkrankung einhergehen, richtet und lokal schmerzhemmend wirkt.
Bei dieser speziellen Behandlung von Rheumaerkrankungen ist allerdings große Vorsicht bzgl. der Höhe der Dosierung des Mistelextrakts geboten. Zu hohe Konzentrationen der giftigen Viscotoxine können zum Absterben der Gewebsteile (Nekrosen) rund um die Injektionsstelle führen und sollten daher unbedingt vermieden werden. Der Einsatz von Mistelpräparaten kann die Behandlung von Rheumaerkrankungen mit den üblicherweise verwendeten Antirheumatika nicht ersetzen, sondern lediglich unterstützen.
In der anthroposophischen Medizin spielt die Behandlung von bösartigen Tumoren mit Mistelpräparaten eine zentrale Rolle. Der Nachweis der zytotoxischen und immunmodulierenden Wirkung einzelner Inhaltsstoffe der Mistelpflanze in Laboruntersuchungen und Tierversuchen schien vielversprechend und führte zu der Hoffnung, die Misteltherapie zu einem wesentlichen Bestandteil auch der so genannten schulmedizinischen Krebsbehandlung machen zu können. Über die Wirksamkeit der Mistelextrakte in der klinischen Behandlung von Tumoren liegen allerdings nur sehr wenige eindeutige Ergebnisse vor.
Der in der Literatur bei der Beschreibung von Einzelfällen immer wieder berichtete erhöhte Lebensmut der Patienten nach der Behandlung mit Mistelpräparaten darf für den Verlauf einer Tumorerkrankung keinesfalls unterschätzt werden. Die Berichte zeigen, dass vor allem Patienten, die es gewohnt sind, sich aktiv mit ihrer Umgebung auseinanderzusetzen, positiv auf die Misteltherapie reagieren. Sie entwickeln das Gefühl, unmittelbarer an der therapeutischen Bekämpfung ihrer Erkrankung beteiligt zu sein, was wesentlich zur Erhöhung ihrer Lebensqualität beiträgt.
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist eine allgemeine Aussage zur Wirksamkeit der Mistelpräparate bei der Behandlung von bösartigen Tumoren jedoch nicht möglich.
Dosierung und Anwendung
(Stand: 13. Dezember 2007)
Zur unterstützenden Therapie von Krebserkrankungen und zur Behandlung degenerativer Gelenkerkrankungen werden Mistel-Injektionslösungen verwendet.
Bei der Behandlung von leichtem
kann die Mistel als Tee, Frischpflanzensaft oder in Form von Fertigarzneimitteln verwendet werden. Eine Wirkung ist jedoch umstritten, da die Wirkstoffe der Mistel bei Aufnahme über den Magen und Darm nicht intakt den Organismus erreichen. Die Tagesdosis sollte zehn Gramm nicht übersteigen.
Teezubereitung: Ein Teelöffel (2,5 g) fein geschnittenen Mistelkrauts wird mit einer Tasse kaltem Wasser übergossen und zehn Stunden ziehen gelassen. Täglich sollten ein bis zwei Tassen getrunken werden.
Die Droge sollte kühl und lichtgeschützt aufbewahrt werden.
Hinweise
(Stand: 13. Dezember 2007)
Die Anwendung von Mistelpräparaten als Injektion kann starke Nebenwirkungen hervorrufen. Es kann zu Fieber, Schüttelfrost, Herz-Kreislaufstörungen und allergischen Reaktionen kommen. Bei der Injektion werden außerdem starke Entzündungen erzeugt, die bis zur Gewebszerstörung (Nekrose) führen können.
Die Einnahme von Mistelfrüchten kann zu Erbrechen führen.
Eine Behandlung mit Misteln sollte nicht durchgeführt werden, wenn eine Überempfindlichkeit gegenüber Misteleiweißen oder chronische Infektionen vorliegen.