Mit Sicherheit nicht.
Das läuft nur hier seltenst so ab, dass da jemand sitzt und sich wehrt und irgendwann verzweifelt aufgibt. Geständnisse die ein Verdächtiger nicht machen möchte, dann aber letztendlich doch macht aus "Taktik",
beraten von Polizei und Anwalt, kommen nicht selten vor.
Und:
Die Taxonomie falscher Geständnisse
Natürlich erklären diese Feststellungen noch nicht, warum unschuldige Menschen letzten Endes gestehen. Weitere Risikofaktoren können vor allem im Bereich der Sozialpsychologie wiedergefunden werden. Saul Kassin und Lawrence Wrightsman erstellten im Jahre 1985 eine Taxonomie falscher Geständnisse mit drei Kategorien: freiwillige falsche Geständnisse (voluntary), erzwungene falsche Geständnisse (coerced-compliant) und erzwungene, internalisierte falsche Geständnisse (coerced-internalized). Zu der ersten Kategorie gehören Geständnisse, die freiwillig gemacht werden, zum Beispiel um öffentliche Aufmerksamkeit zu erlangen. Als im Jahre 1932 das Baby des berühmten Fliegers Charles Lindberg entführt wurde, gestanden mehr als 200 Personen das Verbrechen. Viele waren psychiatrische Patienten, die in ihren paranoiden Gedanken fest davon überzeugt waren, dass sie der Täter sind. Ein anderer Grund für diesen Typus von Geständnissen ist der Versuch jemanden zu decken.
Erzwungene Geständnisse entstehen unter Polizeidruck während einer Vernehmung. Unschuldige Menschen gestehen Verbrechen, um dieser Vernehmungssituation zu entkommen, ohne an die langfristigen Konsequenzen zu denken. Oft werden solche Geständnisse durch Isolierung der Verdächtigen sowie langen und konfrontationsreichen Vernehmungstechniken ausgelöst. Ein Beispiel dafür ist der Central Park Jogger Fall in New York im Jahre 1989. Fünf Jugendliche, die zwischen 14 und 30 Stunden lang vernommen wurden, gestanden am Ende eine brutale Vergewaltigung, die sie nicht begangen hatten. Sie sagten später aus, dass sie einfach nur noch nach Hause wollten und deswegen den Polizist/innen sagten, was sie hören wollten. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass alle fünf Jugendlichen unschuldig waren (Drizin & Leo, 2004).
Die dritte Kategorie, erzwungene, internalisierte Geständnisse, beschreibt Geständnisse, die durch Polizeidruck entstehen und von dem Unschuldigen als wahr anerkannt werden. Diese unschuldigen Bekenner glauben dann wirklich die Tat begangen zu haben. Dies passierte in Kiel im Jahre 2006 im Fall Schwertz. Wolfgang Schwertz war von den Ermittlern so lange ‚weichgekocht’ worden, bis er einen Mord zugab, den vermeintlich sein ‚böses Ich’, der ‚Wolf in ihm’ begangen hatte (Friedrichsen, 2010).
(...)
In Deutschland endete gerade das Wiederaufnahmeverfahren im Fall Rupp mit Freisprüchen für die Angeklagten. Herr Rupp verschwand im Jahre 2001 spurlos und seine Familie gestand später, ihn erschlagen, zerstückelt und an die Hunde und Schweine verfüttert zu haben. Die Geständnisse wurden später widerrufen, da sie angeblich nur unter dem Druck der Ermittler entstanden waren. Obwohl es keine anderen Beweise gab, wurden die vier Angehörigen vom Gericht zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt. Im März 2009 wurde die Leiche von Herrn Rupp gefunden. Er wurde nicht erschlagen, nicht zerstückelt und nicht von den Hunden gefressen. Ob jemals geklärt werden kann, wie Herr Rupp zu Tode kam, ist ungewiss. Klar ist jedoch, dass die Geständnisse seiner Familie falsch waren (Getöteter Landwirt, 2011).