Hallo Anja,
bin gespannt wie dein Kennenlernen und Eindruck ist. Berichtest du dann?
Zum Thema beitragen kann ich (leider) auch etwas. Im Juni 2014 zog ein (angeblich) 11 Jahre alter, kleiner 9 Kilo Hund bei mir ein. Aus dem Tierheim. Beim kennenlernen war er völlig unauffällig, mittlerweile denke ich boshaft das war sicher der anstrengendste Tag in seinem Leben. An diesem Tag kamen seine Probleme nicht auf den Tisch. Devot, still, Fuß gehend und reserviert. Einzige Info die ich zu ihm hatte, er wurde abgegeben weil er den ganzen Tag alleine wäre. Ich nahm ihn am selben Tag mit.
Fakt ist, er ist ein Kläffer. Und er beißt Besuch. Herausgefunden habe ich; 1. Er ist extrem territorial. 2. Gepaart mit einem eigentlich kleinem Ego, was lautstark aufgebauscht wird ---> Unsicherheit/Angst und 3. Inadäquates Verhalten infolge völliger Überforderung (alles was ER als eindringen empfindet) was durch "vertreiben", also beissen versucht wird, zu regulieren.
In keinsterweise nehme ich dieses Verhalten hin. Mir ist Wurst ob er 8, 10 oder 12 Jahre alt ist. Das Problem hier ist (wobei eigentlich ist das für mich kein Problem), er ist unbestechlich. Der Ansatz Besuch als etwas positives zu vermitteln, hat nicht geklappt. Ich habe auch echt zu lange diese Zuckerwattentour gefahren. Es war mir damals halt völlig fremd, einen Hund nicht durch Positives (wie es jeder kennt: Leckerli, Lob, Spiel, Spaß und Spannung) erreichen zu können.
Dann wurde sein Radius begrenzt, PLATZ ist PLATZ, zur Not auch angeleint. Das dauerte ca. 3 Monate. Wenn jetzt Besuch kommt, geht er zuerst auf seinen Platz. Motzend und zeternd aber das ist ja egal. Für dieses Verhalten, sowie sein anschlagen und diese elendige Kläfferei wurde und wird immer noch, ein Codewort erarbeitet. Bis zu einem bestimmten Maß ist "Bescheid sagen" okay. Dann kümmer ICH mich und er hat Sendepause. Das klappt nun auch besser. Mittlerweile kann Besuch da sein und man hat Stille.
Er darf auch nicht kontrollieren, heißt kein mitkommen zur Tür, keine Spinnerein am Gartenzaun, keine Menschen "abholen".
Er darf nicht von sich aus Kontakt zum Besuch aufnehmen! Nie. Sondern nur gesichert an der Leine. Er bekommt von mir eine Aufforderung zu mir zu kommen (sicherer Hafen, was das einzige ist was er schätzt), wird angeleint und jeder Schnappansatz sofort unterbunden. Ich musste mein Leben lang noch nicht so "körperlich" werden, wie bei diesem kleinen Hund. Er braucht bis heute zwei, drei Mal ein korrigieren bis er sein Verhalten einstellt.
Bei diesem Hund brauche ich eine gute Balance zwischen Druck aber auch dem erkennen wenn er aus Unsicherheit/Angst anfängt zu beißen. Hier habe ich gefälligst dafür zu sorgen das er nicht in Bedrängungssituationen gerät. Mittlerweile sind wir endlich an dem Punkt, das ich ihm durch Berührung Sicherheit geben kann und er darüber aus seinem Problem rauszuholen ist. Sein Verhalten ändert sich dahingehend, das man eine Erleichterung bei ihm sieht und spürt, wenn er nicht mehr aufpassen/vertreiben muss.
Ich habe nämlich ziemlich am Anfang mal ausprobiert was geschieht, wenn ihm auf sein Verhalten ein Orkan entgegen schlägt. Also ich. Er hat daraufhin versucht mich zu beißen. War einmalig und übrigens wirklich meine eigene Schuld, trotz signalisierter Grenze bin ich weitergegangen.
Dieser Hund lebt übrigens friedlich mit einer Hündin zusammen. Und lässt sich auch durch andere Hunde ziemlich schnell beeindrucken. Egal ob im Erstkontakt zu Mensch oder anderen Hunden, versucht er erstmal sein Standardprogramm abzuspulen, wie ich es anfänglich geschildert habe. Seine Artgenossen ziehen ihn diesen Zahn natürlich schneller, effektiver als ich es als Mensch kann.
Ein Tipp noch. Sollten mehrere Leute im Haushalt leben, bloß alle die gleiche "Schiene" fahren. Klare Regeln, konsequente Handlungsweisen und Struktur. Verändert sich hier etwas im Tagesablauf, ist er fertig mit den Nerven. Was sein Verhalten in ungeahnte Dimensionen treibt.
Ich wünsche dir ein tolles Treffen und das ihr zueinander passt.
Gruß
Sehr gut geschrieben.
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