Robin Hood in Ungarn: Einmal Hölle und zurück

Dany28

Ein Tatsachenbericht von Marion Löcker, Tierschutzverein Robin Hood, erlebt am Samstag, 16.Oktober 2010
Am gestrigen Samstag machte sich der Tierschutzverein Robin Hood auf den Weg nach Devecser in Ungarn, ein Ort der mit am Schlimmsten von der Giftschlammkatastrophe getroffen worden war. Zunächst wurden am Morgen in Wien Medikamente, Verbandsmaterial etc. abgeholt, gesammelt von der großartigen Familie Voglsinger und zum Großteil gespendet von der äußerst engagierten Tierärztin Mag.Scheiner aus Wien – ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle!!!
Weiter ging es in die Nähe von Sopron, um Lidija abzuholen, die ein privates Tierheim betreibt. Die Österreicherin und großartige Tierschützerin ist immer finanziell am Limit und hat sich trotzdem spontan bereit erklärt zu helfe! Unglaublich, auch sie konnte lebenswichtige Medikamente aufstellen. Lidija ist schon ein Freundin geworden, ihrer Ungarischkenntnisse sei Dank wäre ich ohne sie aufgeschmissen.
Beide gesundheitlich ziemlich angeschlagen starteten wir nach Devescer. Am Weg stoppte uns noch ein Pferdekutsche, deren Lenker stockbetrunken mir Pferden, Wagen und Leuten in den Graben gefahren waren. Ein Pferd war verletzt, wir wollten helfen, wurden jedoch vertrieben, es sei ja nichts passiert, gegen sicher mehr als 30 aufgebrachte Ungarn konnten wir leider nicht viel ausrichten, zumindest was wir von ihnen hielten, durften sie noch von uns erfahren...
Devescer: Auf einmal standen wir mitten im roten Schlamm, ohne Vorwarnung. Polizei, Strassensperren, wir durften nur rein, weil Lidija Ungarisch konnte und wir einen Kontakt nennen konnten.
Devescer ist Sperrgebiet, hunderte Polizisten, Militär – Kriegsgebiet. Wir versuchen uns einzuparken, bei der Kirche, nachdem wir auch den Polizisten dort erklärt hatten, auf wen wir warten und warum. Ich möchte fotografieren – absolutes Verbot. Mit der Kamera versteckt im Schutzanzug gelingen mir ab und zu Bilder, aus diesem Grund möchte ich mich für die teilweise schlechte Qualität entschuldigen, teilweise wurde durch die Autoscheibe fotografiert, oft nur ganz schnell, wenn keine Polizei im Weg war.
Endlich erschien Tierschützer George im Feuerwehrauto, geborgt, er selbst hat keins. Durcheinander, Diskussionen, wir dürfen nicht in die Stadt rein, an jeder Strassenecke bestimmt fünf Polizisten. Die Spenden alle zu Fuss ins Rathaus bringen? Unmöglich. Schließlich dürfen wird doch, wir laden Futter, Decken, Handtücher, Kleidung, Kaffee, Nahrungsmittel ab. Unterschreiben einen Zettel, dass wir Spenden gebracht haben. Die Medikamente nehmen wir wieder mit, wer weiß...
Wir treffen Annette, auch eine Tierschützerin, aus Ungarn. Denn aus Österreich oder Deutschland war – und wir haben mit vielen Menschen gesprochen - noch niemand. Weder humanitäre Hilfe noch Hilfe für die Tiere. Wir sind das einzige Auto mit ausländischem Kennzeichen. Angeblich ist Mediensperre und Sperre für Hilfstransporte. Wir sind nur mit der Hilfe der ungarischen Tierschützer überhaupt reingekommen.
Wir rüsten uns mit Masken und Schutzanzügen. Ich bekomme Kopfschmerzen, ob von den Dämpfen, meinem grippalen Infekt, dem Ärger über die ständigen Erklärungen an die Polizei, dem Warten, der Mühseligkeit, ich weiß es nicht.

Nur im Konvoi mit den ungarischen Tierschützern dürfen wir durch die Stadt, ständig Polizeikontrollen.

Erst jetzt wird uns das Ausmass der Katastrophe bewusst. Leere Häuser, Schlamm, Verwüstung, wir können es nicht in Worte fassen...
Seit gestern, Samstag, dürfen die Leute wieder in ihre Häuser, also in jene, die überhaupt noch bewohnbar sind. Es herrscht Ausgangssperre ab 23.00 – es ist Krieg.

Eine völlig verschlammte Katze wird gefunden, das Tier ist extrem bissig, weil völlig verängstigt und verstört und wird deswegen sediert. Erst dann kann sie versorgt werden, zunächst die Augen, dann die Pfoten, alles mit rotem Schlamm überzogen. George wird sie später ins Tierspital in Budapest bringen.

Eine alte Frau kommt zu uns, weint, sie hat eine Katze bei sich im Haus, sie kann sie nicht mehr behalten. Ihr Haus ist unbewohnbar, sie kann das Tier nicht mehr ins Freie lassen.
Sie bittet uns die Katze mitzunehmen, aber wir dürfen sie nicht töten!
Die Katze wird mitgenommen, aber was ich am Grundstück der Frau sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren...

Die alte Frau ist völlig verzweifelt, nun muss sie sich noch von ihrer geliebten Katze trennen...

Alarm, zwei Hunde wurden gesichtet, sofort geht es weiter durch die rote Hölle, immer im Konvoi, immer Polizeisperren...wir fragen uns langsam, warum?
Die Antworten sind unbefriedigend, wegen der LKWs, die den Schlamm abtransportieren, wegen der Leute, die auf der Strasse gehen, es dürfen nur Leute, die im Ort gemeldet sind rein...
Wir finden die Hunde nicht mehr, aber Katzen, die durch den Schlamm irren, durch den Gips und Kalk, der aufgestreut wurde, damit der giftige Schlamm gebunden wird.

Und wir entdecken mehr und mehr vom roten Grauen...

Was geschieht in Devescer und Kolontar? Es gibt dort keine Tierheime, die Tiere kommen nach Veszprem und Ajka, hier in die Tötungsanstalt, die sie zunächst beherbergt.
George und Annette sind in Devescer und Kolontar unterwegs mit wenigen Helfern, um Tiere zu füttern, die zurückgelassen wurden. Erst seit gestern sind einige der Besitzer zurück, viele Tiere sind noch allein, teilweise in den Gärten.
Es ist spät geworden, wir fahren nach Kolontar, Hunde füttern. Wieder alle hundert Meter Polizeisperren...eine Frau erzählt mir, dass einige Dörfer für Tage völlig gesperrt waren, niemand durfte raus und niemand rein.
Sie musste ihr Haus verlassen und jeden Tag kilometerweit gehen, um ihre zurückgelassenen Hunde zu füttern.

Die schwer verletzten Tiere kommen nach Budapest, alle Kosten übernehmen die Tierschützer, die selbst wenig haben. Es gibt vor Ort leider nichts, wo man Tieren helfen kann, wir geben unsere Medikamente den Tierschützern, der Rest kommt ins Sammellager. Es fehlt an allem, aber es ist alles sehr unkoordiniert und schwierig. Wir sind etwas ratlos, wie man hier gezielt helfen kann, die Tiere sind schwer zu fangen, Hunde haben wir frei keine gesehen, Katzen wenige.
Ich erkundige mich nach den Wildtieren. Die haben die Jäger erschossen höre ich, die Tiere waren teilweise blind und schwer verletzt.
Zum Glück haben wir kaum Bauernhöfe gesehen, daher gab es wohl doch nicht so viele verletztet und tote “Nutztiere”.
Die Kettenhunde in den tiefer gelegenen Gebieten sind alle tot.
Die toten Tiere wurden mit riesigen Containern abtransportiert.
Aber es kamen auch neun Menschen zu Tode, ein Baby wurde der Mutter durch die Schlammlawine aus den Armen gerissen und starb.
Es gibt keine Vögel mehr im Gebiet und trotz des relativ warmen Wetters und teilweise Sonne kann ich kein einziges Insekt entdecken – alles ist tot.
Uns kommt vieles seltsam vor hier...warum keine ausländische Hilfe? Knapp 100 Kilometer von Österreich entfernt.
Warum derart viel Polizei?
In der Nacht erfahren wir, der Damm droht erneut zu brechen...
Ich bringe Lidija nach Hause und wieder einmal bin ich allein nachts unterwegs in Ungarn, Nebel zieht auf, ich denke an die herumirrenden Katzen, an all die Tiere, die Menschen. Ich fahre durch Sopron und weiß, es sitzen wieder Hunde in der Tötungsanstalt, wie überall in Ungarn.
In welcher Welt leben wir?
Eins habe ich mir geschworen, ich werde mit Robin Hood alles versuchen, um zu helfen und dieses Grauen egal um welche Tiere es sich handelt, etwas einzudämmen.
Ich denke an meine Tiere, die warten, wieder einmal müssen sie zurückstecken, wie so oft...Trotzdem, es war es wert!
Wir werden weiter helfen, keine Frage, wir versuchen, jene Tierschützer direkt vor Ort zu unterstützen, die Tierheime Veszprem und andere werden schon unterstützt, aber wenn sie Hilfe brauchen, werden wir auch dort helfen. In Devescer ist niemand, der Tierschutzverein Robin Hood wird dort weiter helfen.
Bitte unterstützen Sie uns, damit wir auch weiterhin helfen können.
Wir haben für diesen schnellen Transport Futter gekauft, andere Tierfreunde haben auch Medikamente gekauft zusätzlich zu den Medikamentenspenden.
Wenn Sie uns helfen möchten:
Spendenkonto :
Tierschutzverein Robin Hood
510072154 / 60 000
IBAN : AT046000000510072154
BIC : OPSKATWW
Kennwort: Ungarn
DANKE!!!
Marion Löcker
Tierschutzverein Robin Hood
Haslach 10
A-3243 St.Leonhard/Forst
[email protected]
0043/660/5659170


Die Zeit ist immer richtig, um das Richtige zu tun. (Martin Luther King)
 
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