Ich versteh die Mehrheit der hier Mitschreibenden übrigens gerade nicht.
Es ist zwar wirklich so, dass HSH2 es einem nicht immer ganz leicht macht, und sich manchmal etwas kryptisch ausdrückt (und dass er dann gern mal garstig wird, wenn ihn "mal" einer nicht versteht, trägt sicher auch dazu bei), aber in diesem Fall hat er doch eigentlich sehr deutlich geschrieben, was er meint, und man braucht es nur zu lesen und nicht einmal um die Ecke zu denken...
Ich zitiere, aus Beitrag # 5
Mal sehen, wie der Film gemacht ist, möglicherweise könnte er dazu führen, dass einige das Schwarz/Weiß - Denken über diese Form der Hundekämpfe, die hier kaum bekannt sein dürfte, etwas anders beurteilen. Nicht gutheißen, eine Form des Missbrauchs stellt sie sicher dar, doch ist es eben etwas völlig anderes, als die landläufige Vorstellung davon.
Okay... "das Schwarz/Weiß-Denken anders beurteilen"... lassen wir mal außen vor...
Er schreibt hier aber jedenfalls explizit nicht, dass der Film dazu führen wird, dass einige diese Hundekämpfe nun toll finden.
Er schreibt sogar ausdrücklich, dass er
nicht meint oder hofft, dass die Zuschauer das
gutheißen werden, weil es - auch für ihn - eine Form des Missbrauchs der Hunde darstellt. Er schreibt nur, dass er meint, dass sie hinterher mehr darüber wissen, und sie dann vielleicht nicht mehr unbedingt eins zu eins mit den Wettmafia-gefütterten Hundekämpfen Marke USA vergleichen. (Das wäre in meinen Augen die "landläufige Vorstellung" vom Hundekampf.)
"Anders" muss ja nicht automatisch "besser" heißen. Vielleicht findet man die Hundekämpfe dort hinterher immer noch genauso k.acke wie im Rest der Welt, nur aus anderen Gründen... aber dann hätte man eine fundierte, differenzierte Meinung, und vorher hätte man eben nur eine Meinung, die aber nicht unbedingt auf den richtigen Annahmen fußt.
Von "Verherrlichung" lese ich da noch nix.
Dann schreibt er weiter:
Und nicht zuletzt über diese Hundekämpfer, die sehr selten abgestumpfte Idioten sind, die Spass am Leid der Hunde haben oder Geld damit verdienen, denn das spielt da keine Rolle.
Damit negiert er doch überhaupt nicht, dass es andere Gründe wie Statusdenken und Protzerei gibt, die sehr wohl eine Rolle spielen - er beschreibt lediglich, dass es nicht in erster Linie darum geht, dass die Leute sich am Leid der verlierenden Hunde weiden, und auch nicht darum, die Hunde nur als Erwerbsquelle und Ware zu sehen.
Später schreibt er noch, was er von dem Film erwartet (# 23)
Er lehrt vielleicht den Blick auf eine hier eher unbekannte Kultur.
Weder huldigt er dieser Kultur in irgendeinem Beitrag vorher, noch tut er das hier. Er schreibt nicht: "hier eher unbekannten, großartigen Kultur" - nur, dass sie unbekannt ist. Dass sie einem hinterher bekannter ist, heißt wieder nicht automatisch, dass man sie besser finden muss.
Und im übrigen finde ich nicht mal, dass die "Hunde als Metapher für Männlichkeit und Status" notwendigerweise dazu führen müssen, dass Hundekämpfe "heroisch" und "positiv" dargestellt werden. Wenn der Regisseur Männlichkeitsrituale und Statusdenken zumindest kritisch sieht, wird auch seine Darstellung der Hundekämpfe entsprechend ausfallen. Dass die Leute dort ihre Hunde und sich selbst so sehen, und man sie dabei zeigt, wie sie dieses tun - heißt ja nicht, dass der Zuschauer automatisch
auch so fühlt, und plötzlich zum glühenden Hundekampffan wird. Je nach Darstellung vielleicht sogar eher
nicht. - Das wäre theoretisch genauso möglich.
Und man kann es in der Tat erst diskutieren, wenn man den Film gesehen hat.
Zu der Frage, wie man denn bei Hundekämpfen differenzieren kann, und was denn um Gottes Willen von so einem Film für Erkenntnisse zu erwarten seien, fallen mir aus dem Stehgreif diverse Sachen ein, die ich NICHT mit HSH2 erörtert habe - mit bisschen Glück krieg ich dafür für meine Naivität gleich auch noch eins übergebraten.
Unterschiede zwischen Hundekämpfen in den USA (oder auch Westeuropa, meinethalben) und in Anatolien, grob gemutmaßt, ohne sich je intensiver mit dem Thema beschäftigt zu haben, als hier im Forum mitzulesen:
Die Hunde in den USA werden für diese Zwecke "hergestellt" und "verbraucht", Zucht und Haltung geschehen fast industriell.
Die Hunde in Anatolien haben idR noch andere Aufgaben als Hundekämpfe (Herdenschutz usw.) Der Kampf ist nicht ihr Hauptdaseinszweck. Also ist es auch nicht "egal", ob ein Hund schwer verletzt wird oder stirbt, denn er wird ja noch gebraucht.
Die Hunde leben in Familien oder zumindest auf dem Hof, wie dort eben ganz normale Hunde.
Die Hunde sind ihren Besitzern in der Regel nicht "egal" - allerdings nehmen diese sehr wohl Verletzungen ihrer Hunde in Kauf. (Was sie bei der regulären Arbeit der Hunde allerdings auch tun. Was keine Entschuldigung sein soll, nur eine Ergänzung)
Anders als in den USA werden sie - wenn es sich wirklich um die dort ansässigen ganz normalen Herdenschutzhunde handelt - auch nicht auf besondere Artgenossenunverträglichkeit selektiert - es ist wohl auch nicht das Ziel, dass zwei Hunde auf den Platz gehen und nur einer geht wieder runter.
Es kommt also vermutlich zu Kämpfen "im Rahmen normalen Hundeverhaltens" - und nicht im Rahnem von durch lange Selektion und entsprechende Ausbildung extrem übersteigerten Aggressionsverhaltens - was sich durchaus auf die Ausgänge der Kämpfe und die Schwere der Verletzungen auswirken dürfte.
All dieses in Betracht gezogen, kann man diese beiden Arten von Hundekämpfen guten Gewissens immer noch genauso k.acke finden wie vorher - ohne sie aber gleichzusetzen.
Ich finde das nicht so schwer zu verstehen.
(Und auch gerade im Hinblick auf das etwas belächelte bis verachtete "Männlichkeitspathos", das manchen Kulturen zu eigen ist, HSH2s Hinweis für sehr wichtig, dass das nicht unbedingt etwas ist, dass die Männer immer freiwillig machen. Je ausgeprägter ein bestimmtes Muster, desto schwieriger wird es, davon, und sei es im Kleinen, abzuweichen.)
Und die Frage: "Wenn du gegen Hundekämpfe bist und aktiv etwas dagegen tust, wieso finanzierst du dann diesen Film mit?" ist doch eigentlich auch recht einfach beantwortet:
1. Wenn man den Film auf arte guckt, finanziert man ihn ja eigentlich nicht mit, das kommt er eh...
und
2. Wenn man vor Ort wirklich etwas ändern will, sollte man lernen, wie die Leute ticken. Da angefahren kommen, und in Karl-May'scher Manier den Leuten die Segnungen des Westens bringen und von oben herab denen erzählen, wie k.acke sie eigentlich sind und was sie besser nicht tun sollten, wird meiner Ansicht nach nicht von allzu viel Erfolg gekrönt sein.
Ich würde das nicht wollen, wenn mich einer so belehrt, und ich glaube,
das ist überall auf der Welt so ähnlich.
Fand ich jetzt eigentlich auch nicht so schwer.