Glanz und Elend der Mehrhundhaltung (kann Spuren von Satire enthalten)

FräuleinHelga

10 Jahre Mitglied
Auf dem Heimweg von der Münzwäscherei - rechts einen Sack mit Hundedecken um die Schulter gezurrt, der Arm blutleer und halb abgestorben, am Rücken den Armeerucksack mit noch mehr Hundedecken, links die beiden Hundsviecher, mal Baum anvisierend, mal halb unter parkenden Autos verschwunden, da mein ansonsten so geschultes Auge die Essenreste am Parkplatz übersehen hatte – war ich doch gerade höchst konzentriert damit beschäftigt, die Wäschemassen zwischen Hausmauer und geparktem Lieferwagen vorbeizumanövrieren, ohne dabei stecken zu bleiben oder vom Gewicht der nassen Decken zu Boden gerissen zu werden und dann käfergleich hilflos am Rücken zu strampeln, während mir womöglich die Hundetiere verblüfft ihre triefenden Nasen ins Gesicht halten, ja, also auf diesem beschwerlichen Heimweg, da beschloss ich, es sei an der Zeit, die Welt an meinem Schicksal teilhaben zu lassen und von Freud und Leid einer alleinerziehenden Zweihundhalterin zu berichten.

Der „Miserie“ erster Teil:

(kann Spuren von Satire entahlten)



Meine Lebensgefährtin zog bereits am dritten Tag nach unserem Kennenlernen bei mir ein, ich hatte mich vorher nie so fix an jemanden gebunden und war mir nicht immer sicher, ob ich all der Verantwortung, die eine solche Beziehung mit sich bringt, überhaupt gewachsen bin. Wir hätten unterschiedlicher nicht sein können, ich Ende zwanzig und sie 11 Wochen, ich ein unsteter Griesgram und sie ein hyperaktives Kleinkind, aber wir haben uns zusammengerauft und mögen uns mittlerweile noch mehr als damals vor rund eineinhalb Jahren.


Ich hielt Hundehalter noch nie für ganz dicht, und wenn ich so darüber nachdenke, wie ich mich verändert habe, seit die dicke Berta mich durch die Gegend schleift, dann wird mir klar – ich hatte vollkommen recht – total irre diese Hundeleute!

Die erste niederschmetternde Erkenntnis im Umgang mit der neuen Hausgenossin – ich hab nicht mal halb soviel Ahnung von Hunden, wie ich eigentlich immer dachte. Doch die dicke Berta erwies sich als sehr resistent in Bezug auf Anfängerfehler (oder Erziehung im Allgemeinen, die Frage ist bis heute noch nicht restlos geklärt) und ich war willens mich weiter zu entwickeln.

Erkenntnis Nummer zwei: Glaube nie, du seist gegen Kindchenschema und Mutterinstinkte gefeit!
Ein zufrieden grunzendes Hundebaby, selig an der Ersatzmutterbrust schlummernd, löst einen Endorphinschub aus, der vermutlich den Rest des Lebens anhält – sogar bei Menschen, die glauben, sie besäßen überhaupt keine Glückshormone.

Seither werf ich also im metaphorischen Sandkasten mit Schaufeln nach allen, die meinen Hund beleidigen, prügel mich am sinnbildlichen Hundezonenschulhof mit anderen Müttern, weil ich mein Baby ungerecht behandelt wähne und überhaupt ist ja die dicke Berta das tollste, schönste und klügste Hundewesen überhaupt, damit das mal klar ist.

Wann genau in mir der Wunsch nach Vermehrung aufkeimte, weiß ich gar nicht mehr, aber eines Tages, da wusst ich ganz genau, ich möchte noch einen weiteren Schmutzfinken um mich. Und als die Berta beinah auspubertiert war, da überkam mich der Zweithundewunsch ganz vehement, aber nochmal ein Kleinstlebewesen stuben- und straßenrein erziehen (auch wenn ich zu Glanzzeiten Hundegackerlsackerl binnen 5,2 Sekunden einhändig, auf der Rolltreppe fahrend, entfalten, praktisch gleichzeitig Hundeabfallproduke hygienisch einwandfrei paketieren und dabei das Tier noch krallenschonend gleichwie elegant über die letzte Stufe schubsen konnte) und an die Welt heranführen, dafür hätten meine nervliche Belastbarkeit nicht ausgereicht.

Adoption eines adulten Sorgenkindes hieß die Lösung. Hatte ich mir beim ersten Hund noch eingebildet, es sei besser einem Welpen den Vorzug zu geben, da man ja seine Entwicklung genau mitverfolgt und keine unerwarteten Überraschungen erlebt, so hat mich die dicke Berta eines besseren belehrt. Pah! Von wegen! Vermutlich ist jede Vermurkstheit eines erwachsenen Tierschutzhundes angenehmer, als der vor NICHTS zurückschreckende Nagedrang eines Welpen oder die Verweigerungshaltung eines Hundeteenagers.

(to be continued)
 
  • 27. April 2024
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Hi FräuleinHelga ... hast du hier schon mal geguckt?
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Sehr amüsant und sehr geil geschrieben :D. Das könntest du auch als Buch veröffentlichen, wenn es so weiter geht :hallo:.
 
das war viieeel zu kurz :unsicher:... weitermachen! :love:
 
MEEEEEEEHR!!!!!! :D

Ganz viel meeeehr

Ganz Geil geschrieben :lol: Und wirklich fast wie aus meinem Lebend gegriffen....;)
 
.....schreibst du etwa über mich und meinen tierischen Anhang :D:hallo:!

Diese Gefühlslage kommt mir doch sooooo bekannt vor.....:p.


LG waldfee

P.S.: ...nicht aufhören,...weiterschreiben !!!
 
hei ich geb da wölfispitz recht...ala <mailo und ich> da wurde z.b. von einem shitstick gesprochen - deine viel zu kurze passage erinnerte mich daran.

ich will auch mehr!
 
cooler Schreibstil, dazu ein paar comic-artige Illustrationen, dann kannst dus veröffentlichen...smile
 
Zum besseren Verständnis in welch misslicher Lage ich mich befinde, seit ich hauptberufliche Hundeanimateurin bin, folgt nun erstmal ein Exkurs über die dicke Berta.


Eigentlich heißt die dicke Berta ja Betty, aber sie scheint diesbezüglich sehr flexibel und hört auch auf „Beddüüüü“, „Mörderbärbel“ oder „Schlitzaugenstinktier“, vermutlich würde sie sogar auf „Horst“ oder gar „Autobahn“ reagieren, Hauptsache Aufmerksamkeit – was die dicke Berta betrifft, gilt ein Grundsatz ganz besonders : „Schau niemals einem Hund direkt in die Augen!“ - der könnte das nämlich als Interessensbekundung interpretieren und die erhoffte Zuwendung sozusagen augenblicklich und vorauseilend mit einer halb gesprungenen, halb gerempelten Liebesattacke beantworten.

Erwähnte ich es bereits? - die Berta ist ein mannstolles Luder! (Von mir hat sie das definitiv nicht!).

All meine emanzipatorischen Ermahnungen haben nicht gefruchtet – kurzfristig glaubte ich, sie hätte was dazugelernt, als sie in einer pubertären Phase all ihre Zerstörungsenergie auschließlich auf Bh`s und Handtaschen lenkte, aber nein, die Töle legt sich noch immer vor ihren auserwählten Menschenmännern auf den Rücken, reckt alle Viere von sich und grunzt erwartungsfroh.

Sie hat bei ihrer Wahl allerdings nie sonderlich viel Geschmack bewiesen (anfangs dachte ich noch, wie praktisch, ich könnt sie auf meinen favorisierten Typus Mann ansetzen, aber die dumme dicke Berta schmeisst sich bevorzugt vor Müllmännern und Tattergreisen auf den Boden.)

Ein Gutes jedoch hat des Fräuleins peinliches Betragen, sobald es Testosteron schnuppert: der Herr Teilzeitgefährte (meine Wahl, die Berta hätt´wahrscheinlich den Postboten genommen), der fand die Berta anfangs unheimlich unheimlich, doch als er sie zum ersten Mal wohlig grunzen hörte, da war`s um ihn geschehen - Allem Anschein nach lösen Weibchen, die sich röchelnd am Boden wälzen, im männlichen Gehirn sowas wie Besitzerstolz aus. Auf diesen Punkt möchte ich jedoch nicht weiter eingehen.

Die dicke Berta ist von rustikalem Gemüt, böse Zungen behaupten, wär sie ein Mensch, dann mehr Prolet. Ich habe schon früh versucht, dem entgegenzuwirken, doch sie hat sich stets geweigert, selbst bei grimmiger Kälte, den schwarzen Welpenrollkragenpullover zu tragen (mir schwebte vor „Jean Paul Satre“ in roten Lettern draufsticken zu lassen, um uns von den „Tut nix“ und „Security“Emblemen anderer Hundegeschirrträger abzugrenzen und den Randgruppenhund auch in studentischen Kreisen salonfähig zu machen, aber ich gestehe, zu dem Zeitpunkt befand ich mich grad in einer postpubertären existentialistischen Phase) und wirkt insgesamt nicht sehr intellektuell - sie hat in ihrem jungen Leben schon Heizkörper, Thermostate, Bettpfosten, Einbauschränke, Autositze, Hundeleinen, Verlängerungskabel, Pappkartons, Socken, Haarbürsten und Bettwäsche angeknabbert, jedoch kein einziges Buch.

Dennoch hat sogar die dicke Berta ein kleinwenig Sinn für Feinsinn. Jedes Blümchen am Wegesrand versetzt sie in schiere Verzückung, Blumenläden sind für sie ein wahres Paradies.

Die Berta ist in sogenannter Mampfhund und frisst alles, bevorzugt natürlich was so auf der Straße rumliegt. Allerdings ist mit der Berta nicht gut Kirschen essen, sie mag Äpfel lieber. Kinder hat sie - zur allgemeinen Verwunderung - noch keine gefressen, auch ich selbst bin noch im Besitz eines vollständig unversehrten Körpers, obwohl Besserwissende mir anderes prophezeit haben – ich vermute allerdings insgeheim, dass es sich bei ihrer Angewohnheit Menschen abzulecken, um eine Art der Vorverdauung handeln könnte.

Ich bin mir im Klaren darüber, dass die Berta eine ständige Bedrohung für Leib und Leben darstellt, in ihr schlummert das Böse (ca. 13 Stunden täglich).

Ihr Methoden sind perfide. Ich entsinne mich eines Abends, an dem eine Giftgaswolke aus Hinterleib der Bestie fuhr und ein todbringender Fäulnisgestank durch die Räume waberte. Mit letzter Kraft konnte ich mich ans Fenster retten und überlebte den Anschlag relativ unbeschadet.

Menschen mit Straßendreckallergie und allen Lebensfreudephobikern ist der Umgang mit der dicken Berta eine schiere Qual. In den vergangenen Monaten hat sie jedoch ihre Angriffststrategie verfeinert (bis vor einiger Zeit war nach einer direkten Begegnung mit Berta die Fortpflanzungsfähigkeit männlicher Menschenwesen nicht mehr unbedingt gewährleistet), und kämpft nunmehr mit den Waffen eines Weibchens – dem „Schlitzaugencharmeblick“und zeitweilig dem bereits angesprochenen „Wohllüstig zu Boden werfen“

Außerdem ist die Berta ein Bärenbeisser, ich habe gesehen was sie mit ihren Opfern anstellt – Knopfaugen abreissen, Eingeweide langsam aus dem Körper schälen, Pinguin war nach 2 Tagen ebenfalls kaputt.

Was hat meine Mutter geheult, als ich und die Berta zum ersten Mal zu Besuch kamen. Sie hatte ja sehr viel über diese Hunderasse gelesen, in sogenannten Qualitätszeitungen, instinktiv hat sie gleich erkannt, aus diesem Welpen wird einmal ein Monster. Wie verschlagen und bösartig der über die Wiese hopst! Wie niederträchtig und brutal der schläft! Wie hinterhältig und gemein der mit dem Schwanz wedelt!

Ich muss mir heute eingestehen, sie hatte absolut recht – die Berta ist ein gefährlicher Hund, sie hat mich zu etwas gemacht, dass ich keinesfalls jemals werden wollte, zu einer Quieteschfrau.

Ich war nie ein Quietschtyp, ich hielt mich stimmlich nicht für geeignet zu quieken oder sonstige schrille Laute von mir zu geben, aber, was soll ich sagen - Ja, auch ich quieke!

Mein Wortschatz hat sich drastisch reduziert, hauptsächlich auf Worte, die ich in den hundefreien Jahren niemals freiwillig in den Mund genommen hätte, ohne an meinem Verstand zu zweifeln. Die Fähigkeit komplexe Sätze zu bilden, ist mir vollständig abhanden gekommen. Meine Hauptsätze lauten nunmehr : „Wo is die Beddiiiiiiiiiiiiii?“ und „So is sie feeiiiiiiiiiiin!“, beides gequiekt vertsteht sich.

Ich bin auf dem Kommunikationsniveau eines Meerschweinchens angelangt und fühl mich erstaunlich gut dabei, denn die Bedddiiiiiiiiiiiiii, die hat das Gegurre gern, und freut sich die Beddiiiiiiiiiii, dann freut sich der Mensch.
 
Köstliche Unterhaltung! Bitte bitte weiter schreiben... du hast doch noch ein zweites Stinktier? Und von der dicken Berta gibt's doch bestimmt noch ein paar Geheimnisse zu lüften oder?
 
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