Wie genau es in ihm aussieht, wird er nur selbst wissen
Natürlich.
Schließlich waren es andere, die mir klar und bewusst gemacht haben, dass ich ein Problem mit dem Hören habe- Dritte merken das laut Aussage meines HNO ohnehin meist eher als der Betroffene selbst.
Stimmt - mein Vater hat uns jahrelang mit der Behauptung traktiert, wir würden alle viel zu undeutlich sprechen und hätten, "seit wir nicht mehr zuhause wohnen", wohl sämtliche guten Manieren abgelegt.
Da er in diese Zeit aber auch ansonsten aus anderen Gründen recht übellaunig und teils sehr unangenehm und schwierig im Umgang war, ist der Punkt da gar nicht weiter ins Gewicht gefallen. Der hat eh an allem rumgemeckert, und Schuld waren immer nur die anderen... Das erschwerte es allen Beteiligten, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Aber
er hat auf jeden Fall ganz
sicher nicht gemerkt, dass bei ihm da was im Argen lag.
Irgendwann klärte ihn mal ein HNO-Arzt darüber auf, dass der Dauerton, der ihm in seinem Fall das Hören erschwerte, "Tinnitus" heißt - aber von da über "Die anderen sind Schuld, weil sie rücksichtslos so durcheinanderquatschen, dass es schlimmer wird und ich gar nichts mehr verstehe, und jeder, dem das nicht so geht, macht sich über mich lustig" bis heute (Tinnitus und zusätzlich Schwerhörigkeit durch Chemotherapie, gut eingestellte Hörgeräte und ein offener, ziviler Umgang mit dem Thema) war es ein weiter Weg...
So zu tun, als gäbe es da kein Problem, ist in dem Fall ziemlich aussichtslos
Du kannst mir gern glauben, dass
das meine
Oma noch nie gestört hat. Ab einem gewissen Alter hat sie es sehr mit Pippi Langstrumpf gehalten... ("Ich mach mir die Welt...")
Der war völlig wumpe, ob nicht die anderen vielleicht doch merken müssen, dass sie nichts mehr mitkriegt - Hauptsache, sie hat geglaubt, sie hat es geschafft, fehlerlos dazustehen. Falls das deutlich fühlbar doch misslungen ist, wurde dann halt irgendwann ein Wutanfall eingeworfen und geschmollt - manchmal frustriert, und manchmal war's Theaterdonner, der eigentlich nur signalisieren sollte: "Hey, genug gequatscht - kümmert euch um
mich!"
(Insofern war sie dem kleinen Ü, wenn der große Bruder nach Hause kommt und erstmal ohne Punkt und Komma von der Schule erzählt, nicht unähnlich.)
Wobei sie nach wie vor ganz selbstverständlich am sozialen Leben teilgenommen hat, denn an Selbstbewusstsein hat's ihr so wenig gefehlt, wie an Eitelkeit - sie hat einfach eingefordert, dass die Welt sich gefälligst zu ihr hinbewegen soll, wenn sie umgekehrt Schwierigkeiten hat, das zu tun - und sie hatte glücklicherweise diverse ihr tief genug ergebene Familienangehörige, die das möglich gemacht haben und dafür auch (teils schwerhörigkeitsbedingte) Ungerechtigkeiten und Unverschämtheiten (meistenteils) nachsichtig in Kauf genommen haben.
Sie hätte wirklich niemanden gehabt, der auf sie keine Rücksicht nimmt, und sie war definitiv nicht einsam. Es hätte aber die allermeiste Zeit nicht in ihr Selbstbild gepasst, dass sie um etwas bitten oder nachfragen muss. - Genau wie sie in dem Alter aus Prinzip
nie offen zugegeben hätte, dass sie sich geirrt hat oder im Unrecht ist. (Gab vielleicht 3 Leute, von denen sie sich das hat sagen lassen, ohne einen Mordsaufruhr vom Zaun zu brechen - und ein paar mehr, denen sie das mit etwas Abstand in einer ruhigen Minute anvertrauen konnte.)
Sie war aber zum Glück nicht nachtragend, und nicht auf wirklichen Ärger aus... wenn sie gemerkt hat, sie hat den Bogen überspannt und der andere ist ernstlich sauer auf sie, hat sie den möglichst grandiosen Abgang gemacht und fürderhin getan, als wäre nie etwas gewesen.
Also, ganz anders als
@DobiFraulein s Opa, und anstrengend, aber lange nicht so destruktiv.