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Für Leute wie den wohnen auf der anderen Seite keine (Mit-)Menschen. Nur irgendwie Leute.

Letzte Woche hat ein meiner Kolleginnen (aus England) einen Link zu einem brieflichen Dialog zwischen zwei befreundeten Professoren gepostet, einem Israeli und einem Palästinenser, die gegenseitig ihre Standpunkte darlegen (und sich teils auch erstmal oftmals nicht verstehen).

Ich muss mal schauen, ob ich das noch finde.

Auf jeden Fall schrieb dann eine - mindestens 40 jährige, durchaus humanistisch engagierte, gebildete, an einer Universiät tätige israelische Kollegin, die den größten Teil ihres Lebens in diesem nicht sehr großen Land verbracht, aber auch mal international studiert hat, todernst, ja sogar gerührt, sinngemäß: "Vielen Dank, dass du das verlinkt hast. Jeder sollte das lesen. Mir war bis heute nicht klar, dass es einen Staat Palästina gibt, und Leute, die sich ernsthaft dafür engagieren."

Ich hab mich immer noch nicht davon erholt. Aber so ist das da, und so leben die Leute dort - auf beiden Seiten des Zauns.

Das ist wirklich oftmals kaum zu fassen. Also, für mich.
 
Natürlich. Edit: Die meinte das ja nicht böse. Ich bin auch recht sicher, dass sie für sich genommen eine sehr freundliche Person ist.

Aber das, diese fast absolute Ignoranz gegenüber Leuten, die nur wenige Kilometer entfernt leben und mit denen es immer wieder Konflikte gibt, ist die Basis, auf der auch solche Auswüchse entstehen.
 
In meinen Augen hat er nur das ausgesprochen was er politisch seit er im Amt ist auslebt.
Eben das er niemals auch nur in Betracht ziehen würde über einen palästinensischen Staat nachzudenken. Geschweige denn Interesse daran hat das es Palästinenser gibt. Sein Interesse ist einzig und alleine mindestens Gaza, (aber wenn möglich auch das komplette Westjordanland) Israel einzuverleiben.
Der will nichts anderes als die Fanatiker auf der anderen Seite, nur halt umgedreht- Palästina nebst seinen BewohnerInnen von der Landkarte fegen. Und damit ist er nicht alleine, weder in der Regierung, noch im Land.
 
@Lille
Ok - ich hoffe doch schwer, dass es so krass nicht bei allen ist. Mich hat das wirklich verstört.

Es hat übrigens auch sonst keiner was dazu gesagt - ich habe nun keine Ahnung, ob die das alle normal fanden, oder eher geschwiegen haben, weil ihnen nichts dazu eingefallen ist.

Aber was ich meinte, war tatsächlich: eine generelle "Blasenbildung" mit Blindheit für die Bedürfnisse und Lebensumstände der jeweils anderen Seite gibt es dort definitiv.

Mein Eindruck ist: Man weiß, es leben dort auf der anderen Seite Leute. Man weiß, die haben irgendwie auch Familie und so weiter. Und die sind jeweils irgendwie anders als man selbst.

Und dann kommt nur noch: "Aber mit denen kann man ja nicht, weil..." - Die Liste ist dann lang.

Von "unseren" palästinensischen Patienten und allen Leuten vor Ort, mit denen ich zu tun hatte, habe ich auch - öfters - derartige Klopper zu hören gekriegt. Aber: Deren Ansichten über den Rest der Welt außerhalb von Palästina und Israel waren ebenso - von absoluter Unkenntnis geprägt. Die schmorten da in einer schwierigen Situation im eigenen Saft und entwickelten seltsame Ansichten, weil sie ja nirgends hinkamen und mit wenig anderen Leuten gesprochen haben. War mein Eindruck. Ich war schon etwas konsterniert darüber, aber so im gesamten Kontext war es dann eigentlich nicht überraschend.

Aber in Israel ist das ja eben nicht so. Die Israelis können einfach reisen und tun das auch. Die "weltlichen" Israelis sind - eigentlich - extrem weltoffen (die arabische Welt mal ausgenommen). Angeblich vielseitig interessiert.

Trotzdem scheint es bei vielen ein recht ausgeprägtes Desinteresse an ihren direkten Nachbarn zu geben, darüber hinaus, dass die einen gern aus dem Land haben würden. Am besten, man setzt sich nur damit auseinander, wenn man es muss. (Was vielleicht auch ein Schutzmechanismus ist, weil man sonst gar nicht aushalten könnte, permanent bedroht zu leben.)- Und findet teils (siehte HSH-Halter) alle Anliegen der Palästinenser per se übertrieben und unangebracht.

Also, ich sehe da schon einen blinden Fleck, und andere Israelis sehen den durchaus auch (etwa eine emeritierte israelische Professorin auf einem Workshop, auf dem ich 2017 war), und meinen, dass der dem Friedensprozess entgegensteht. Weil man mit entweder ausblenden oder aktiv dagegen vorgehen keine Annäherung erreichen kann.

Also, sinngemäß. Ich kriege das nicht mehr alles zusammen, aber sie sagte, die reflexartige Reaktion eines Israelis darauf, dass ein Palästinenser Missstände beklagt, wäre: "Was willst du denn schon wieder. Immer seid ihr am Jammern."
Und sie hätte mit ihren Studenten immer ein hartes Stück Arbeit, bis die sagen können: "Okay, auch wenn ich dir vielleicht nicht folgen kann, sehe ich, dass du ein Problem hast und das schlimm für dich ist."

Die Erkenntnis, dass der andere ein Anrecht darauf hat, unzufrieden zu sein und das zu äußern, und dass er evtl. Probleme hat, die eine Lösung verdienen, fehlt anscheinend dort oft.

Aber so blind hatte ich den Fleck einfach nicht erwartet.
 
So, und zur Ergänzung, nachdem ich mich wieder etwas beruhigt habe:

1. Dass so ein Briefwechsel existiert, zeigt ja schon, dass nicht „alle“ Israelis und Palästinenser so denken.

2. Immerhin hat die Betreffende den ganzen Text gelesen (ich zB habe das noch nicht) und konnte ihn so akzeptieren und sehr viel für sich daraus mitnehmen. (Dass sie persönlich jetzt noch: „Was wollt ihr eigentlich, euch geht‘s doch gut!“ sagt, halte ich für ausgeschlossen.)

Heißt: Mit Smotrich vergleichen wollte ich sie wirklich nicht. Sondern ich wollte darauf hinaus, dass solche Lücken in der Wahrnehmung, wie sie hier zu sehen waren, dazu beitragen können - nicht müssen -, die andere Seite nicht als Mitmenschen zu sehen.

Diese Lücke habe ich auf beiden Seiten erlebt, und darauf bezog sich mein: „So leben da die Leute“ - @Lille hat natürlich Recht damit, dass das eine unzulässige Verallgemeinerung ist.

Aber dass es möglich ist, überhaupt so aufzuwachsen, dass man über seine engsten Nachbarn (mit denen man immerhin konstant im Konflikt lebt) trotz voller Informationsfreiheit überhaupt nichts weiß - das erstaunt mich immer wieder, und ich hätte es tatsächlich bei „weltlich lebenden“, aufgeklärten (und in diesem konkreten Fall per Definition generell um Verständigung bemühten) Israelis nicht erwartet.

Also: dass die palästinensische Kultur nicht wertgeschätzt wird - ok, de facto herrscht da seit Jahrzehnten Krieg, mag so sein.

Dass man die palästinensische Politiker für korrupt und von begrenztem Einfluss und keine verlässlichen Verhandlungspartnet hält - alles nachvollziehbar.

Aber dass man gar nicht weiß, dass das alles existiert

Und nur die vage Vorstellung hat, dass da ein paar versprengte Leute ohne eigene Identität leben, die Terroristen eine Zuflucht bieten und von der UN verwaltet werden…

Fand ich einigermaßen verblüffend. Und halte das - wie gesagt auf beiden Seiten! - für einen großen Teil des Problems, das letztlich zur derzeitigen Eskalation geführt hat.

Natürlich habe ich die Weisheit nicht mit Löffeln gegessen. Und es gibt mit Sicherheit Dutzende Faktoren, die auch noch eine Rolle spielen.

Aber das weit verbreitete Nicht-Sehen (Können oder Wollen) des Gegenübers als Person, die fehlende Beschäftigung mit der anderen Seite über „Steht meinen Zielen im Weg!“ auf beiden Seiten hinaus kann mMn nicht ohne Folgen bleiben.
 
das weit verbreitete Nicht-Sehen (Können oder Wollen) des Gegenübers als Person

das trifft auf alle Kriege zu, man muss nur die Beiträge hier in der KSG lesen
 
Man darf auch nicht vergessen, in Israel regiert eine rechte Partei mit. Und die wurde von der Bevölkerung so gewählt.

 
@Lucie

Ich weiß, was du meinst, und ich habe bei meinem Beitrag kurz genau darüber nachgedacht.

Vermutlich hätte ich ohne persönliche Kontakte dasselbe geschrieben.

Aber ich habe ja über Verwandtschaft den Balkankrieg miterlebt, und die Folgen, und würde behaupten: Nein, mit der Form wie in Israel/Palästina ist das tatsächlich nicht vergleichbar.

Aber ich kann es nicht besser erklären, als ich es versucht habe. Vielleicht muss man es erleben, um edit: das Gefühl zu bekommen, dass es da einen Unterschied gibt.
 
Danke für die Differenzierung @lektoratte . Das gibt es sicherlich. Ich sperre mich nur gegen die Verallgemeinerung. Es gibt durchaus Leute, die sich proaktiv für die Menschen in Gaza einsetzen oder die zumindest anders darüber denken.

Dass eine gewisse Form der Verdrängung da ist, mag sein, aber zumindest die latente Gefahr schien mir ziemlich präsent. Shelter an jeder Bushaltestelle, Saferooms im eigenen Haus, das ist ja da. Und zumindest da, wo ich zu Gast sein durfte, war auch wohlüberlegt, dass die Kinder im Saferoom schlafen.

Ich bezog mich jetzt noch auf Deinen ersten Antwortest, kam nicht so schnell zum fertig tippen. Habe jetzt gesehen, dass Du zwischenzeitlich noch etwas ergänzt hast.
 
@Schorschi

Jein - ohne Wahlbündnis säßen die nicht im Parlament.
Und nicht alle Netanjahu-Wähler wollten auch das:

Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte noch 2021 erklärt, dass der Rechtsradikale für kein Ministeramt geeignet sei.

Der hat vorher mehr oder weniger ausgesagt, dass er mit denen nicht koalieren wird - und es dann doch getan.

Es wollte meines Wissens definitiv nicht jeder, der auf N. gesetzt hat, auch diese Leute in der Regierung sehen. (Unabhängig davon, ob man nicht hätte damit rechnen müssen, dass es doch passiert.)
 
Ich weiß nicht was daran lustig ist.
Wir hatten Nachbarn die als Wochenendpartisanen nach Kroatien gefahren sind, Kollegen aus Serbien und Bosnien die unter der Woche friedlich zusammengearbeitet haben, das ist hier aber OT.
Leidtragend ist immer die Zivilbevölkerung, egal wer angefangen hat, ab einem gewissen Punkt klebt bei beiden Kriegsparteien Blut an den Händen.
 
Leidtragend ist immer die Zivilbevölkerung, egal wer angefangen hat, ab einem gewissen Punkt klebt bei beiden Kriegsparteien Blut an den Händen.

Joa, das war bislang bei allen Kriegen so. Da die angegriffene Partei das Recht auf Selbstverteidigung hat, wird das auch nicht ausbleiben. Mir wäre es auch lieber, die "Großkopferten" würden gegeneinander in den Ring steigen und ihre Interessen mit ihren weichen Patschepfötchen ausfechten, statt junge Menschen an der Front zu verheizen und ihre Zivilbevölkerung leiden zu lassen.
 
Das würde auch ermöglichen all die Milliarden die weltweit ins gegenseitige töten investiert werden für sinnvolle Dinge zu nutzen.
Man stelle sich nur vor wie die Welt aussehen könnte wenn man das z.B. die letzten 10 Jahre getan hätte....

Zu Israel- ich bewege mich ja in einer ganz anderen "Blase" als z.B. @lektoratte . Den Israelis die ich die letzten Jahre kennengelernt habe war die Situation ihrer palästinensischen Nachbarn durchaus bewusst. Auch weil viele von ihnen in israelisch/palästinensischenProjekten aktiv waren/sind die auf Verständigung setzen. Oder z.B. in Israel für bessere Arbeitsbedingungen der vielen prekär beschäftigten Palästinenser eintreten.
Das ist aber eben eine linke Bubble von u.a. MusikerInnen von denen ein Großteil inzwischen in Europa lebt und auch vorher viel hier unterwegs war.
Viele von ihnen haben auch darüber gesprochen wieviel Desinteresse es in der israelischen Bevölkerung zu dem Thema Palästina gab, also das es erstaunlich vielen Menschen wirklich vollkommen egal war/ist wie und unter welchen Bedingungen ihre Nachbarn leben. Und wie sich deren Arbeitsweg nach Israel durch die diversen Checkpoints gestaltet. Hauptsache sie erledigen ihre Jobs in Israel und verschwinden dann am besten schnell wieder über die Grenze. Das die ganze Prozedur des Grenzübertritts extrem lange dauert und somit der Arbeitsweg statt 1 Stunde auch gerne mal 3 Stunden dauern kann- egal.
So wie es hier eben dem Großteil egal ist wie ihre chinesische Billigware hergestellt wird, Hauptsache sie ist halt billig. Nur geografisch näher.

Aber das sind halt auch alles keine Fans von Netanjahu und haben von Anfang an nicht daran geglaubt das er nicht auch mit der extrem Rechten koalieren würde so er denn auf diesem Weg an der Macht bleibt.
 
@wilmaa

Ich glaube, von meinen Kollegen dort hat auch keine/r Netanjahu gewählt, die, die ich näher kenne, gehen alle demonstrieren, und das schon seit Beginn der Proteste.

(Darum war ich auch so überrascht. Andererseits kenne ich diese Kollegin nur vom Namen und den monatlichen Zoomcalls. Ob sie zB orthodox aufgewachsen ist oä könnte ich dir nicht sagen.)

Ich habe die Kollegen aber gefragt, wie es sonst so aussieht. Oder sie erzählen es auch mal selbst.
 
Smotrich die Nächste...

16:02 Uhr
Die israelische Regierung hat den Bau einer neuen Siedlung auf dem Gebiet einer UNESCO-Weltkulturerbestätte nahe der Stadt Bethlehem im besetzten Westjordanland genehmigt. Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich teilte mit, sein Büro habe "die Arbeiten abgeschlossen und den Plan für die neue Siedlung Nahal Heletz in Gusch Etzion veröffentlicht". Nach internationalem Recht ist die Errichtung israelischer Siedlungen in den palästinensischen Gebieten illegal. "Keine anti-israelische oder anti-zionistische Entscheidung wird die Entwicklung der Siedlungen stoppen", schrieb Smotrich im Onlinedienst X. "Wir werden weiter gegen das gefährliche Projekt der Gründung eines palästinensischen Staates kämpfen, indem wir vor Ort Fakten schaffen", erklärte der Minister, der selbst in einer illegalen Siedlung im Westjordanland lebt.


Die israelische Organisation Peace Now sprach von einem "großflächigen Angriff" auf das für Wein und Oliven bekannte Weltkulturerbe in dem Gebiet mit "seinen antiken Terrassen und ausgeklügelten Bewässerungssystemen, die von Jahrtausenden menschlicher Aktivität zeugen". Die israelischen Siedlungen "zerstückeln den palästinensischen Raum" in der angrenzenden Gemeinde Battir, kritisierte die Organisation.
 

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