Antworten der PDS zu "Kampfhunde"-Verordnungen

Andreas

11.10.2002
PDS2002.de Positionen

Fragen der BI Berliner HundefreundInnen/Berliner Schnauze
Antworten der PDS

1. Werden Sie im Fall eines Wahlsieges das Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Hunden dahingehend revidieren, dass die Gefährlichkeit eines Hundes nicht mehr an seiner Rasse festgemacht wird, sondern daran, ob einzelne Hundeindividuen auffällig geworden sind?

Die zunehmende Haltung von so genannten Kampfhunden ist Ausdruck eines wachsenden sozialen Bedürfnisses nach "Bewaffnung" in einer unsicherer und aggressiver werdenden Gesellschaft, in der mittlerweile auch Hunde von nicht unbedingt nur tierliebenden Bürgern in größerem Umfang sowohl zum Schutz als auch umgekehrt zur Bedrohung, gewissermaßen als "gefährliches Werkzeug" eingesetzt werden. Der als gefährlich geltende Hund ist lediglich die Erscheinungsform des Bedrohungs-/Gefährdungsproblems. Wenn bestimmte Hunderassen als vermeintliche "Kampfhunde" bekämpfen werden sollen, dann wird im Grunde der falsche "Feind" bekämpft. Bei dem Verbot einzelner Rassen werden die betroffenen Halter auf andere Rassen "umsteigen" oder sich anderen Waffen zuwenden. Deutlich gesagt: Das "Kampfhundeproblem" ist letztlich ein "Gefahrhalterproblem". Man muss daher zwischen gefährlichen, ja skrupellosen und verantwortungsbewussten Hundefreunden unterscheiden.

Aus diesem Grund halten wir die Rasselisten für ungeeignet, um die Bevölkerung vor gefährlichen Hunden zu schützen. Wenn, dann sind Hunde individuell gefährlich und zwar durch überforderte oder verantwortungslose Halter. Die PDS tritt deshalb für die Abschaffung der Rasselisten ein. Die Vorschriften zur "Bekämpfung gefährlicher Hunde" stellen am Ende lediglich ein Alibi für schnelles und konsequentes Handeln der Politik dar. Das Vollzugsdefizit der zuvor bestehenden Hunde- bzw. Polizeiverordnungen hätte zunächst behoben werden müssen, bevor man vermeintliche Regelungsdefizite durch (verschärfte) Neuregelungen behebt und den Vollzug nicht verbessert. Gesetzgeberischer Aktionismus, der unausgereifte Rechtsvorschriften zur Folge hat, ist im Ergebnis meist schädlich.

In der Sache selbst – nämlich dem Schutz der Gesellschaft vor gefährlichen Hundehaltern – ist man bestenfalls einen kleinen Schritt auf einem Umweg zu Lasten der überwiegenden Zahl von verantwortungsbewussten Haltern vorangekommen. Dabei ist Schaden entstanden, der zum einen allgemein in der Radikalisierung des Umgangs mit Hundehaltern und ihren Hunden und zum anderen in dessen Folge zu tatsächlichen Schäden durch tätliche Übergriffe geführt hat. Auch die praktische Rechtsfolge, dass Tierheime bzw. Tierschutzvereine mit der Verantwortung für das Schicksal nicht genehmigungsfähiger bzw. nicht vermittelbarer Hunde belastet werden, ist nicht vertretbar.

1. 2. Hat der Bund die rechtlichen Möglichkeiten, die Hundesteuer als kommunale Steuer abzuschaffen?

An Stelle der Abschaffung der Hundesteuer halten wir eine Hundesteuerreform für wünschenswert, die eine bundeseinheitliche Abgabe in gestaffelter Form kombiniert mit einem Bonussystem vorsieht. Dieses Bonussystem könnte sowohl Halter bestimmter Hunde wie landwirtschaftliche Hüte-, Hof- oder Herdenschutzhunde, Jagdhunde, Behinderten- und Blindenführhunde, Rettungs- und Suchhunde als auch jene Halter begünstigen, die ihre Sachkunde (Hundeführerschein) nachgewiesen haben. Auch sollte es Befreiungsmöglichkeiten für sozial schwache Halter geben.

In diesem Zusammenhang müsste ein Zweckbindung dieser Abgaben festgelegt werden, um Mittel für die Kontrolle sowie Verbesserung der öffentlichen Bedingungen der Hundehaltung (z.B. Hundetoiletten als auch die Schaffung von Hundeauslaufgebieten oder auch die Unterstützung von Tierheimen) zu bekommen.

3. Sind Sie der Meinung, dass die Freiheit, einen Hund zu halten, ein zu schützendes Persönlichkeitsrecht ist?

Die PDS hält die Hundehaltung grundsätzlich für ein zu schützendes Persönlichkeitsrecht.

1. Die Beförderungsverbote für bestimmte Hunde(rassen) gehören bei Einhaltung einer Anlein- und Maulkorbpflicht für die zu befördernde Hunde unbedingt aufgehoben.
2. Das Recht zur Hundehaltung darf grundsätzlich auch den Bewohnern von Mehrfamilienhäusern nicht beschnitten werden. (vgl. unseren Gesetzentwurf zum Mietrecht). Allerdings muss nicht zuletzt aus Tierschutzgründen die Zahl und Größe der Hunde der Wohnung entsprechen. Außerdem muss durch den Hundehalter sichergestellt werden, dass es zu keinen Belästigungen/Bedrohungen der Mitbewohner bzw. zu Sachbeschädigungen an der Mietsache kommt.

4. Welche Maßnahmen werden Sie im Falle einer Regierungsbeteiligung ergreifen, um den Missbrauch von Hunden durch unseriöse Züchter/ Vermehrer/Händler/Halter einzudämmen?

Die PDS hält ein Heimtierzuchtgesetz nicht zuletzt aus Tierschutzgründen für notwendig. Für eine bundesweite Regelung der Hundehaltung wären insbesondere folgende Maßnahmen sinnvoll:

* Sachkundeprüfung für Züchter
* Kontrolle der Zucht (darin eingeschlossen auch die Unterbindung von Massenzuchten)
* strikte Durchsetzung von Sanktionen gegenüber verantwortungslosen Züchtern

5. Werden Sie einen Gesetzentwurf einbringen, der den gewerblichen Hundehandel sowie Massenzuchten in Zwingeranlagen untersagt?

Massenzucht mit dem Ziel einer maximalen Gewinnerzielung halten wir für unverantwortlich sowohl aus Tierschutzgründen als auch aus Gründen der Sicherheit für die Bevölkerung sowie für Hunde und andere Tiere, da diese Hunde meist nicht sozialisiert sind.

6. Sind Sie für eine Empfehlung an die Länder, den Hund als wichtiges Kulturgut der Menschheit wesentlich stärker in den Lehrplänen zu berücksichtigen?

Ein frühzeitiger Umgang von Kindern mit Tieren unter sachkundiger Anleitung ist überaus empfehlenswert. Die Erziehung zum Tierschutz kann nicht früh genug beginnen und trägt nicht zuletzt auch dazu bei, unbegründete Ängste zu überwinden als auch Respekt vor Tieren zu entwickeln. Die auch heute schon vereinzelt von Hundehaltern bzw. Organisationen durchgeführten Schulbesuche mit ausgewählten Hunden, zeigen durchweg positive Ergebnisse. Wir könnten uns deshalb sehr gut vorstellen, dass man bundesweit in den Schulen nicht nur theoretische Kenntnisse über Tiere (und speziell Hunde) vermittelt, sondern auch Begegnungen organisierte, in denen die Kinder eigene Erfahrungen im Umgang mit Hunden machen können.

7. Haben Sie in Zukunft vor, grundsätzlich vor dem Erlass von Tiere betreffenden Gesetzen anstatt auf Ideologie auf Fachkompetenz diesbezüglicher Experten zurückzugreifen und die Gesetzgebung nach deren Urteil zu gestalten?

Die PDS setzt in den Gesetzgebungsdebatten und speziell in den Anhörungen der Ausschüsse stets auf Fachkompetenz. Wir wüssten nicht, auf welche Ideologie wir gerade in der Frage der Hundehaltung zurückgreifen sollten. Deshalb steht für uns außer Frage, dass der Rat ausgewiesener Kynologen in der Frage der "Hundegesetzgebung" Vorrang vor den Empfehlungen vermeintlicher Sicherheitsexperten haben muss, die von Hunden nichts verstehen oder sogar Hundegegner sind.

8. Haben Sie vor, einen Tierschutzbeauftragten zu ernennen, der u.a. auch die Belange der Hundehalter in der Regierungsarbeit vertritt?

Der Tierschutz hat nunmehr erfreulicherweise endlich eine Aufwertung durch seine Aufnahme als Staatsziel in das Grundgesetz bekommen. Die von Ihnen angeführten Probleme in der Begründung, die sich auch für andere Tierarten mühelos fortsetzen ließen, lassen durchaus die Ernennung einen Tierschutzbeauftragten für sinnvoll erscheinen. Die PDS würde ein solches Anliegen unbedingt unterstützen.

9. Sind Sie bereit, sich für das Unrecht und die Diskriminierung, die Tausenden von unbescholtenen Hundehaltern in diesem Land angetan wurde, als Vertreter einer zukünftigen Regierung zu entschuldigen?

Die PDS hat keinem Hundehalter Unrecht angetan. Wir waren allerdings auch nicht in der Lage, der allgemeinen Hysterie, die leider auch die Politik nach dem tragischen Tod des Kindes in Hamburg erfasst hat, wirksam zu begegnen. Unseres Erachtens kommt es jetzt darauf an, aus den Fehlern zu lernen und eine vernünftige bundeseinheitliche "Hundegesetzgebung" zu verabschieden.

10. Stimmt es, dass jährlich ca. 300.000 Hunde aus dem Ausland nach Deutschland gebracht werden? Was werden Sie konkret dagegen unternehmen?

Die genaue Zahl der jährlich aus dem Ausland nach Deutschland verbrachten Hunde ist uns nicht bekannt. Bekannt sind uns allerdings die großen Probleme, die sich mit den oft nichtsozialisierten und kranken Hunden ergeben. Dieser zumeist illegalen Einfuhr lässt sich nur durch entsprechende (verstärkte) Kontrollen und Sanktionen begegnen.

11.Werden Sie das Tierschutzgesetz dahingehend ändern, dass grundsätzlich nicht mehr die Rasse eines Hundes darüber entscheidet, ob eine Qualzucht vorliegt, sondern die tatsächliche Befindlichkeit einer Zuchtlinie?

Im Tierschutzgesetz ist lediglich die Ermächtigung vorgesehen, dass das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz per Verordnung bestimmen kann, dass das Züchten mit Wirbeltieren bestimmter Arten, Rassen und Linien zu verbieten oder zu beschränken sei, wenn erblich bedingte Verhaltensstörungen oder erblich bedingte Aggressionssteigerungen auftreten. Davon hat das Ministerium bekanntlich Gebrauch gemacht und die Zucht von Hunden der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire- Bullterrier, Bullterrier verboten. Insofern wäre die Verordnung zu verändern, da wir das allgemeine Zuchtverbot dieser Rassen aus den o.g. Gründen für nicht richtig erachten.

12. Werden Sie die Kommunen kraft Ihrer Gesetzgebungskompetenz für den Tierschutz in Zukunft dazu verpflichten, Tierheime aus öffentlichen Mitteln zu unterhalten, und Hundeauslaufgebiete einzurichten, um eine artgerechte Tierhaltung zu ermöglichen?

Die Tierheime sind nicht zuletzt durch die Bundes- und Landesgesetzgebung zur Gefahrhundehaltung in eine Überforderungssituation gebracht worden. Insofern gibt es eine unmittelbare Mitverantwortung des Bundes und der Länder für die Kosten der zwangsweise in den Tierheimen abgegebenen, eingezogenen oder ausgesetzten Hunde mit aufzukommen. Nicht zuletzt kann man auch aus der verfassungsrechtlichen Verankerung des Tierschutzes eine Unterstützung der Tierheime mit begründen. Im Übrigen könnte eine Hundesteuerreform (siehe oben) den Tierheimen zu Gute kommen, wenn eine entsprechende Zweckbindung der Mittel vorgesehen wird. Das gilt auch für die Einrichtung der Hundeauslaufgebiete.

13.Werden Sie dafür Sorge tragen, dass Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in Zukunft tatsächlich geahndet und auch mit einem Tierhaltungsverbot bis hin zu Freiheitsstrafen konsequent bestraft werden?

Unserer Meinung nach reicht es nicht aus, Gesetze "nur" zu erlassen. Um ihre Wirksamkeit zu garantieren, muss nicht zuletzt auch die Umsetzung, der Vollzug kontrolliert werden. Insofern sind selbstverständlich Verletzungen gegen das Tierschutzgesetz konsequent zu ahnden.

14. Werden Sie im Falle einer Regierungsbeteiligung die Kosten, die den Listenhund-Haltern entstanden sind (für Anmeldegebühren, Sachkunde- prüfung, Wesenstest, Plakette – je nach Bundesland zwischen 200 und 800 Euro pro Person), zurückerstatten?

Die PDS wird nicht in die Situation kommen, etwas rückerstatten zu können. Im Übrigen glauben wir nicht, dass es eine reale Chance dafür gibt, dass Hundehalter ihre Aufwendungen zurückerhalten, die sie auf Grund der gesetzlichen Regelungen für die Haltung ihrer Hunde tätigen mussten. Das würde als Erstes voraussetzen, dass die Gefahrhundeverordnungen als misslungene Vorschriften gewertet werden, die materiellen Schaden verursacht haben. Doch dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Ganz im Gegenteil. Alle bisherigen Einschätzungen der Landesinnenminister über die Wirksamkeit ihrer Verordnungen waren ausnahmslos Erfolgsbilanzen.

15. Werden Sie in Zukunft die für Bundesbedienstete reservierten Häuser der ehemaligen Alliierten für die Berliner Bevölkerung freigeben?

Die PDS hat keine Verfügungsgewalt über die Häuser ehemaliger Alliierter. Im Übrigen halten wir es für fragwürdig, ob es im Interesse der Hundehalter liegt, gewissermaßen gettoisiert zu werden. Die Bundesregierung plant ein so genanntes Antidiskriminierungsgesetz auf dessen Grundlage sich dann z.B. auch Hundehalter gegen den Nichtabschluss von Mietverträgen wenden könnten.

 
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