Seltsame Frage...
Ich arbeite ja mit ADHS-Kindern, die meisten von ihnen kommen ohne Ritalin aus, bei einigen ist es aber nötig, um überhaupt erst mit den Kindern arbeiten zu können, ohne Ritralin erreicht man die einfach nicht, da ist die Stunde fürn Pobbes und genausogut könnte man sich in die Ecke setzen und nen Tee trinken (oder noch besser, den Raum sicher gestalten und rausgehen, das wäre dann stressfreier
) - Ziel ist jedoch immer die Kinder medikamentenfrei zu bekommen!!
Sicher gab es auch früher Zappelphilipp und Co, die auch nicht behandelt wurden und "zurecht" kamen, früher gab es auch keine soziale Phobie, keine emototionalen Störungen und nix - sicher, die Kinder haben alle überlebt, sind alle groß geworden - aber auch wirklich glücklich?
Mir zerbricht es das Herz, wenn ich mir z.B. die Schilderungen meiner 80jährigen Nachbarin anhöre, die mit ihrer Tochter massivste Probleme hatte, die heute therapeutisch zumindest gelindert werden könnten - und nein, glücklich waren weder Mutter noch Kind!
Daher finde ich diese Argumentation wirklich... naja...
Die Existenz einer Krankheit, von der manche betroffen sind, anzuzweifeln finde ich beinahe respektlos - wenn jemand ein gebrochenes Bein hat, zweifelt auch niemand an, dass das Bein kaputt ist und die Person nicht richtig laufen kann - aber sobald der sichtbare Nachweis nicht offensichtlich ist, wird angezweifelt... (ist ja auch bei anderen psychischen Krankheiten so und macht es für die Betroffenen nicht leichter "ach, du hast Depressionen? Ja, mir geht es auch manchmal schlecht...")
Und wie gesagt, ich arbeite ja mit betroffenen Kindern, diese werden in der Therapie sehr individuell behandelt - trotzdem merkt man in gemischten Gruppen nicht nur Unterschiede bezüglich der Aufnahmefähigkeit, Temperament sondern leider auch im Sozialverhalten.
Diese Kinder kriegen oft Probleme mit anderen Kindern, weil sie eben in der Schule nerven - ja, die nerven wirklich!
Wir haben das Problem immer wieder - "Boah - mit XY will ich nicht in eine Gruppe, der/die nervt sooooo!"
Und dann kommt es eben zu Folgekrankheiten, Aggressionsprobleme, Sozialprobleme, Lernschwierigkeiten- das hängt alles zusammen - und behandeln muss man vorrangig erstmal die ADHS, dann lösen sich viele Probleme ganz von alleine.
Und diese Krankheit soll es nicht geben?
Bezüglich der Diagnose sind die Kriterien eigentlich realtiv eng gefasst und lassen nicht so viel Spielraum und wenn man sich das mal durchliest ist auch klar, dass es nicht um aufgeweckte herumtobende Kinder geht (
)
ABER sicher gibt es gute und schlechte Diagnostiker!
Wir haben hier in der Stadt eine Kinderärztin, bei der sich die Psychologen an der Uni die Haare raufen, angeblich diagnostiziert sie ADHS innerhalb von 2 Minuten, nachdem sie das Kind gesehen hat - DAS ist natürlich nicht Sinn und Zweck der Sache!
Bei guten Diagnostikern werden aber nicht nur Gespräche mit Eltern und Erziehern geführt sondern auch das Kind beobachtet, befragt und getestet - das ist ein ziemlich aufwendiges Verfahren, bei dem eben nicht einfach mal so drauflosdiagnostiziert wird.
Vielleicht sollte man also eher an den Diagnostikern zweifeln als an der Krankheit