Erwartet die Mehrheit der Hundebesitzer von ihren Hunden im Grunde, daß sie sich mit allen Hunden, die man so trifft, verstehen? :knuddel:
Nee, ich bestimmt nicht mehr.
Aber es wird hier oft von anderer Seite so getan, als sei das normal und selbstverständlich, dass die Hunde "sich verstehen" - wobei die das nach meiner Ansicht gar nicht immer tun. Da wird gemobbt, gedroht, dominiert und rumgezickt, während die Besitzer daneben stehen und der Ansicht sind, ihre Normalhunde "spielen", und währen freundlich zu jedermann.
Die können einfach ihre eigenen Hunde nicht lesen.
Wann empfinden wir eine Situation zwischen Hunden als bedrohlich, so daß wir eingreifen?
Spätestens, wenn das Fell fliegt. Ein Schnapper und kurzes Quietschen hier und da würden mich nicht aufregen, und auch "Protestgebell" nicht, aber wenn die sich richtig "in der Wolle haben" (was in dieser Form aber eigentlich nur ungebremst passieren kann, wenn die Hunde etwa im Spiel im Freilauf plötzlich in Konflikt geraten) - würde ich unterbrechen.
Da bei meinem Hund unbeeinflusste Hund-Hund-Interaktion NUR so aussehenn würde, hab ich gar nicht so viele Optionen.
Wie sieht es mit unserem Vertrauen in unsere Hunde aus, daß sie in der Lage sind, aggressive Konflikte selber zu lösen?
Traue ich manchen Hunden zu, aber gerade denen der "meiner tut nix"-Zivilisten-Fraktion eher nicht, weil die Hunde dazu gar nicht mehr kommen. Meiner kann's nicht, der dreht so ab, dass er kein Ende mehr findet.
Glauben wir, daß Hunde das nicht mehr können, ohne daß es zu Verletzungen Kommt oder spielen unsere Nerven nicht mit?
Würde nach meiner persönlichen Beobachtung sagen, letzteres. Das ist heut alles anders als zu der Zeit, als wir unsere ersten Hunde hatten. Ratzfatz hat man ne Klage auf dem Hals, wenn der Hund sich nicht nach dem Motto verhält: "Hunde soll man sehen, aber nicht hören".
Während die ganzen Hundgesetze mit dem darauf folgenden Hundeschulenboom immerhin ein Gutes hatten: Das Wissen über Hunde, und das Wissen über die nötige Erziehung usw. ist tatsächlich, wenn auch nicht ausreichend, doch insgesamt größer als in meiner Kindheit - ist folgendes Problem entstanden. Vor allem entsprechende Fernsehformate suggerieren, dass es eigentlich möglich ist, JEDEN Hund sozialverträglich und nett zu "machen", und zwar mit einem Minimum an Arbeitsaufwand.
Klappt das nicht, hat man einen Hund, der dieses Muster einfach nicht erfüllt, so wird zumindest in meiner Umgebung (wo das gehobene Bildungsbürgertum vorherrscht) im Prinzip erwartet, dass man sich bitte entfernt und andere Leute stört, bzw. den Hund halt "abgibt", wohin auch immer.
Ich zitiere mal:
"So etwas sind wir hier aber nicht gewöhnt."
"Warum nehmen Sie nicht das Auto und fahren mit dem Hund woanders hin zum Spazierengehen?"
"Aber müssen Sie mit dem Hund ausgerechnet im WALD spazierengehen?"
"Sie sollten mal zur Hundeschule gehen. - Zu einer RICHTIGEN Hundeschule."
"Unverantwortlich, sowas!" (Auf die Bemerkung, mein mit Halti und Leine gesicherter Hund, der neben der Straße saß, würde keine anderen hunde mögen, die Leute sollten bitte ihren unangeleinten Dackel zu sich rufen oder wenigstens auf ihrer Straßenseite bleiben.)
(Voll beleidigt
"Mein Hund tut aber Ihrem doch gar nichts."
(Heute würde ich dazu sagen: "Nehmen Sie's nicht persönlich, die anderen mag er auch nicht!"
)
"Datt is doch nich' normal, wie der sich aufführt. Das könn' Se mir aber nich' erzählen!" (Ich hatte gar nicht die Absicht.)
So - um es mal ganz klar zu sagen, es gibt auch andere Leute hier, und gar nicht so wenige. Und je länger wir hier wohnen, und je mehr Fortschritte der Hund macht, umso weniger blöde Bemerkungen gibt es noch.
Aber ich denke, das zeigt schon ganz gut, was für Erwartungen man als Hundebesitzer, auch von anderen Hundebesitzern aus - ausgesetzt ist.
Was auch immer wieder ein Problem ist: Die Leute können nicht zwischen sich und ihrem Hund unterscheiden. Oder zwischen mir und meinem Hund. Oder Ihrem und meinem Hund.
Kriegen sich die Hunde in die Wolle, nehmen Sie es persönlich. Hört ihr Hund nicht, weil er sich die Show ansehen will, die meiner abzieht, ist es natürlich meine Schuld, dass der Hund nicht mehr hört, und ich werd noch angemotzt, ich solle mein "blödes Vieh" entfernen. - Alles eigentlich nur unangemessene Stressreaktionen, wo die Besitzer keinen Deut besser oder souveräner sind als die Hunde. (Also, auch da wieder: Ja, sind die Nerven).
Und allgemein ist es halt so, dass man bei solchen Gelegenheiten ECHT Probleme bekommen kann, weil die Leute zwar einerseits für ihre Hunde haften müssen, andererseits aber überhaupt keinen Bock haben, das zu tun, vor allem, wenn die Ausgangslage nicht ganz klar ist.
Ich sag nur: Hund A pöbelt und rempelt, Hund B beißt kraftvoll zu. Du kannst wetten, dass man in 5 von 6 Fällen einen Anwalt brauchen wird, damit Besitzer B die TA-Rechnung bezahlt, obwohl er das eigentlich muss, von wegen der Gefährdungshaftung.
Das sind lauter so Sachen, auf die man eigentlich verzichten kann. Dazu kommt, dass wie beim Autofahren immer "die anderen" Schuld sind, und bald ist jeder in so ner verzerrten Stimmung, das solche Zwischenfälle immer sofort superdramatisch sind und "eigentlich gar nicht mehr gehen".
Das macht die Hundehaltung durchaus nicht einfacher.
Keine Ahnung, wie man das lösen soll. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und bezieht sich durchaus nicht nur auf die Hunde, wenn du mich fragst.
Liebe Grüße,
Lektoratte