Ich finde übrigens auch, dass Crabat Recht hat.
Ich bin mal in mich gegangen, und glaube, dass eine mehrheitlich sachliche Diskussion hier aus verschiedenen Gründen schlicht unmöglich ist - und auch vermutlich zu viel verlangt wäre.
Das ist nicht als Vorwurf gemeint, sondern als Beschreibung der Umstände.
Ich werde mich nicht für meinen indirekten Vergleich entschuldigen, im Grunde wären Einwände gegen eine bestimmte Lesart der Ereignisse ebenso wenig erwünscht wie das Einfangen der Hunde durch irgendwelche Passanten vonseiten der anwesenden Polizisten.
Das Gefühl habe ich immer noch.
Ich verstehe es aber jetzt - vielleicht - besser.
Zu dem ganzen Hickhack a la: "Der Halter ist ein Asi, der hätte, sollte, müsste, hätte NIEMALS... hätte aber wissen müssen" habe ich mich bisher nicht geäußert.
Ich glaube aber, dass sich hier gerade so etwas wie ein "Generationenkonflikt" äußert. Den man übrigens gerade hier im Forum öfter beobachtet.
Die "Kämpfer der ersten Stunde", diejenigen, die die Umbrüche 2000 am eigenen Leib erfahren haben, die kriminalisiert wurden, deren Hunde teilweise getötet wurden - und die dann mit den Irrungen, Wirrungen und Veränderungen der Hundegesetze "aufgewachsen" sind, alle ihre noch so seltsamen Auswüchse mitgemacht haben - stehen auf der einen Seite.
Auf der anderen Seite stehen die, die etwas später dazugekommen sind, und für die die Hundegesetze etwas sind wie alle anderen Gesetze auch. Man hält sich dran, ja klar, zumindest normalerweise, man hat einen gewissen Spielraum... und man ahnt nicht wirklich, wie es aussieht, wenn dieser Spielraum an sein Ende kommt, oder das Gesetz voll ausgeschöpft wird.
BIS ES DANN PASSIERT.
Dann ertönt regelmäßig ein Aufschrei der "Veteranen" und der Tierschutzprofis, das hätte man aber wissen müssen, und jeder Hundehalter müsse selbstverständlich die Hundegesetze für alle Hunde, aber speziell für seine, bis ins Detail kennen.
Muss er?
Wirklich?
Die Alltagspraxis sieht einfach anders aus. Punkt. Und das nicht, weil alle, die es anders handhaben, Asis, faul, dumm oder doof sind, meinen, sie stünden über dem Gesetz, oder seine zu bequem. Sondern weil sich normalerweise jeder nur so weit mit irgendwas beschäftigt, wie es ihn im Alltag betrifft. Das ist menschlich und normal, und solang man durch die Einführung eines Gesetzes nicht selbst mal traumatisiert und stark betroffen wurd - und viele jüngere Hundehalter wurden das eben nicht... glaubt man auch nicht, wie weit es einen betrifft.
Und nein, selbst wenn die Realität so aussieht, dass Hunde bestimmter Rassen dann überdurchschnittlich oft getötet werden, ist man damit noch kein schlechter Halter.
Und wenn man die Hunde ganz normal hält, nicht übermäßig fahrlässig (also hinter verschlossener Türe, zB) - ist man auch kein schlechter Halter und nicht sofort ein Asi, nur weil man selbst noch kein Schützengrabentrauma hat.
Sicher trifft den Hundehalter in diesem Fall eine Mitverantwortung dafür, dass es überhaupt zu dem Vorfall gekommen ist. Aber keine große, und sie wiegt auch das Verhalten der Polizisten nicht auf. Nicht der Halter hat die Hunde erschossen, sondern die Polizisten. Nicht der Halter hat das Tierheim abbestellt, sondern die Polizisten.
Und nicht der Halter hat absichtlich seine Hunde draußen herumlaufen lassen, sondern ein ansonsten unbeteiligter Dritter hat dies verursacht.
Darüber zumindest muss man doch gar nicht diskutieren!
Ich habe aber den Eindruck - und das ist wiederum nicht als Vorwurf gemeint, sondern als wertfreie Feststellung - dass einige der hier Mitschreibenden gerade aktiv ein 14 Jahre altes Trauma bearbeiten. Ob der Anlass dazu passt oder nicht (vermutlich passt er schon zumindest ein wenig), ist egal, er ist geeignet, und das musste offensichtlich raus.
Auch, weil man es damals als Betroffener vielleicht nicht für sich abschließen konnte, da es ja wenig Verständnis in der Gesellschaft gab. Was jetzt zumindest im Internet anders ist.
Darum ist es aber glaube ich relativ sinnlos und führt zu nichts, sachlich über diesen Vorfall diskutieren zu wollen. Weil die Betroffenen von diesen Hunden und dem Besitzer sprechen, aber sich und ihre Hunde meinen.
Und darum, je nach Sichtweise, eine ganz bestimtme Haltung einnehmen, die sie nicht verlassen könnten, auch wenn sie es wollten.
Für die einen ist es aus diesem Grund anscheinend unheimlich wichtig, dass der Besitzer ein Asi war, und sich verantwortungslos verhalten hat. Fast beschwörend wird dabei immer wiederholt, dass die eigenen Hunde ja nie alleine wären, man sie immer festungsartig sichert, vor Angst fast umkommt, wenn sie mal weg sind, denn man liest, hört, weiß ja selbst so viel... und wer das nicht tut, handelt verantwortungslos.
Warum? - Ich vermute, weil man sich so distanzieren und sich irgendwo, irgendwie an die Hoffnung klammern kann, die eigenen Sicherheitsmaßnahmen würden ausreichen, und als verantwortungsvoller Halter bliebe man von solchen schrecklichen Ereignissen verschont.
Natürlich wünscht sich das jeder. Und auch ich wünsche niemandem etwas anderes. Ich finde es höchst verständlich, so etwas für sich und seine Hunde nicht zu wollen!
Aber dass man einfach auch mal Pech haben kann, ohne eine Vollgraupe zu sein, ist eine Tatsache.
Und es ist halt wie gesagt die zu diskutierende Frage, ob wirklich jeder mit einem Hund einer bestimmten Rasse derartige Sicherheitsmaßnahmen in sein ganz normales Verhaltensrepertoire aufnehmen muss, um kein "schlechter Halter" zu sein.
Die andere Gruppe sieht die getöten Hunde im Video, sieht darin die eigenen Hunde, kann ebenso wenig mehr schlafen und solidarisiert sich spontan und völlig unkritisch mit dem Halter. Da "muss" die Polizei völlig willkürklich, rassistisch und schießgeil handeln, von der Öffentlichkeit legitimiert, weil es damals eben auch oftmals so war, und das eigene zu bearbeitende Bild erfüllt werden muss.
Bitte jetzt nicht sofort schäumend aufspringen... ich sage
nicht, dass die Polizisten sich in diesem Fall nicht genau so verhalten haben. Das kann ich schlicht nicht beurteilen, und zumindest einiges an der ganzen Geschichte erscheint mir von außen als
höchst seltsam und fragwürdig.
Aber man muss als Unbeteiligter eigentlich beide Seiten ansehen können, ohne gleich der Sympathie für die eine Seite beschuldigt zu werden, nur weil man nicht gewillt ist, denselben Blickwinkel wie die meisten anderen einzunehmen.
Und ohne dezent lächerlich gemacht zu werden, weil man nicht gewillt ist, mit dem Strom zu schwimmen und sofort ins "Das haben die absichtlich gemacht, und
nur, um Schießen zu können!"-Horn zu tuten. Sondern vielleicht etwas später.
Und ich finde nicht, dass sich irgendeiner hier, der das tut, "entschuldigen" müsste, wenn herauskommt, dass die Polizisten doch ausschließlich schießwütige Irre waren, die genau wussten, dass von den Hunden keine Gefahr ausging, und sie nur getötet haben, weil sie endlich die Chance dazu hatten.
Ich gebe zu, ich wäre ehrlich entsetzt, wenn es so wäre.
Aber entschuldigen?
Bei wem denn?
Beim Halter? - Ich habe nicht gesagt, er sei ein Asi. Ich finde bei meinem derzetigen Kenntnisstand nicht mal grundsätzlich, dass er sich "besonders" verantwortungslos verhalten hat, oder mit jeder Faser seines Hirns hätte wissen müssen, was ihm oder seinen Hunden blüht, wenn er nicht dies oder das tut.
Er tut mir schrecklich leid, da ich mir recht sicher bin, dass er das nicht gewollt und auch nicht billigend in Kauf genommen hat.
Bei allen anderen, die anderer Meinung waren?
Warum? - Die müssen sich für ihre Meinung doch auch nicht bei mir entschuldigen!
Dass ich jemandem dadurch, dass ich seine Meinung derzeit nicht teile, so nahe trete, dass ich mich dafür "entschuldigen" müsste, sehe ich echt nicht. Und finde dieses Ansinnen (von gugl, aber das gilt jetzt auch ganz allgemein gesprochen) für völlig überzogen.
Ich
kann das Weltbild der "Erstkämpfer" nicht teilen - ich habe nicht das erlebt, was sie erlebt haben. Und ich bin sehr dankbar dafür! Es steckt keine böse Absicht dahinter, dass ich die Welt etwas anders sehe.
Und ich denke, das ist bei ganz vielen Menschen so.
Es ist aber auch nicht wichtig, wer nun "Recht" hat - je nach den Umständen können das
beide Seiten sein.
Die Polizisten können durchaus gehandelt haben, wie sie es taten, weil ihre Ausbildung noch von den Grundsätzen von 2000 geprägt ist. Sie können auch den Befehl dazu von jemandem erhalten haben, der noch so denkt.
Ich sehe aber einen entscheidenden Unterschied zu damals: Im Moment bricht keine neue "Kampfhundhysterie" aus - sondern der Shitstorm richtet sich gegen die
andere Seite.
Wie gut oder schlecht das nun ist... wird sich zeigen. Es ist aber jedenfalls fundamental anders als 2000.
Und das an sich ist eigentlich etwas sehr Hoffnungsvolles. Oder
wäre es evtl., wenn die
Form des Protestes auf FB nicht anscheinend unter aller Kanone wäre.
Und nu isses passiert, und ich habe den Faden auch verloren.
Edit: und auch beim nochmal Lesen nicht wiedergefunden.
Eigentlich wollte ich nur schreiben, weswegen meiner Meinung nach die Diskussion verläuft, wie sie verläuft. Und warum es sinnlos ist, sich deswegen Vorwürfe zu machen oder Entschuldigungen von der jeweils anderen Seite zu verlangen.
Und vielleicht vergesst ihr einfach den einen oder anderen irrelevanten Gedankensprung.