L
la loca
... wurde gelöscht.
Gotha/Thüringen, 23.2.02
Die Wohnungstür öffnet sie nie alleine. Jedenfalls nicht, wenn Besuch kommt. Sie hat ein festes Ritual, ihre besseren Hälften wollen das so: Wenn es klingelt, schnellen drei Ohrenpaare in die Höhe, Karin Kaestner geht zur Tür; hinter ihr, wie auf eine Perlenschnur der Größe nach aufgefädelt, die Hunde Hummel, Rehlein und Biene. Manchmal alle durcheinander. Biene meistens als letzte.
Karin Kaestner ist 78 und seit dreizehn Jahren verwitwet. Die ehemalige Fremdsprachensekretärin wäre einsam ohne ihre Hunde und ihren Schildpatt-Kater mit den seetanggrünen Augen. Sie ist stark herzschlaggefährdet, muss oft ins Krankenhaus. Alleine kann sie ihre vierbeinigen Lebensgefährten nicht mehr betreuen, die letzte große Liebe ihres Lebens.
Mit Liebe allein ist es jedoch nicht getan. Gerade alte Menschen sind mit der Betreuung ihrer Tiere überfordert, wenn sie keine Hilfe bekommen. Der Gothaer Tierschutzverein tritt seit einiger Zeit als Helfershelfer auf, um drei Probleme gleichzeitig zu lösen: das der Tiere, das der Menschen und sein eigenes.
"Das Tierheim ist schon ziemlich voll", sagt Bärbel Bärwolf vom Tierschutzverein. "Aber wir wollen nicht Tiere von Menschen trennen, bei denen sie nach einem anfangs verkorksten Leben doch noch ein Zuhause gefunden haben. Und Menschen nicht von einem Tier, an dem sie hängen."
Seit ein paar Monaten sorgen zehn Betreuer dafür, dass die Tiere bei ihren Besitzern bleiben können und nicht ins Heim gegeben werden müssen. Sie arbeiten ehrenamtlich, nicht selten übernehmen sie die Kosten für Impfungen, Futter und Autofahrten. "Ich habe in diesem Monat ungefähr 600 Kilometer verfahren", schätzt Ingrid Meister, eine von ihnen.
Geldspenden reichen nicht aus, um die Betreuung zu finanzieren. Vor einem halben Jahr nannte man die Hilfe, die ja ohnehin schon geleistet wurde, "Projekt" und bewarb sich um den mit 5000 Euro dotierten Förderpreis Ehrenamt des Freistaats Thüringen. Um die Chancen zu erhöhen, besorgte Bärbel Bärwolf ein Empfehlungsschreiben vom Landratsamt. Dort heißt es in vagem Beamtendeutsch, man halte das Engagement für bürgernah.
"Es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass jemand für die Tiere da ist, wenn´ s mal zu Ende geht." Sagt Karin Kaestner. Es sei schon komisch, aber sie habe schon immer die "Kümmerlinge" am liebsten gehabt, die schwachen oder hässlichen Tiere. "Die, die sonst keiner wollte. Die ich jetzt habe, sind meine Sozialfälle Nummer 14, 15 und 16." Warum? Sie zuckt mit den Schultern, lächelt sanft, verlegen fast. Sie studierte in Heidelberg, kam zurück und kümmerte sich um ihre Eltern.
Bienes Vergangenheit. Bei dem Gedanken an sie weiten sich Kaestners Pupillen, die Augen funkeln hinter den Brillengläsern. Sie holt tief Luft, bevor sie die Geschichte erzählen kann. Kinder haben Biene entdeckt. Der Zwergpinscher wurde als Welpe von seiner Erstbesitzerin auf ein Feld gebracht und dort "in eine Hecke geklatscht, weil er ´mal auf den Boden gepieschert hat". Die Platzwunde auf dem Rücken wurde genäht, das ausgelaufene linke Auge ist erloschen, matt wie eine beschlagene Glasscheibe. Dann reicht Karin Kaestner eine Antwort nach: "Vielleicht sind wir gleich, meine Hunde und ich."
saludos jeanny y la loca
[email protected]
Die Wohnungstür öffnet sie nie alleine. Jedenfalls nicht, wenn Besuch kommt. Sie hat ein festes Ritual, ihre besseren Hälften wollen das so: Wenn es klingelt, schnellen drei Ohrenpaare in die Höhe, Karin Kaestner geht zur Tür; hinter ihr, wie auf eine Perlenschnur der Größe nach aufgefädelt, die Hunde Hummel, Rehlein und Biene. Manchmal alle durcheinander. Biene meistens als letzte.
Karin Kaestner ist 78 und seit dreizehn Jahren verwitwet. Die ehemalige Fremdsprachensekretärin wäre einsam ohne ihre Hunde und ihren Schildpatt-Kater mit den seetanggrünen Augen. Sie ist stark herzschlaggefährdet, muss oft ins Krankenhaus. Alleine kann sie ihre vierbeinigen Lebensgefährten nicht mehr betreuen, die letzte große Liebe ihres Lebens.
Mit Liebe allein ist es jedoch nicht getan. Gerade alte Menschen sind mit der Betreuung ihrer Tiere überfordert, wenn sie keine Hilfe bekommen. Der Gothaer Tierschutzverein tritt seit einiger Zeit als Helfershelfer auf, um drei Probleme gleichzeitig zu lösen: das der Tiere, das der Menschen und sein eigenes.
"Das Tierheim ist schon ziemlich voll", sagt Bärbel Bärwolf vom Tierschutzverein. "Aber wir wollen nicht Tiere von Menschen trennen, bei denen sie nach einem anfangs verkorksten Leben doch noch ein Zuhause gefunden haben. Und Menschen nicht von einem Tier, an dem sie hängen."
Seit ein paar Monaten sorgen zehn Betreuer dafür, dass die Tiere bei ihren Besitzern bleiben können und nicht ins Heim gegeben werden müssen. Sie arbeiten ehrenamtlich, nicht selten übernehmen sie die Kosten für Impfungen, Futter und Autofahrten. "Ich habe in diesem Monat ungefähr 600 Kilometer verfahren", schätzt Ingrid Meister, eine von ihnen.
Geldspenden reichen nicht aus, um die Betreuung zu finanzieren. Vor einem halben Jahr nannte man die Hilfe, die ja ohnehin schon geleistet wurde, "Projekt" und bewarb sich um den mit 5000 Euro dotierten Förderpreis Ehrenamt des Freistaats Thüringen. Um die Chancen zu erhöhen, besorgte Bärbel Bärwolf ein Empfehlungsschreiben vom Landratsamt. Dort heißt es in vagem Beamtendeutsch, man halte das Engagement für bürgernah.
"Es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass jemand für die Tiere da ist, wenn´ s mal zu Ende geht." Sagt Karin Kaestner. Es sei schon komisch, aber sie habe schon immer die "Kümmerlinge" am liebsten gehabt, die schwachen oder hässlichen Tiere. "Die, die sonst keiner wollte. Die ich jetzt habe, sind meine Sozialfälle Nummer 14, 15 und 16." Warum? Sie zuckt mit den Schultern, lächelt sanft, verlegen fast. Sie studierte in Heidelberg, kam zurück und kümmerte sich um ihre Eltern.
Bienes Vergangenheit. Bei dem Gedanken an sie weiten sich Kaestners Pupillen, die Augen funkeln hinter den Brillengläsern. Sie holt tief Luft, bevor sie die Geschichte erzählen kann. Kinder haben Biene entdeckt. Der Zwergpinscher wurde als Welpe von seiner Erstbesitzerin auf ein Feld gebracht und dort "in eine Hecke geklatscht, weil er ´mal auf den Boden gepieschert hat". Die Platzwunde auf dem Rücken wurde genäht, das ausgelaufene linke Auge ist erloschen, matt wie eine beschlagene Glasscheibe. Dann reicht Karin Kaestner eine Antwort nach: "Vielleicht sind wir gleich, meine Hunde und ich."
saludos jeanny y la loca
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