Hallo,
@Lektorratte,
ich bin froh, dass Du nicht dieser Hundebesitzer bist, bei dem Hund habe ich den Eindruck, der war auch nicht immer so. Mein Mann hat ihn mal zur Rede gestellt, weil der Typ den Hund schlug als mein Mann vorbeifuhr und der Hund einen Satz aufs Auto zu machte. Aber dieser Typ meinte nur lapidar, bei dem Hund würde nichts anderes helfen, er wäre schon in einigen Hundeschulen gewesen. (wahrscheinlich alles die falschen)
Das Problem haben leider verhältnismäßig viele Dobermänner (und auch ihre Besitzer)
Nicht, dass ich hier voll der Experte wäre - mir reicht das Exemplar, das ich habe
- aber grad hier im Forum hab ich auch schon einige Dobibesitzer getroffen, deren Probleme gar nicht so viel anders ausschauen als meine oder die von dem Mann da.
Ich glaube, das Grundproblem ist, dass Dobis von Natur aus eine niedrige Reizschwelle haben, also leicht zu beunruhigen sind. Für nen Wachhund ist das gut, für nen stabilen Familienhund eher weniger, da viel Dobis doch eben etwas nervöser sind.
Da sie allerdings früher Wach- und Schutzhunde waren, reagieren sie auf "gefühlte Bedrohungen" dann eher offensiv. Nicht alle natürlich, aber eben einige.
Folge:
Wenn sie nicht schon als Welpen langsam aber umfassend mit vielen Dingen und vor allem anderen Hunden bekannt gemacht werden - dann hat man nachher so einen Stressbolzen an der Leine, der nur nervös in der Gegend rumhibbelt, gar nicht weiß, wohin er zuerst gucken soll, und alles, was ihn zusehr aufregt, verbellt oder sogar angeht - leider oft auch fremde Artgenossen.
Das Hinterherjagen hinter Autos ist eine typische Übersprunghandlung - die meisten Dobis haben Jagdtrieb, und weil der Hund draußen ständig unter Strom steht und nicht mal weiß, wohin mit sich, verlagert er den ganzen Stress auf solche Stunts.
Meist kommt das auch nicht regelmäßig vor, sondern völlig unvermittelt - aus einem "Triebstau" heraus. Mit der Leine schlagen hilft da übrigens gar nicht, da der Hund dieses Verhalten nicht direkt "absichtlich" zeigt und darum auch nicht bewusst steuern kann. Er macht es, wenn ihm das Hirn überläuft. Das einzige, wozu das Leine schlagen gut ist, ist kurzfristiger Stressabbau des Hundeführers - allerdings löst es wie gesagt das eigentliche Problem nicht (sondern verschlimmert es unter Umständen)
Ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen, dass das "Spazierengehen" mit so einem Hund alles andere als entspannend ist - als Besitzer ist man ganz schnell genauso gestresst und nervös wie der eigene Hund. Und: man hat das zwei, dreimal am Tag. Unter Umständen, wenn der Dobi zu den Chefneurotikern gehört, auch noch öfter, wenn er (wie unserer zu Anfang) auch hochgeht, wenn vor dem Haus oder irgendwie in unbestimmter Entfernung ein Hund bellt.
Und damit wären wir beim Problem Nummer zwei: Die allerwenigsten Trainer bzw. Hundeschulen kennen sich mit Dobermännern aus - bzw. so gut aus, um einem Dobermann mit rassetypischen Problemen gerecht zu werden. Ich hätte das früher auch nie geglaubt, aber die einzigen Leute, die mir in der allerschlimmsten Zeit wirklich weiterhelfen konnten, waren solche, die selbst schon jahrelang Dobis hatten.
Alle anderen, die mit einem robusten: "Ein Dobi ist ein Hund wie jeder andere und lernt wie jeder andere" an die Sache herangegangen sind, haben die Situation eher verschlimmert. Und zwar, indem der Hund zu sehr unter Druck gesetzt wurde, bedrängt wurde, kurz: Noch mehr gestresst wurde.
Ich weiß, das liest sich jetzt wie ein Rasseklischeebericht, oder so, aber es stimmt: Es gibt zwar einige Dobis, die etwas "Gegendruck" brauchen, also Konsequenz, ne klare Linie, und Stränge, über die sie auf gar keinen Fall schlagen dürfen - aber das ist nicht dasselbe wie "dem Hund Druck machen" - das macht der meist schon von ganz allein, dafür braucht er keinen Hundetrainer.
Von daher mag dein Dobibesitzer gar nicht so Unrecht haben: Nach meiner ganz persönlichen Erfahrung ist fast jede Hundeschule für einen Dobi mit ernsthaften Verhaltensproblemen "die falsche".
Falls du den nochmal treffen solltest:
Vielleicht kann er sich mal mit Herrn Zahn von der Dobermann-Hilfe Dortmund in Verbindung setzen. Ob der selbst regulär auch Training macht, weiß ich nicht (mir hatte er es mal angeboten, falls ich hier niemanden geeigneten finde, der mit weithelfen kann), aber auf jeden Fall fand ich schon das Telefongespräch mit ihm sehr hilfreich. - Und vielleicht würde er sich ja den Hund mal ansehen und seine Meinung dazu sagen. Mit problembeladenen Dobis hat er jedenfalls reichlich Erfahrung.
Mail:
kontakt@dobermann-hilfe.de
Sie hat besonders mit großen schwarzen Hunden Probleme, da steckt sicherlich sehr viel schlechte Erfahrung hinter.
Das Problem: "Großer böser schwarzer Hund" ist sehr häufig, auch bei Hunden, die nachweislich gar keine schlechte Erfahrung in dieser Hinsicht gemacht haben, aber allgemein in ihrem Sozialverhalten nicht ganz sicher sind.
Mir hat grad neulich jemand erzählt, dass diese Hunde für Artgenossen deutlich besser zu sehen und von der Umgebung abzugrenzen sind als Hunde in anderen Farben. Dadurch wirken sie "näher" und auf den Hund subjektiv bedrohlicher, weil sich ihre Körpersprache auch schon auf größere Entfernung besser lesen lässt.
Ich bin schon stolz, dass Ruda in knapp 5 Monaten, die sie bei uns ist, schon sehr viel gelernt hat, als sie kam, konnte sie nichts, jetz kann sie schon das kleine Hunde-Einmaleins. Das große dauert halt etwas länger.
Ich finde auch, da kannst du stolz sein. Ich find's super. Auch, dass du wegen der anderen Hunde so geduldig mit ihr bist. Ich denke, das wird sich deutlich bessern, sobald sie "richtig" bei euch angekommen ist. - Das dauert oft etwas länger, als mensch so glaubt. Grade bei Hunden, die schon oft hin und hergereicht worden sind. (Weiß ja nicht, wie es bei ihr so war). Wenn die nie länger als 6 Monate in ihrem Leben wo waren (wie unserer) warten die vermutlich bei jedem "Wohnungswechsel" erstmal nur darauf, dass sie wieder abgegeben werden und wundern sich anfangs höchstens, warum es noch nicht wieder passiert ist.
Liebe Grüße,
Lektoratte