WHeimann
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"Ich werde oft gebissen - und die Hunde fallen durch"
Wesenstest überprüft Kampfhunde in Hessen auf Aggressivität / Rund ein Zehntel der Tiere scheitert
Von dpa-Korrespondentin Nicolette Otto
Frankfurt. In Wesenstests müssen nach der hessischen Kampfhunde-Verordnung 15 Hunderassen auf ihre Aggressivität hin überprüft werden - doch ein bestandener Test ist nach Ansicht von Experten noch lange kein Freibrief für einen sorglosen Umgang mit Kampfhunden. Erst am vergangenen Mittwoch wurde in Wiesbaden ein vierjähriges Mädchen von einem zuvor als ungefährlich beurteilten Pitbull angefallen und ins Gesicht gebissen. "Ein Wesenstest ist nur eine Momentaufnahme, das Verhalten in jeder Situation kann nicht geprüft werden", sagt Perdita Lübbe, Besitzerin einer Hunde-Schule in der Nähe von Darmstadt. Eine Garantie dafür, dass ein Hund nicht beiße, könne kein noch so guter Test liefern.
"Es kann sein, dass ein Prüfer sehr dominant ist und den Hund damit beeindruckt", beschreibt die Hunde-Trainerin eine Schwachstelle des Wesenstests. Der Ablauf werde trotz Richtlinien von den Prüfern individuell gestaltet. Sehr aggressive Hunde, denen ihre Besitzer das Beißen anerzogen haben, würden von den Prüfern erkannt und aus dem Verkehr gezogen. Doch ein beim Wesenstest liebes und verträgliches Tier kann vom Hundehalter nach bestandener Prüfung zur bösartigen Kampfmaschine trainiert werden. "Niemand kann vermeiden, dass der Halter seinen Hund danach scharf macht", hieß es auch beim hessischen Innenministerium.
"Das sind alles Lebewesen, es kommt immer auf die Situation an", beurteilt auch Wesensprüfer Horst Hieronymus die Zuverlässigkeit der Tests. Er trifft sich für die Prüfungen, die etwa eine Stunde dauern, mit den Hundehaltern und ihren Tieren in der Innenstadt, schlendert mit ihnen durch Fußgängerzonen und Kaufhäuser. Schreiende Kinder, laute Geräusche, fremde Menschen und Hunde - das Tier muss Stress-Situationen gelassen über sich ergehen lassen.
Der für den Prüfer gefährlichste Teil: "Der Hund wird bedroht, ich gehe auf ihn zu, als ob ich ihn schlagen wollte", beschreibt der Hunde-Experte. Hier dürfe der Hund aggressives Verhalten zeigen, seinen Angreifer anbellen und sogar versuchen, ihn zu beißen. Doch innerhalb weniger Minuten müsse das Tier sich wieder so weit beruhigt haben, dass der Prüfer ihn anfassen könne. Beißt der Hund zu, hat er den Test nicht bestanden. "Ich bin sehr oft gebissen worden - und die Hunde sind durchgefallen", sagt Hieronymus. "Es ist eine harte Entscheidung, aber der Mensch geht vor."
In 223 Fällen haben die Hunde-Prüfer bislang das Urteil "durchgefallen" gefällt. Rund 2950 Tiere haben bestanden. Wie viele der "wesensguten" Hunde danach zugebissen haben, dazu gibt es keine Statistiken. 107 Menschen wurden nach Angaben des Innenministeriums vom August des vergangenen Jahres bis Ende Februar 2001 von Hunden verletzt. Sechs Menschen erlitten schwere Verletzungen. Doch nicht nur Vorfälle mit Kampfhunden hat das Ministerium registriert. Insgesamt 40 Hunderassen - vom Dackel- Mischling über den American Staffordshire Terrier bis hin zum Deutschen Schäferhund - haben zugeschnappt.
Für 15 Hunderassen gilt die Wesenstest-Regelung der hessischen Kampfhunde-Verordnung, zwölf Rassen gelten nach bestandenem Test als ungefährlich und unterliegen dann nicht einmal mehr einem Leinenzwang. Nur American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier müssen nach wie vor an der Leine bleiben. Der bestandene Wesenstest dürfe in keinem Fall als Freibrief missverstanden werden, den Hund überall ungesichert laufen zu lassen, forderte Lübbe. Viele Hundehalter würden ihr Tier gar nicht gut genug kennen, um seine Reaktionen abschätzen zu können. Um Unfälle zu vermeiden, komme es auf "den gut erzogenen Hund und den verantwortungsbewussten Besitzer" an.
© Mannheimer Morgen – 12.04.2001
WHeimann
Hundeschule des Tierschutzverein Iserlohn e.V.
Jetzt mit AWARD-Vergabe
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"Ich werde oft gebissen - und die Hunde fallen durch"
Wesenstest überprüft Kampfhunde in Hessen auf Aggressivität / Rund ein Zehntel der Tiere scheitert
Von dpa-Korrespondentin Nicolette Otto
Frankfurt. In Wesenstests müssen nach der hessischen Kampfhunde-Verordnung 15 Hunderassen auf ihre Aggressivität hin überprüft werden - doch ein bestandener Test ist nach Ansicht von Experten noch lange kein Freibrief für einen sorglosen Umgang mit Kampfhunden. Erst am vergangenen Mittwoch wurde in Wiesbaden ein vierjähriges Mädchen von einem zuvor als ungefährlich beurteilten Pitbull angefallen und ins Gesicht gebissen. "Ein Wesenstest ist nur eine Momentaufnahme, das Verhalten in jeder Situation kann nicht geprüft werden", sagt Perdita Lübbe, Besitzerin einer Hunde-Schule in der Nähe von Darmstadt. Eine Garantie dafür, dass ein Hund nicht beiße, könne kein noch so guter Test liefern.
"Es kann sein, dass ein Prüfer sehr dominant ist und den Hund damit beeindruckt", beschreibt die Hunde-Trainerin eine Schwachstelle des Wesenstests. Der Ablauf werde trotz Richtlinien von den Prüfern individuell gestaltet. Sehr aggressive Hunde, denen ihre Besitzer das Beißen anerzogen haben, würden von den Prüfern erkannt und aus dem Verkehr gezogen. Doch ein beim Wesenstest liebes und verträgliches Tier kann vom Hundehalter nach bestandener Prüfung zur bösartigen Kampfmaschine trainiert werden. "Niemand kann vermeiden, dass der Halter seinen Hund danach scharf macht", hieß es auch beim hessischen Innenministerium.
"Das sind alles Lebewesen, es kommt immer auf die Situation an", beurteilt auch Wesensprüfer Horst Hieronymus die Zuverlässigkeit der Tests. Er trifft sich für die Prüfungen, die etwa eine Stunde dauern, mit den Hundehaltern und ihren Tieren in der Innenstadt, schlendert mit ihnen durch Fußgängerzonen und Kaufhäuser. Schreiende Kinder, laute Geräusche, fremde Menschen und Hunde - das Tier muss Stress-Situationen gelassen über sich ergehen lassen.
Der für den Prüfer gefährlichste Teil: "Der Hund wird bedroht, ich gehe auf ihn zu, als ob ich ihn schlagen wollte", beschreibt der Hunde-Experte. Hier dürfe der Hund aggressives Verhalten zeigen, seinen Angreifer anbellen und sogar versuchen, ihn zu beißen. Doch innerhalb weniger Minuten müsse das Tier sich wieder so weit beruhigt haben, dass der Prüfer ihn anfassen könne. Beißt der Hund zu, hat er den Test nicht bestanden. "Ich bin sehr oft gebissen worden - und die Hunde sind durchgefallen", sagt Hieronymus. "Es ist eine harte Entscheidung, aber der Mensch geht vor."
In 223 Fällen haben die Hunde-Prüfer bislang das Urteil "durchgefallen" gefällt. Rund 2950 Tiere haben bestanden. Wie viele der "wesensguten" Hunde danach zugebissen haben, dazu gibt es keine Statistiken. 107 Menschen wurden nach Angaben des Innenministeriums vom August des vergangenen Jahres bis Ende Februar 2001 von Hunden verletzt. Sechs Menschen erlitten schwere Verletzungen. Doch nicht nur Vorfälle mit Kampfhunden hat das Ministerium registriert. Insgesamt 40 Hunderassen - vom Dackel- Mischling über den American Staffordshire Terrier bis hin zum Deutschen Schäferhund - haben zugeschnappt.
Für 15 Hunderassen gilt die Wesenstest-Regelung der hessischen Kampfhunde-Verordnung, zwölf Rassen gelten nach bestandenem Test als ungefährlich und unterliegen dann nicht einmal mehr einem Leinenzwang. Nur American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier müssen nach wie vor an der Leine bleiben. Der bestandene Wesenstest dürfe in keinem Fall als Freibrief missverstanden werden, den Hund überall ungesichert laufen zu lassen, forderte Lübbe. Viele Hundehalter würden ihr Tier gar nicht gut genug kennen, um seine Reaktionen abschätzen zu können. Um Unfälle zu vermeiden, komme es auf "den gut erzogenen Hund und den verantwortungsbewussten Besitzer" an.
© Mannheimer Morgen – 12.04.2001
WHeimann
Hundeschule des Tierschutzverein Iserlohn e.V.
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