Nicht dass ich das für normal halte - aber es belegt doch, dass ein Hund nicht unbedingt alle paar Stunden raus MUSS, um seine Geschäfte zu tätigen. Dass viele, und sicher alle jungen Hunde gerne dreimal und mehr am Tag raus WOLLEN, will ich keineswegs in Abrede stellen.
Ich glaube, dass wir gar nicht wissen, was "normal" ist. Möglicherweise das, was dem Hund angewöhnt wurde. Möglicherweise gibt es überhaupt kein "normal" sondern nur individuelle Bedürfnisse, sicher auch in Abhängigkeit von den Trink- und Fress-Gewohnheiten.
Panino lebte 10 Jahre in einem Tierheim mit Rudelhaltung in großen Zwingeranlagen. Bis ich guten Gewissens sagen konnte, er sei stubenrein, vergingen gut 6 Monate. Seine "Unfälle" setzte er stets in solchen Ecken ab, die weitmöglichst vom Zentrum des üblichen Geschehens waren. Bei meinen Eltern beispielsweise im Schlafzimmer, hier zu hause bei mir war es anfangs eine bestimmte Ecke im Flur, später dann eine Ecke im Wohnzimmer. Auf eines konnte man sich aber von Anfang an 100%ig verlassen: es war immer nur einmal am Tag. Die Zeiten folgten keinerlei Gesetzgebungen, aber war der Unfall passiert, konnte ich problemlos Besuche machen.
Bei Cara war es von Anfang an nur einmal am Tag - selbst als ich sie während ihrer ersten zwei Jahre noch dreimal täglich rausgezwungen habe. Größtenteils wirklich mit Gewalt - ein Hund muss doch schließlich mindestens 3 mal täglich raus, nicht wahr? Cara dazu zu bringen "Gschäfti" zu machen, war eines der zentralen Themen während dieser Zeit und ich werde niemals vergessen, wie verzweifelt ich war. Ich ging teilweise selbst nach draußen in die freie Natur und nahm sie mit, damit sie es "lernt", wir gingen mit Hunden, die das Kommando "Gschäfti machen" kannten und es ihr vormachten - es nutzte alles einfach absolut gar nichts. Sie machte einmal am Tag und der Rest der Gassigänge waren entsetzliche Kämpfe mit einer Cara, die nur eines wollte - wieder zurück nach hause.
Irgendwann lernte sie zwar das Kommando "Gschäfti machen" und setzte sich brav hin - aber der winterliche Schnee zeigte deutlich, dass sie lediglich begriffen hatte, dass es wohl stressfreier ist, nur so zu tun als ob...
Es wurde erst besser, als mir jemand den Rat gab, dieses offensichtlich unnötige und für Cara so verhasste Zwangs-Gassigehen aufzugeben. Ich weinte vor Freunde, als sie zum ersten Mal entspannt einfach nur gerade aus spazierenging. Als ich von einer Freundin eine kleine Zwergspitzhündin in Pflege nahm, lernte sie von ihr zu markieren. Ganz fasziniert stand sie da und beobachtete die Hündin und übte dann so lange Beinchen heben, bis sie nicht mehr umkippte. Mehr und mehr entleerte sie ihre Blase nun in Teilen, behielt immer noch etwas zurück - man kann ja nie wissen, gell? Trotzdem sah und hörte ich den ganzen Tag nichts von ihr: wenn sich die Gelegenheit ergibt, okay - aber extra dafür raus gehen - nö.
Seit etwa Anfang diesen Jahres fing sie vermehrt an, zwischendrin nach draußen zu wollen und sich zu melden. Sehr sehr unregelmässig und in aller Regel so gegen spätnachmittag bzw. früher Abend. Da sie im September 10 geworden ist, dachte ich - aha, so im Alter wird sie so langsam "normal" bzw. eben altersbedingt a bisserl "inkontinent". Seit Freitag weiss ich, dass es nicht normal und auch keine altersbedingte Inkontinenz ist, sondern ziemlich krankhaft ist. Sie hat einen Tumor auf der linken Nebenniere, der zu einer verstärkten Cortisol-Ausschüttung führt - ein beginnender Cushing. Ihre veränderten Gschäftigewohnheiten waren eines der Bausteinchen, die dazu führten, dass wir diese Diagnose zu einem so ungewöhnlich frühem Zeitpunkt bekommen haben.
Bis auf Cara, die von haus aus sehr nachtaktiv war und an deren Rhythmus
ich mich irgendwann angepasst habe, hab ich den "Gassi-Rhythmus" aller meiner Pflegehund auf den von Cara und mir umgestellt. Das letzte Gassi gibt es so gegen 3.00/4.00 Uhr morgens, das erste dann so gegen Mittag (also etwa 9 Std.), dann wieder spätnachmittag/früher Abend (je nach meiner Arbeit). Das ging bisher bei ALLEN Hunden völlig problemlos, in aller Regel über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen. Das Mittags-Gassi war übrigens bei keinem der Hunde irgendwie dringend; arbeitsbedingt verschob es sich mitunter auch schon mal um 1 oder 2 Std., aber ist niemals vorgekommen, dass die Hunde sich gemeldet haben !!! Ich würde es daher auch eher als ein "raus WOLLEN" bezeichnen, nicht als ein "müssen".
Die für mich härteste Nummer war ein Jung-Dobi dessen altes Herrchen um 6.00 Uhr morgens aufgestanden und dementsprechend früh schlafen gegangen war. Die ersten Tage lief ich frühmorgens mit dem Hundchen teilweise noch mit Schlafanzug unter dem Wintermantel und einmal sogar noch mit der Zahnpasta im Mund zur "Hundewiese". Bei seinem alten Herrchen hat er nicht mal bis mittag durchgehalten - Herrchen kam mittags von der Arbeit nach hause, um mit ihm rauszugehen. Wenn der nicht konnte, machte ich das eine Zeitlang und musste regelmässig erstmal die Hinterlassen wegputzen. Bis Herrchen dann abends nach hause kam, war des öfteren ein neuer Unfall passiert.
Bei mir hielt das Dobi nach der Umstellung seines Rhythmus absolut problemlos durch. Seine Unfälle waren rein stressbedingt, weil er nie gelernt hatte, alleine zu bleiben und er hatte zudem eine seit Monaten unbehandelte Kokzidien-Infektion. Auch auf seinem jetzigen Endplatz ist er vormittags alleine zu hause (sogar ohne Zweithund, was er eigentlich nie kannte) - absolut unfallfrei.
Von sehr vielen Haltern, die arbeitsbedingt morgens früh aufstehen und davor den ersten Gassigang machen, weiss ich, dass deren Hund am Wochenende oder in Urlaubs- oder Krankheitszeiten über diesen Zeitpunkt hinaus problemlos weiterschlafen, teilweise durchaus bis mittags. Was immer auch "normal" ist - es hat meiner Erfahrung nach hauptsächlich mit Gewohnheiten zu tun. Und ob und wie lange ein Hund alleine bleiben kann, hängt vor allem damit zusammen, ob er das gelernt hat und wie sicher und geborgen er sich in seinem Rudel und in seinem Zuhause fühlt.