80 beschlagnahmte Welpen mussten nach Notversorgung wieder rausgegeben werden
Wiesbaden, 17.7.02
Der Aufmerksamkeit von Raststättenbesuchern war es zu verdanken, dass die Sache überhaupt ruchbar wurde: Polizei und Veterinäramt haben Dienstagnacht in Medenbach einen Tiertransporter mit 80 in Kleinboxen eingepferchten Welpen beschlagnahmt, der aus Ungarn kam und auf dem Weg nach Belgien war.
Tierheim-Geschäftsführerin Marianne Knobloch war hell entsetzt, als der Laster mit den Hunde-Winzlingen in den Spelzmühlweg gebracht wurde, um eine erste Notversorgung zu gewährleisten. In stickiger Hitze und übereinander gestapelten Transportboxen waren die Welpen schon rund 15 Stunden ohne Wasser unterwegs, von Ungarn durch Tschechien und Österreich gekarrt worden und entsprechend entkräftet. In den Käfigen, sagt Kobloch, lag Trockenfutter: „So kleine Welpen können das gar nicht fressen, ohne dass es angefeuchtet wird.“ In ihrer gesamten Zeit als Tierheim-Chefin hat sie „so etwas noch nicht erlebt“.
Marianne Knobloch packt „die blanke Wut über diese Geschäftemacherei“. Offensichtlich sei der Transporter mit Papieren unterwegs, die falsche Angaben enthielten. Laut der mitgeführten Zeugnisse sollen die Hunde im April geboren, mithin die drei Monate alt sein, die ihnen Impfschutz und Transportfähigkeit garantieren. Bescheinigt von ungarischen Veterinären. „Nie und nimmer sind die Welpen schon drei Monate alt“, da ist die Tierexpertin einig mit Dr.Thomas Fröhlich vom Staatlichen Veterinäramt, der mit der Polizei auf der Raststätte Medenbach war und den der Anblick der Hundebabys auch gedauert hat. „Bei einigen kommen gerade die Zähne durch, die sind vielleicht vier, fünf Wochen alt.“ Vor zwölf Wochen aber, sagt Marianne Knobloch, könnten kleine Hunde gar nicht geimpft werden, weil das Serum sonst nicht anschlägt. Also sind sie ohne Schutz zum Beispiel vor Tollwut unterwegs.
Aber jedes noch so augenscheinliche Missverhältnis zu den bescheinigten Daten nutzt den deutschen Behörden nichts. Gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung durfte der Laster gestern Nachmittag seinen Weg fortsetzen - mit den Welpen, die jetzt wohl in Belgien von Großhändlern in Empfang genommen und dann auf dem französischen oder deutschen Markt weiterverkauft werden. Knobloch: „Die Tiere hätten nur beschlagnahmt werden dürfen, wenn man hätte nachweisen können, dass sie jünger als drei Monate sind.“ Über die Ohnmacht der Behörden empfindet sie „unsagbare Wut“: „Das Schlimmste aber ist, dass sie so jung sind.“
Jede Woche, haben die Ermittler vom Fahrer erfahren, ist mindestens ein Transporter mit Welpen unterwegs, manchmal auch zwei. Er habe allein schon 37 Fuhren gemacht. Die Bedingungen, unter denen die offensichtlich viel zu jungen Tiere über lange Stunden gekarrt werden, sind haarsträubend. „Das ist eine Riesen-Sauerei“, entfährt es Knobloch und Fröhlich unisono, und Fröhlich ergänzt: „Aber der Markt verlangt´s. Sowas kaufen wir.“ Weil Käufer an möglichst jungen Hunden interessiert sind, werden sie eben auch frisch von der Mutter geliefert. „Für ´n Appel und ´n Ei“ in Ungarn gezüchtet, nach Belgien verfrachtet, bringen die Welpen am Ende leicht 700 bis 800 Euro von gutgläubigen Hundeliebhabern, die nicht ahnen, dass ihr neuer kleiner Liebling bereits eine Tour der Leiden hinter sich gebracht hat.
In den Transportboxen, „Kennel“ im Fachjargon genannt, fanden sich denn auch profitbringende Rassehunde wie Cocker-Spaniel, Bullterrier, Berner Sennhund, Foxterrier, Möpse. „Manche waren so durch den Wind“, berichtet Marianne Knobloch, „dass sie nicht mal fressen wollten.“ Das Tierheim konnte die Hundebabys nur mit Wasser und Futter versorgen, ihnen Auslauf geben, Veterinär Fröhlich untersuchte sie, dann mussten die Tiere herausgegeben werden. „Wir haben da keine Handhabe“, so Fröhlich, der Fall werde aber dem RP Darmstadt und dem Sozialministerium gemeldet, eine weitere Intervention könne nur vom Bund ausgehen. „Wir werden die kommenden Wochen aber ein verstärktes Augenmerk auf Transporter dieser Art haben“, so Fröhlich, der auf die Zusammenarbeit mit der Polizei setzt.
Main Rheiner
Wenn ich sowas lese, platzt mir vor Wut der Kragen. Wer ist eigentlich schlimmer, die Leute, die sowas machen, oder die Politiker und behörden, die derartige Missstände durch ihre Ignoranz auch noch unterstützen?
Wiesbaden, 17.7.02
Der Aufmerksamkeit von Raststättenbesuchern war es zu verdanken, dass die Sache überhaupt ruchbar wurde: Polizei und Veterinäramt haben Dienstagnacht in Medenbach einen Tiertransporter mit 80 in Kleinboxen eingepferchten Welpen beschlagnahmt, der aus Ungarn kam und auf dem Weg nach Belgien war.
Tierheim-Geschäftsführerin Marianne Knobloch war hell entsetzt, als der Laster mit den Hunde-Winzlingen in den Spelzmühlweg gebracht wurde, um eine erste Notversorgung zu gewährleisten. In stickiger Hitze und übereinander gestapelten Transportboxen waren die Welpen schon rund 15 Stunden ohne Wasser unterwegs, von Ungarn durch Tschechien und Österreich gekarrt worden und entsprechend entkräftet. In den Käfigen, sagt Kobloch, lag Trockenfutter: „So kleine Welpen können das gar nicht fressen, ohne dass es angefeuchtet wird.“ In ihrer gesamten Zeit als Tierheim-Chefin hat sie „so etwas noch nicht erlebt“.
Marianne Knobloch packt „die blanke Wut über diese Geschäftemacherei“. Offensichtlich sei der Transporter mit Papieren unterwegs, die falsche Angaben enthielten. Laut der mitgeführten Zeugnisse sollen die Hunde im April geboren, mithin die drei Monate alt sein, die ihnen Impfschutz und Transportfähigkeit garantieren. Bescheinigt von ungarischen Veterinären. „Nie und nimmer sind die Welpen schon drei Monate alt“, da ist die Tierexpertin einig mit Dr.Thomas Fröhlich vom Staatlichen Veterinäramt, der mit der Polizei auf der Raststätte Medenbach war und den der Anblick der Hundebabys auch gedauert hat. „Bei einigen kommen gerade die Zähne durch, die sind vielleicht vier, fünf Wochen alt.“ Vor zwölf Wochen aber, sagt Marianne Knobloch, könnten kleine Hunde gar nicht geimpft werden, weil das Serum sonst nicht anschlägt. Also sind sie ohne Schutz zum Beispiel vor Tollwut unterwegs.
Aber jedes noch so augenscheinliche Missverhältnis zu den bescheinigten Daten nutzt den deutschen Behörden nichts. Gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung durfte der Laster gestern Nachmittag seinen Weg fortsetzen - mit den Welpen, die jetzt wohl in Belgien von Großhändlern in Empfang genommen und dann auf dem französischen oder deutschen Markt weiterverkauft werden. Knobloch: „Die Tiere hätten nur beschlagnahmt werden dürfen, wenn man hätte nachweisen können, dass sie jünger als drei Monate sind.“ Über die Ohnmacht der Behörden empfindet sie „unsagbare Wut“: „Das Schlimmste aber ist, dass sie so jung sind.“
Jede Woche, haben die Ermittler vom Fahrer erfahren, ist mindestens ein Transporter mit Welpen unterwegs, manchmal auch zwei. Er habe allein schon 37 Fuhren gemacht. Die Bedingungen, unter denen die offensichtlich viel zu jungen Tiere über lange Stunden gekarrt werden, sind haarsträubend. „Das ist eine Riesen-Sauerei“, entfährt es Knobloch und Fröhlich unisono, und Fröhlich ergänzt: „Aber der Markt verlangt´s. Sowas kaufen wir.“ Weil Käufer an möglichst jungen Hunden interessiert sind, werden sie eben auch frisch von der Mutter geliefert. „Für ´n Appel und ´n Ei“ in Ungarn gezüchtet, nach Belgien verfrachtet, bringen die Welpen am Ende leicht 700 bis 800 Euro von gutgläubigen Hundeliebhabern, die nicht ahnen, dass ihr neuer kleiner Liebling bereits eine Tour der Leiden hinter sich gebracht hat.
In den Transportboxen, „Kennel“ im Fachjargon genannt, fanden sich denn auch profitbringende Rassehunde wie Cocker-Spaniel, Bullterrier, Berner Sennhund, Foxterrier, Möpse. „Manche waren so durch den Wind“, berichtet Marianne Knobloch, „dass sie nicht mal fressen wollten.“ Das Tierheim konnte die Hundebabys nur mit Wasser und Futter versorgen, ihnen Auslauf geben, Veterinär Fröhlich untersuchte sie, dann mussten die Tiere herausgegeben werden. „Wir haben da keine Handhabe“, so Fröhlich, der Fall werde aber dem RP Darmstadt und dem Sozialministerium gemeldet, eine weitere Intervention könne nur vom Bund ausgehen. „Wir werden die kommenden Wochen aber ein verstärktes Augenmerk auf Transporter dieser Art haben“, so Fröhlich, der auf die Zusammenarbeit mit der Polizei setzt.
Main Rheiner
Wenn ich sowas lese, platzt mir vor Wut der Kragen. Wer ist eigentlich schlimmer, die Leute, die sowas machen, oder die Politiker und behörden, die derartige Missstände durch ihre Ignoranz auch noch unterstützen?