21.08. LEIPZIGER BUNDESVERWALTUNGSRICHTER MONIEREN BRANDENBURGISCHE REGELUNG
Hundehalterverordnung gekippt
STEPHAN BREIDING
LEIPZIG/POTSDAM Das Urteil war absehbar: Vor Brandenburg wurden schon andere Bundesländer wegen ihrer Hunderegelungen abgewatscht. So erklärte das Bundesverwaltungsgericht bereits im Juli vergangenen Jahres die niedersächsische Kampfhundeverordnung für nichtig.
Die Begründung: Rasselisten seien ein so großer Eingriff in die Freiheit der Hundehalter, dass dies nur durch ein Gesetz, nicht allein durch eine Verordnung, geregelt werden könne. Ähnliche Abfuhren holten sich die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Nur vier Monate später kippte das Berliner Verwaltungsgericht die Kampfhundeverordnung der Hauptstadt. Die Richter gaben dem Antrag eines Hundebesitzers statt, der sich dagegen gewehrt hatte, dass man ihm seinen American Staffordshire-Terrier weggenommen hatte.
Auch in Brandenburg wurde bereits geklagt, bislang allerdings mit anderem Ergebnis. Vier Normenkontrollklagen lehnte das Oberverwaltungsgericht in Frankfurt (Oder) ab. Nur einer Klage wurde stattgegeben: Die Richter monierten die Übergangsregelungen. Die abgewiesenen Kläger legten daraufhin Revision beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Hintergrund der Klagen: Nach der tödlichen Attacke zweier Kampfhunde auf einen sechsjährigen Jungen am 26. Juni 2000 in Hamburg verschärften alle Länder ihre bestehenden Erlasse. Erstmals wurden bestimmte Hunderassen pauschal als gefährlich eingestuft und deren Zucht, Handel und Besitz kategorisch verboten. Andere Rassen dürfen zwar noch gehalten wer den, müssen aber in der Öffentlichkeit einen Maulkorb tragen.
Dagegen klagten zahlreiche Herrchen. Rasselisten seien wirkungslos und verhinderten keine Beißattacken von Kampfhunden, begründete Hauptkläger und Tierarzt Burkhard Wendland seine Klage. "Um Menschen wirkung svoll vor Hundebissen zu schützen, brauchen wir Maßnahmen, die den Tierhalter im Blick haben", sagte der 49-Jährige, der eine Rottweiler-Hündin besitzt. Er macht sich für eine Art "Hundeführerschein" stark. Die Bundestierärztekammer habe dazu detaillierte Vorschläge erarbeitet. "Aber die interessieren Brandenburg nicht", so Wendland. Mit ihm klagten Besitzer von Staffordshire-Terriern, einer Bullterrier-Dackel-Hündin und einer Pitbull-Boxer-Mischlingshündin.
Nach den sich mehrenden Länder-Niederlagen wurde auch Brandenburg in den zurückliegenden Monaten zunehmend nervöser. Offiziell verkündete das Potsdamer Innenministerium zwar, dass es keinen Grund für die Klagen sehe. Schließlich handele es sich bei den Regeln nicht um eine Kampfhunde-Verordnung, so die Argumentation. Zudem gebe es eine sorgfältige Abstufung zur Gefährlichkeit von Hunden.
Doch insgeheim arbeitet das Ressort bereits mit Hochdruck an einem neuen Hundehaltergesetz, in dem einige der scharfen Restriktionen aufgeweicht und andere Regelungen neu eingeführt werden sollen. Das geht aus einem Arbeitspapier des Ministeriums hervor, dass der MAZ vorliegt. Der Gesetzesentwurf soll noch in diesem Jahr dem Landtag vorgelegt werden. Das Ministerium hält sic h allerdings noch bedeckt. Es werde dran gearbeitet, lautete schon vor Wochen die knappe Auskunft.
Im künftigen "Gesetz über das Halten und Führen von Hunden" soll unter anderem das generelle Haltungsverbot für "unwiderlegbar gefährliche" Hunde aufgehoben werden. Die Rasse Tosa Inu zählt künftig nicht mehr z u den fünf "unwiderlegbar", sondern nur noch zu den gefährlichen Hunderassen, zu den zwölf weitere gezählt werden. Neu ist auch, dass Halter von gefährlichen Hunden künftig eine Haftpflichtversicherung abschließen müssen. Auch das Führen von mehr als drei Hunden ist erlaubt, etwa zur Jagd oder bei Hundeschlittenrennen.