Natalie schrieb:
Ich las die These, dass wir heute in einer so "sicheren" Welt leben, für die wir nicht gemacht sind. Uns droht (hierzulande) kein Verhungern, Verdursten, Erfrieren, kein nächtlicher Überfall durch Raubtiere in der Höhle oder womit auch immer sich unsere Urahnen so an Ängsten rumschlagen mussten. Daher suchen manche Leute in solchen Filmen stellvertretend diese Ängste/Kicks, weil ihre Seele mit so viel Sicherheit nicht umgehen kann.
Da mag durchaus was dran sein.
Und dazu kommt, dass es für manche Leute auch kein adäquates Ventil für Frust und Aggressionen mehr gibt. Heute wird überall "zivilisiertes" Verhalten erwartet, und für Leute wie dich und mich, die wir uns gern und viel verbal äußern (also, ich zumindest in Schriftform...
) ist das absolut in Ordnung. Wir können so alles loswerden, was wir brauchen.
Andere können das nicht. Ich seh das grade beim (nicht ganz so) lieben kind im Kindergarten. In seiner Gruppe ist ein Junge, der sprachlich arg zurüchhängt, und emotional meiner Meinung nach auch. Der sucht massiv nach
körperlichen Grenzen, macht in Stress- und Frustsituationen viel kaputt, kneift, haut andere, "eckt an", im Wortsinne...
Und hat ganz liebe Eltern, die mit ihm reden, reden, reden... und das geht zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus.
Das ist schlicht nicht seins.
Der macht jetzt (die erste Vorstufe von) Kampfsport und es tut ihm gut. Da bekommt er etwas, woran es zuhause meiner Meinung nach grade
wegen seiner hoch motivierten, gutwilligen Eltern fehlt.
Der hat aber zB auch eine Vorliebe für altersmäßig eigentlich noch gar nicht angemessene Filme, StarWars usw., mit viel "Kämpfen" und "Monstern", und jeder Menge Aggression. "Dinos" sind da fast schon zu harmlos und nicht cool genug.
Es bringt ihm nur keiner bei, wie man damit umgeht. Er darf da nach meinem Empfinden recht viel, bleibt aber letztlich damit allein.
Den Frust und die Aggressionen hat er ja, wegdiskutieren kann man die nicht... und ich würde sagen, er braucht dafür ein körperliches Ventil. Und das bietet unsere Welt einfach nicht, und hier in der Bildungsbürgeridylle schon dreimal nicht...
Natalie schrieb:
Soso. Etwas dekadent, aber nunja.
Kann man auf einer philosophischen Ebene sicherlich so sehen. Auf der physiologischen halte ich das nicht für dekadent sondern schlicht für einen Kompensationsmechanismus, der die Psyche unter Umständen elegant aushebelt.
So mancher mag gut lernen, sich mit den hiesigen Gegebenheiten zu arrangieren und andere Wege zur Frustbewältigung zu finden, und anderen fällt es eben rein von der Veranlagung her schwerer. Die brauchen so etwas vielleicht sogar, wie es ja auch Leute gibt, die ohne ein gewisses Bewegungspensum nicht zu ertragen sind.