Wolfgang
KSG-Haarspalter™
Hunde-Diskussion mit schwachen Innenminister: Nur Behauptungen statt nachprüfbarer Fakten
Wittenberg/S.-A., 5.4.02
Die neue, drastisch verschärfte Hundeverordnung des Landes Sachsen-Anhalt stand im Mittelpunkt einer Diskussion beim Besuch von Innenminister Dr. Manfred Püchel (SPD) in der Redaktion des SUPER SONNTAG. Eine wenig erbauliche Diskussion, weil der Minister den Argumenten der Redaktion fachlich nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte.
Wittenberg (W.G.). "Mit der Landeshundeverordnung reagierte Sachsen-Anhalt auf Empfehlungen der Innenministerkonferenz im vergangenen Jahr", erklärte Püchel, damals Vorsitzender der Konferenz. Die Innenminister einigten sich auf vier besonders "gefährliche" Rassen und erarbeiteten einen Kriterienkatalog für die Länder mit dem Ziel, verstärkt gegen so genannte Kampfhunde vorzugehen. Während Bayern zwölf Rassen als "Kampfhunde" einstuft, will Sachsen-Anhalt deren vier verbieten, darunter den American Pitbull Terrier und den American Staffordshire Terrier.
"Die Landeshundeverordnung sieht unter anderem ein Handels- und Zuchtverbot vor", erläuterte Püchel. Hundehalter werden verstärkt in die Verantwortung genommen, sie müssen ihre Sachkunde unter Beweis stellen. Außerdem ist eine spezielle Kennzeichnungspflicht durch einen Chip vorgesehen. "Mit der neuen Verordnung fühle ich mich auf der sicheren Seite", meinte der Minister, "ich habe, nachdem in Hamburg das sechsjährige Kind totgebissen wurde, vor Hysterie gewarnt. Damals sollten per Verordnung alle so genannten Kampfhunde getötet werden. Dies habe ich als den falschen Weg abgelehnt."
Mit der neuen Landeshundeverordnung solle erreicht werden, dass die vier inkriminierten Rassen langsam aussterben. Der Bund hat bislang per Gesetz nur ein Import- und Zuchtverbot so genannter Kampfhunde erlassen und überlässt weitergehende Regelungen den einzelnen Bundesländern. Püchel hingegen würde eine bundeseinheitliche Regelung befürworten.
Der Innenminister wollte die "Gefährlichkeit" der bald verbotenen Hunde vor allem an zwei Kriterien festmachen: Erstens die im Vergleich zu anderen Hunderassen besonders starke Beißkraft. Zweitens seien "Kampfhunde" in besonderer Weise auf Aggressivität gezüchtet.
Nach seinem Eröffnungsmonolog wurde der Innenminister von der Redaktion mit diversen Fakten konfrontiert: Gefährliche Hunde könne man nach übereinstimmenden Aussagen namhafter Wissenschaftler nicht an Rassen festmachen, sondern seien vielmehr ein individuelles, meist halterbedingtes Problem quer durch alle Rassen, demzufolge könne Püchel das richtige Ziel, die Bevölkerung besser vor gefährlichen Hunden zu schützen, mit einem simplen Verbot von vier Rassen nicht erreichen.
Zudem sei die pauschale Behauptung "diese Hunde" würden auf Aggressivität gezüchtet, erstens sachlich falsch und zweitens eine Diffamierung der seriösen Hundezüchter im Verband für das Deutsche Hundewesen (VdH), die schon seit mehr als 20 Jahren - also schon zu einer Zeit, in der die Politik beim Thema gefährliche Hunde noch durch Untätigkeit auffiel, nur wesensgeprüfte Hunde zur Zucht zulassen würden. Und drittens gäbe es keine seriöse wissenschaftliche Untersuchung, die bei den verbotenen Hunden eine wesentlich stärkere Beißkraft dokumentiert hätte.
Die Redaktion bat den Minister, seine Behauptung von den "zunehmenden Beißunfällen bei diesen Rassen" durch entsprechende Daten und Fakten zu belegen - doch auch hier musste Püchel passen: "Das ist nicht meldepflichtig".
Diese Behauptung löste Kopfschütteln bei den Redaktionsmitgliedern aus, denn alle in einem Krankenhaus, in einer Poliklinik oder beim niedergelassenen Arzt behandelten Bisswunden von Hunden müssen beim zuständigen Veterinäramt angezeigt werden.
Dagegen konnte die Redaktion den Minister mit umfangreichen Daten konfrontieren: Eine Auswertung zeigt, dass die wenigsten Unfälle von so geannten "Kampfhunden" verursacht werden. In einer vom Deutschen Städtetag geführten Statistik führt der Schäferhund mit mehr als 32 Prozent, und auch andere Gebrauchshunde- bzw. Haushunderassen führen vor den verrufenen Bullterriern. Dennoch hält Innenminister Püchel für alle "Nicht-Kampfhunde-Rassen" die Anwendung der normalen Gefahrenabwehr-Verordnung für völlig ausreichend. Und das, obwohl auch er einräumt: "Der Faktor Mensch spielt bei der Hundehaltung eine große Rolle." Frage der Redaktion: Warum muss der Besitzer eines Pitbull Terriers seine Sachkunde und Zuverlässigkeit unter Beweis stellen, der Halter eines Schäferhundes oder Dobermanns hingegen nicht? Keine befriedigende Antwort.
Führt die Landeshundeverordnung wirklich zu mehr Sicherheit oder bewirkt sie durch ihre nach Expertenmeinung untauglichen Vorschriften nicht genau das Gegenteil?, lautete eine weitere Frage der Redaktion.
Werden bestimmte Rassen per se als gefährlich definiert, schafft dies nicht ein Klima der Hysterie? Besteht nicht die Gefahr, dass alle anderen Hunderassen pauschal für ungefährlich gehalten werden - unabhängig davon, ob sie tatsächlich artgerecht gezüchtet und gehalten werden? Auf all diese Fragen konnnte der Minister keine schlüssigen Antworten geben. Er verwies auf illegale Züchter und auf ein kriminelles oder asoziales Milieu, das sich bevorzugt so genannter Kampfhunde bediene.
Abschließend die Frage zu den Äußerungen der im "Diensthunde-Arbeitskreis" vertretenen Hunde-Experten von Polizei, Bundeswehr, Bundesgrenzsschutz und Zoll. Auch diese hatten eindeutig festgestellt, es sei fachlich nicht zu vertreten, die Gefährlichkeit von Hunden mit ihrer Rassezugeehörigkeit zu verbinden. Dazu Püchel: "Dieses Schreiben kenne ich auch."
Ergänzend dazu:
Der Kampfhund als Sündenbock
Super Sonntag
Erst wenn es zur Katastrophe gekommen ist, also ein Mensch von einem Hund getötet wird, werden Politiker aktiv. Seit Sommer 2000, da ein sechsjähriger Junge von einem "Kampfhund" eines Kriminellen aus der Hamburger Drogenszene totgebissen wurde, übt sich die Politik in hektischem Aktionismus, der auf keinerlei Sachkenntnis schließen lässt.
Zuvor waren Forderungen nach einem sinnvollen Heimtiergesetz jahrelang ignoriert worden. Innenminister Manfred Püchel spricht von "Kampfhunden" oder "so genannten Kampfhunden" und verwechselt sie in der Diskussion mit "gefährlichen Hunden". Und bringt damit das Problem - sicher ungewollt - auf den Punkt: Der diskriminierende Begriff "Kampfhund" als Rassenbezeichnung ist wissenschaftlich nicht haltbar, und das Problem mit gefährlichen Hunden ist rasseunabhängig.
Verbotslisten, wie sie in der verschärften Landeshundeverordnung enthalten sind, entbehren nicht nur jeder objektiven Grundlage, sie bewirken auch das Gegenteil dessen, was sie bezwecken wollen: Solche Rassen werden für eine bestimmte Klientel erst richtig attraktiv gemacht, während die guten Hunde der guten Hundehalter leiden müssen.
Der Missbrauch des Hundes als gefährliche Waffe, die andere Menschen ängstigen soll, wird in unheiliger Allianz zwischen Sensationsmedien und auf Stimmenfang bedachten Politikern weiter befördert, die Bürger werden nicht besser geschützt, sondern über die wirklichen Ursachen von Problemen im Unklaren gelassen.
Das Verhalten eines Hundes entwickelt sich in ständiger Wechselwirkung zwischen Erbgut und Umwelt. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Junghundentwicklung, die den späteren, erwachsenen Hund formt. Die meisten Hunderassen sind biologisch noch sehr jung und folglich genetisch instabil. Die Gefährlichkeit des Hundes liegt deshalb nicht in den Genen, sondern in der Art seiner Erziehung oder seiner Anpassung an die Erfordernisse der heutigen Umwelt begründet.
Hunde, die isoliert und reizarm erzogen werden, zeigen unabhängig von ihrer Rassezugehörigkeit häufig ein übersteigertes Angriffsverhalten und können deshalb für Mensch und Tier gefährlich werden. Solche Hunde entbehrten im Junghundalter einer sozialen Rangeinweisung.
Zucht und Erziehung eines Hundes obliegen aber dem Menschen. Die so genannte Aggressionszüchtung ist bereits seit 1998 im Deutschen Tierschutzgesetz verboten. Die im VDH vereinigten Züchter praktizieren Ähnliches schon seit vielen Jahren, illegale, gewissenlose Vermehrer nicht. Mit einem Verbot von so genannten "Kampfhunden" ist es deshalb nicht getan. Damit wird illegalen Züchtern und ihren zwielichtigen Kunden nicht das Handwerk gelegt: Sie wenden sich anderen, nicht auf einer Liste stehenden Hunderassen zu oder "erfinden" durch wildes Kreuzen von aggressiven Tieren neue.
Ein schlechtes Beispiel ist Frankreich: Dort wurden "PitBulls" schon vor zwölf Jahren verboten. Der "Erfolg": Neue Furcht erregende Kreuzungen von Dobermännern, Boxern und Rottweilern sorgen für Beißunfälle in bislang unbekannter Häufigkeit.
Jede bislang "unbescholtene" Hundeart lässt sich zur Waffe abrichten, und in wenigen Hundegenerationen kann die Aggressivität bisheriger Kuschel-Rassen gesteigert werden, die dann nur noch zum Statussymbol im kriminellen Milieu zu werden braucht, um der Hand seriöser Züchter zu entgleiten. Nicht der Hund ist das Problem, sondern der Mensch. Null-Toleranz und harte Bestrafung von Hundehaltern ist gefordert, die keine ordentlichen Zuchtpapiere vorlegen können. Sie sind die eigentlich Schuldigen.
Gegen gefährliche Hunde schützt nur eine Forderung, die die Tierärztekammer Sachsen-Anhalts seit langem erhebt: Für alle Hunderassen muss ein verantwortungsvoller und artgerechter Umgang als Staatsziel festgelegt werden. Und nur Experten wie Tierärzte können sachgerecht über die wirkliche Gefährlichkeit eines Hundes und den weiteren Umgang mit dem Tier entscheiden.
Doch vor solcher Konsequenz scheut die Politik: Solange sie kriminelle Milieus nicht in den Griff bekommt, ist es einfacher, "Kampfhunde" zu Sündenböcken abzustempeln.
Quelle:
Ja, gibt's denn in D noch unabhängige Zeitungen, bei denen denkende Journalisten arbeiten?
Gruß
Wolfgang
Wittenberg/S.-A., 5.4.02
Die neue, drastisch verschärfte Hundeverordnung des Landes Sachsen-Anhalt stand im Mittelpunkt einer Diskussion beim Besuch von Innenminister Dr. Manfred Püchel (SPD) in der Redaktion des SUPER SONNTAG. Eine wenig erbauliche Diskussion, weil der Minister den Argumenten der Redaktion fachlich nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte.
Wittenberg (W.G.). "Mit der Landeshundeverordnung reagierte Sachsen-Anhalt auf Empfehlungen der Innenministerkonferenz im vergangenen Jahr", erklärte Püchel, damals Vorsitzender der Konferenz. Die Innenminister einigten sich auf vier besonders "gefährliche" Rassen und erarbeiteten einen Kriterienkatalog für die Länder mit dem Ziel, verstärkt gegen so genannte Kampfhunde vorzugehen. Während Bayern zwölf Rassen als "Kampfhunde" einstuft, will Sachsen-Anhalt deren vier verbieten, darunter den American Pitbull Terrier und den American Staffordshire Terrier.
"Die Landeshundeverordnung sieht unter anderem ein Handels- und Zuchtverbot vor", erläuterte Püchel. Hundehalter werden verstärkt in die Verantwortung genommen, sie müssen ihre Sachkunde unter Beweis stellen. Außerdem ist eine spezielle Kennzeichnungspflicht durch einen Chip vorgesehen. "Mit der neuen Verordnung fühle ich mich auf der sicheren Seite", meinte der Minister, "ich habe, nachdem in Hamburg das sechsjährige Kind totgebissen wurde, vor Hysterie gewarnt. Damals sollten per Verordnung alle so genannten Kampfhunde getötet werden. Dies habe ich als den falschen Weg abgelehnt."
Mit der neuen Landeshundeverordnung solle erreicht werden, dass die vier inkriminierten Rassen langsam aussterben. Der Bund hat bislang per Gesetz nur ein Import- und Zuchtverbot so genannter Kampfhunde erlassen und überlässt weitergehende Regelungen den einzelnen Bundesländern. Püchel hingegen würde eine bundeseinheitliche Regelung befürworten.
Der Innenminister wollte die "Gefährlichkeit" der bald verbotenen Hunde vor allem an zwei Kriterien festmachen: Erstens die im Vergleich zu anderen Hunderassen besonders starke Beißkraft. Zweitens seien "Kampfhunde" in besonderer Weise auf Aggressivität gezüchtet.
Nach seinem Eröffnungsmonolog wurde der Innenminister von der Redaktion mit diversen Fakten konfrontiert: Gefährliche Hunde könne man nach übereinstimmenden Aussagen namhafter Wissenschaftler nicht an Rassen festmachen, sondern seien vielmehr ein individuelles, meist halterbedingtes Problem quer durch alle Rassen, demzufolge könne Püchel das richtige Ziel, die Bevölkerung besser vor gefährlichen Hunden zu schützen, mit einem simplen Verbot von vier Rassen nicht erreichen.
Zudem sei die pauschale Behauptung "diese Hunde" würden auf Aggressivität gezüchtet, erstens sachlich falsch und zweitens eine Diffamierung der seriösen Hundezüchter im Verband für das Deutsche Hundewesen (VdH), die schon seit mehr als 20 Jahren - also schon zu einer Zeit, in der die Politik beim Thema gefährliche Hunde noch durch Untätigkeit auffiel, nur wesensgeprüfte Hunde zur Zucht zulassen würden. Und drittens gäbe es keine seriöse wissenschaftliche Untersuchung, die bei den verbotenen Hunden eine wesentlich stärkere Beißkraft dokumentiert hätte.
Die Redaktion bat den Minister, seine Behauptung von den "zunehmenden Beißunfällen bei diesen Rassen" durch entsprechende Daten und Fakten zu belegen - doch auch hier musste Püchel passen: "Das ist nicht meldepflichtig".
Diese Behauptung löste Kopfschütteln bei den Redaktionsmitgliedern aus, denn alle in einem Krankenhaus, in einer Poliklinik oder beim niedergelassenen Arzt behandelten Bisswunden von Hunden müssen beim zuständigen Veterinäramt angezeigt werden.
Dagegen konnte die Redaktion den Minister mit umfangreichen Daten konfrontieren: Eine Auswertung zeigt, dass die wenigsten Unfälle von so geannten "Kampfhunden" verursacht werden. In einer vom Deutschen Städtetag geführten Statistik führt der Schäferhund mit mehr als 32 Prozent, und auch andere Gebrauchshunde- bzw. Haushunderassen führen vor den verrufenen Bullterriern. Dennoch hält Innenminister Püchel für alle "Nicht-Kampfhunde-Rassen" die Anwendung der normalen Gefahrenabwehr-Verordnung für völlig ausreichend. Und das, obwohl auch er einräumt: "Der Faktor Mensch spielt bei der Hundehaltung eine große Rolle." Frage der Redaktion: Warum muss der Besitzer eines Pitbull Terriers seine Sachkunde und Zuverlässigkeit unter Beweis stellen, der Halter eines Schäferhundes oder Dobermanns hingegen nicht? Keine befriedigende Antwort.
Führt die Landeshundeverordnung wirklich zu mehr Sicherheit oder bewirkt sie durch ihre nach Expertenmeinung untauglichen Vorschriften nicht genau das Gegenteil?, lautete eine weitere Frage der Redaktion.
Werden bestimmte Rassen per se als gefährlich definiert, schafft dies nicht ein Klima der Hysterie? Besteht nicht die Gefahr, dass alle anderen Hunderassen pauschal für ungefährlich gehalten werden - unabhängig davon, ob sie tatsächlich artgerecht gezüchtet und gehalten werden? Auf all diese Fragen konnnte der Minister keine schlüssigen Antworten geben. Er verwies auf illegale Züchter und auf ein kriminelles oder asoziales Milieu, das sich bevorzugt so genannter Kampfhunde bediene.
Abschließend die Frage zu den Äußerungen der im "Diensthunde-Arbeitskreis" vertretenen Hunde-Experten von Polizei, Bundeswehr, Bundesgrenzsschutz und Zoll. Auch diese hatten eindeutig festgestellt, es sei fachlich nicht zu vertreten, die Gefährlichkeit von Hunden mit ihrer Rassezugeehörigkeit zu verbinden. Dazu Püchel: "Dieses Schreiben kenne ich auch."
Ergänzend dazu:
Der Kampfhund als Sündenbock
Super Sonntag
Erst wenn es zur Katastrophe gekommen ist, also ein Mensch von einem Hund getötet wird, werden Politiker aktiv. Seit Sommer 2000, da ein sechsjähriger Junge von einem "Kampfhund" eines Kriminellen aus der Hamburger Drogenszene totgebissen wurde, übt sich die Politik in hektischem Aktionismus, der auf keinerlei Sachkenntnis schließen lässt.
Zuvor waren Forderungen nach einem sinnvollen Heimtiergesetz jahrelang ignoriert worden. Innenminister Manfred Püchel spricht von "Kampfhunden" oder "so genannten Kampfhunden" und verwechselt sie in der Diskussion mit "gefährlichen Hunden". Und bringt damit das Problem - sicher ungewollt - auf den Punkt: Der diskriminierende Begriff "Kampfhund" als Rassenbezeichnung ist wissenschaftlich nicht haltbar, und das Problem mit gefährlichen Hunden ist rasseunabhängig.
Verbotslisten, wie sie in der verschärften Landeshundeverordnung enthalten sind, entbehren nicht nur jeder objektiven Grundlage, sie bewirken auch das Gegenteil dessen, was sie bezwecken wollen: Solche Rassen werden für eine bestimmte Klientel erst richtig attraktiv gemacht, während die guten Hunde der guten Hundehalter leiden müssen.
Der Missbrauch des Hundes als gefährliche Waffe, die andere Menschen ängstigen soll, wird in unheiliger Allianz zwischen Sensationsmedien und auf Stimmenfang bedachten Politikern weiter befördert, die Bürger werden nicht besser geschützt, sondern über die wirklichen Ursachen von Problemen im Unklaren gelassen.
Das Verhalten eines Hundes entwickelt sich in ständiger Wechselwirkung zwischen Erbgut und Umwelt. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Junghundentwicklung, die den späteren, erwachsenen Hund formt. Die meisten Hunderassen sind biologisch noch sehr jung und folglich genetisch instabil. Die Gefährlichkeit des Hundes liegt deshalb nicht in den Genen, sondern in der Art seiner Erziehung oder seiner Anpassung an die Erfordernisse der heutigen Umwelt begründet.
Hunde, die isoliert und reizarm erzogen werden, zeigen unabhängig von ihrer Rassezugehörigkeit häufig ein übersteigertes Angriffsverhalten und können deshalb für Mensch und Tier gefährlich werden. Solche Hunde entbehrten im Junghundalter einer sozialen Rangeinweisung.
Zucht und Erziehung eines Hundes obliegen aber dem Menschen. Die so genannte Aggressionszüchtung ist bereits seit 1998 im Deutschen Tierschutzgesetz verboten. Die im VDH vereinigten Züchter praktizieren Ähnliches schon seit vielen Jahren, illegale, gewissenlose Vermehrer nicht. Mit einem Verbot von so genannten "Kampfhunden" ist es deshalb nicht getan. Damit wird illegalen Züchtern und ihren zwielichtigen Kunden nicht das Handwerk gelegt: Sie wenden sich anderen, nicht auf einer Liste stehenden Hunderassen zu oder "erfinden" durch wildes Kreuzen von aggressiven Tieren neue.
Ein schlechtes Beispiel ist Frankreich: Dort wurden "PitBulls" schon vor zwölf Jahren verboten. Der "Erfolg": Neue Furcht erregende Kreuzungen von Dobermännern, Boxern und Rottweilern sorgen für Beißunfälle in bislang unbekannter Häufigkeit.
Jede bislang "unbescholtene" Hundeart lässt sich zur Waffe abrichten, und in wenigen Hundegenerationen kann die Aggressivität bisheriger Kuschel-Rassen gesteigert werden, die dann nur noch zum Statussymbol im kriminellen Milieu zu werden braucht, um der Hand seriöser Züchter zu entgleiten. Nicht der Hund ist das Problem, sondern der Mensch. Null-Toleranz und harte Bestrafung von Hundehaltern ist gefordert, die keine ordentlichen Zuchtpapiere vorlegen können. Sie sind die eigentlich Schuldigen.
Gegen gefährliche Hunde schützt nur eine Forderung, die die Tierärztekammer Sachsen-Anhalts seit langem erhebt: Für alle Hunderassen muss ein verantwortungsvoller und artgerechter Umgang als Staatsziel festgelegt werden. Und nur Experten wie Tierärzte können sachgerecht über die wirkliche Gefährlichkeit eines Hundes und den weiteren Umgang mit dem Tier entscheiden.
Doch vor solcher Konsequenz scheut die Politik: Solange sie kriminelle Milieus nicht in den Griff bekommt, ist es einfacher, "Kampfhunde" zu Sündenböcken abzustempeln.
Quelle:
Ja, gibt's denn in D noch unabhängige Zeitungen, bei denen denkende Journalisten arbeiten?
Gruß
Wolfgang
