Saarbrücken: Stadtrat friert die Zuschüsse für Tierheim ein infolge des Soka-Streits

Moe

20 Jahre Mitglied
Schmerzhafte Folgen des Kampfhunde-Streites


Saarbrücken, 2.5.02

Schmerzhafte Folgen des Kampfhunde-Streites: Der Saarbrücker Stadtrat hat die Zuschüsse für das Tierheim eingefroren

Hunde-Elend! Katzen-Jammer! Seit fast einem Jahr herrscht Eiszeit zwischen dem Saarbrücker Stadtrat und dem Tierschutzverein. Der Rechtsausschuss des Rates hat Mitte 2001 die Zuschüsse fürs Tierheim eingefroren. Warum? Das Tierheim weigert sich, weitere Kampfhunde und Kampfhund-Mischlinge aufzunehmen.

Anfang 2001 saßen bereits 18 dieser Kraftpakete in den Zwingern am Folsterweg. Als die Polizei den Neunzehnten brachte, einen Kampfhund-Mischling namens Mike, weigerte sich das Heim, ihn aufzunehmen. Begründung: Man habe weder Kampfhund-erfahrene Mitarbeiter noch die vorschriftsmäßigen Zwinger. Daraufhin wies das Ordnungsamt Mike zwangsweise ein. Die "SZ" berichtete mit der Folge, dass Mike schon kurz darauf ein neues Herrchen fand.

Aber der Streit zwischen Tierheim und Politik brach nun erst richtig aus. Das Tierheim weigerte sich weiter, Kampfhunde aufzunehmen und schloß außerdem seinen Auffangzwinger. In diesem Zwinger hatten Polizei und Feuerwehr bis dahin alle Hunde untergebracht, die aufgegriffen wurden, so lange kein Personal im Tierheim war. Seit der Auffangzwinger zu ist, müssen die Ordnungshüter diese Hunde in eine Tierpension bringen - und die Stadt zahlt pro Übernachtung knapp zehn Euro. Am nächsten Tag transportiert die Feuerwehr - Kosten pro Fahrt: 39 Euro - den Hund dann ins Tierheim, wo bislang alle Asyl fanden.

Ausser einem. Das war natürlich ein Kampfhund. Der ist seit Dezember 2001 Dauergast der Tierpension und kostet die Stadt monatlich etwa 200 Euro. Diese Summen nannte uns Sigrid Schneider, Leiterin des Ordnungsamtes.

Vor dem großen Streit hatte die Stadt das Tierheim jedes Vierteljahr mit rund 10000 Euro unterstützt. 2001 war nach 20000 Euro Schluss. 2002 gab's noch gar nichts. Im Interesse ihrer Schutzbefohlenen signalisiert die Vorsitzende des Tierschutzvereins, Ingrid Weber, jetzt Kompromissbereitschaft: "Wir sind bereit, Kampfhunde und Kampfhund-Mischlinge wieder aufzunehmen. Allerdings erst, wenn vertraglich festgelegt ist, unter welchen Bedingungen das geschieht. Um solche Tiere gemäß der Landesverordnung unterzubringen, brauchen wir neue Zwinger. Sonst können wir nicht gewährleisten, dass nicht sogar im Tierheim noch etwas passiert, weil die Hunde womöglich ausbrechen. Schließlich sind bei uns jeden Tag rund 30 Ehrenamtliche im Einsatz. Unser Traum wäre, wenn das Land uns einen geschulten Angestellten für die Kampfhunde finanzieren würde. Denn wir setzen ja dann eine Landesverordnung um!" Und daran hätte das Tierheim lange Zeit zu knabbern.

Weber: "Von den 19 Kampfhunden und Kampfhund-Mischlingen, die Anfang 2001 bei uns waren, sind fünf vermittelt, zwei sind bei uns gestorben und zwölf sitzen nach wie vor in unseren Uralt-Zwingern von 1954. Diese Tiere will doch niemand mehr, die werden vermutlich bis zu ihrem Ende bei uns logieren."

Aber das ist nur einer der Gründe, weshalb sich das Heim mehr Geld wünscht. Laut Weber wird die medizinische Betreuung der Tiere immer teurer. Gleichzeitig klagt sie über die miserable Zahlungsmoral vieler Tierhalter, die ihre entlaufenen Vierbeiner im Heim wiederfinden und mit nach Hause nehmen, ohne Impfungen und Logis zu bezahlen.

Weber: "Wir müssen doch alle Tiere impfen, die man bei uns abliefert. Und jede Impfung kostet etwa 40 Euro. Wenn die Besitzer dann sagen, aber der Hund war doch geimpft, dann können wir nur antworten, er hatte beim Ausbüchsen leider sein Impfbuch vergessen." Dazu Ordnungsamtschefin Schneider: "Das Tierheim ist nicht verpflichtet, sofort zu impfen." Laut Schneider will der Stadtrat erst dann wieder Geld fürs Tierheim freigeben, wenn das Heim eine detaillierte Kosten-Aufstellung vorlegt, die vom Ordnungsamt als überzeugend eingestuft wird. Auf der anderen Seite hatte Tierschützerin Weber bei ihren Verhandlungen mit der Stadt bislang nicht das Gefühl, dass man sie versteht: "Das sind da alles Juristen. Da zappelt man hilflos wie ein armer kleiner Frosch." Aber es gibt Hoffnung. Im Haushaltsentwurf für 2002 hatte die Stadtverwaltung zunächst 50670 Euro fürs Tierheim vorgeschlagen. Der Stadtrat kürzte auf 38170 Euro.

Die SPD im Rat, so versichert ihr Pressereferent, Jürgen Renner, will sich dafür einsetzen, dass zumindest dieses Geld fließt. Stadtverbandspräsident Michael Burkert wird das Thema bei der nächsten Bürgermeister-Besprechung auf den Tisch bringen: "Das Tierheim hilft schließlich allen Stadtverbands-Angehörigen bei der Bewältigung öffentlicher Aufgaben. Da muss eine Lösung her, an der alle mitarbeiten sollten. Vielleicht könnte ich ja mit den Bürgermeistern eine Sponsoring-Kampagne organisieren."


Ergänzend dazu:
Saarbrücker Zeitung

Bittere Enttäuschung: Anfang 2001 hatten wir an dieser Stelle noch die Stadt Saarbrücken gelobt, und zwar in den höchsten Tönen. Damals gab sie jährlich rund 40000 Euro fürs Tierheim aus und hatte der "SZ" signalisiert, sie wolle den Zuschuss um 10000 Euro aufstocken.

Das hörte sich toll an. Denn die anderen Städte und Gemeinden, die vom Bertha-Bruch-Tierheim profitieren, fielen damals schon durch unerträglichen Geiz auf. St. Ingbert gab jährlich immerhin etwa 1600 Euro, Völklingen rund 1500 Euro, Sulzbach 700 Euro, Friedrichsthal ließ - "immer wenn was übrig ist" - 150 Euro springen, Quierschied ging mit 250 Euro ins Rennen, und Kleinblittersdorf sparte sich die Hilfe ganz. Aber dann kam es wirklich knüppeldick für unser Tierheim.

Saarbrücken zahlte 2001 nur rund 20000 Euro und stoppte dann alle Zuschüsse. Keine Rede mehr von Erhöhung. Und der Gipfel: Im Haushalt 2002 schlug die Verwaltung zunächst 50670 Euro fürs Tierheim vor, aber die Parteien kürzten gleich auf 38170 Euro. Und die sind immer noch eingefroren. Ein Skandal!

Denn die Ursache des Streits zwischen Stadtrat und Tierheim sind die Kampfhunde. Aber an denen haben doch früher auch Leute verdient. Die müsste man eben jetzt zur Kasse bitten. Wenn ein Auto-Konzern feststellt, dass eines seiner Modelle Mängel hat, vielleicht sogar gemeingefährlich ist, dann ruft die Firma diese Autos zurück. Und nun ein Blick auf die Städte. Die haben doch jahrelang für diese Hunde allerhand Steuern kassiert. Aber jetzt sind die Hunde plötzlich ausschließlich Sache der Tierheime. Verständlich.

Im Stadtsteueramt wäre mit den Hunden wohl zu viel Bewegung. Kurios ist es auch, wenn Politiker und Gerichte sagen, es sei keine öffentliche Aufgabe, herrenlose Tiere zu verwahren. Zumindest nicht, solange von den Tieren keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.

So ein Quatsch! So was passiert doch im Handumdrehn. Die Einstellung dieser Leute wird sich schlagartig ändern, sobald ein ausgesetzter und verwirrter Hund die erste Massenkarambolage auf der Stadtautobahn verursacht hat.

Oder wenn ein ausgesetzter Kampfhund in der Bahnhofstraße ein Kind anfällt. Erst am Montag berichtete die "SZ" über ein zweijähriges Mädchen, das in Dudweiler vor der Garage seiner Eltern von einem Hund angefallen wurde - nicht von einem Kampfhund, "nur" von einem kleinen Mischling! Niemand weiß, woher das Tier kam und wohin es wieder verschwunden ist.

Aber das arme Kind musste mit schweren Gesichtsverletzungen ins Krankenhaus. Ich sage: Das Aufbewahren ausgesetzter Tiere ist eine öffentliche Aufgabe! In unser aller Interesse. Und noch eins: Liebe Parteien im Stadtrat, der Tierschutzverein hat 2087 Mitglieder, rund 600 mehr als der 1. FC Saarbrücken. Und das sind alles Wähler!

Aber wahrscheinlich wird euch noch nicht einmal das beeindrucken. Vielleicht sollten wir Hunden und Katzen das Wahlrecht geben. Womöglich bekämen unsere Gesellschaft und vor allem die Politik danach ein "menschlicheres" Gesicht.


 
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