Sendung vom 9. Januar 2005
Stichting Aap – eine Auffangstation für Affen
Von Barbara Willms
Die Stiftung Stichting Aap
Stichting Aap ist eine private Stiftung im niederländischen Almere bei
Hilversum, nicht weit von Amsterdam. Die Stiftung unterhält eine
Auffangstation für Affen und andere Tiere, die zum Beispiel aus illegaler
Privathaltung beschlagnahmt wurden, aus schlechter Zoo- oder Zirkushaltung
kommen oder auch aus Tierversuchslabors. Neben den 14 Schimpansen beherbergt
die Stiftung zurzeit noch 120 weitere Affen und über 100 Säugetiere – einen
Nasenbären und andere kleine Exoten inklusive.
2.600 Tiere haben die Auffangstation in gut 30 Jahren durchlaufen – keins
davon gehörte ursprünglich in unsere Breitengrade. Gelebt haben die Tiere
bislang in den Niederlanden, Belgien, Frankreich oder Deutschland.
Die Stiftung arbeitet nach folgenden Prinzipien: Alle diese Tiere sind
Wildtiere und keine Haustiere. Sie gehören nicht hierher. Die Bindung an den
Menschen soll verringert werden. Statt dessen versuchen die Mitarbeiter
schrittweise, die Tiere noch für ein Zusammenleben mit ihren Artgenossen zu
sozialisieren und ihnen eine nachgeahmt naturnahe Umgebung zu bieten.
Kontakt mit Artgenossen ist durch nichts zu ersetzen. Die Tiere werden nicht
einmal kastriert. Die Weibchen bekommen eine Art „Pille“. Affen, die von
Menschen in Europa erzogen wurden, lassen sich praktisch nicht mehr
auswildern. Aber die Stiftung versucht, sie in klimatisch besser geeigneten
Gebieten in Gehegen unterzubringen.
Das Kernstück der Station: die Auffanghalle
In der Auffangstation sollen die Tiere nach einer Quarantänezeit unter
Aufsicht erst einmal lernen, sich an Artgenossen zu gewöhnen – so auch die
beiden Schimpansen Peggie und Babsie aus Deutschland. Manche der Tiere haben
völlig isoliert gelebt und sind extrem verstört oder aggressiv. Kernstück
der Auffangstation ist eine Halle mit abteilbaren Käfigteilen. Die einzelnen
Teile werden nach verschiedenen Seiten geschlossen oder geöffnet, je
nachdem, wie sich die Tiere untereinander verstehen. Eine dreizehnköpfige
Schimpansengruppe hat sich so inzwischen sehr gut entwickelt und könnte nun
gemeinsam weitervermittelt werden.
Beschäftigung für die Affen
Gerade auf so engem Raum brauchen die intelligenten Tiere Beschäftigungen.
Und so gibt es das Futter weder immer zur gleichen Zeit noch bequem aus
Näpfen. Statt dessen wird es zum Beispiel in Plastiktonnen oder Kästen
versteckt. Um an die köstlichen Datteln zu kommen, die für sie in einem
zweiteiligen Kunststoffkasten versteckt werden, benutzen die Affen
beispielsweise einen Stock als Werkzeug. Ein weiterer Vorteil: So bekommen
auch körperlich weniger starke Tiere gute Nahrung. Der Speiseplan ist
abwechslungsreich, Brot und frisches Obst und Gemüse inklusive. Für kleinere
Affen werden zum Beispiel auch Salatblätter und Gemüse zwischen zwei
Gitterroste gestopft, und die Tiere müssen die Nahrung herauszupfen.
Grenzen der Resozialisierung
Mancher Schimpanse wird nie mehr normal leben können: Der 40-jährige Jim zum
Beispiel ist durch Tierversuche mit Hepatitis infiziert, und Mitbewohner
Antoine lebte eingemauert in einem Kellerloch. Er ist sehr aggressiv, außer
Jim duldet er kaum einen Artgenossen. Und Bingo im Einzelkäfig nebenan muss
nach drei Jahrzehnten Einzelhaltung erst einmal versuchen, die Affensprache
zu erlernen ...
Ein Zuhause auf Dauer: das Projekt Primadomus in Spanien
Die Stiftung versteht sich als Durchgangsstation. Nach der Gewöhnung an
Artgenossen sollen die Tiere weitervermittelt werden – an ausgewählte
Naturparks und andere ausgesuchte Stellen. Die Stiftung behält das Eigentum
an den Tieren und kann sie jederzeit zurückholen, wenn sie nicht mehr gut
gehalten werden. Ausgewildert werden können die Tiere nicht mehr, und nur
selten gelingt überhaupt eine Rückführung in Projekte des Heimatlandes.
Manche Tiere müssen auf Dauer in Almere bleiben, weil sie niemand mehr haben
möchte. Das sind insbesondere die Paviane, die hier ein großes Gelände
bewohnen. Weil es schon sehr viele dieser Tiere gibt, sind sie auch nicht in
Zoos unterzubringen.
Auch die 13 Schimpansen haben noch kein neues Zuhause. Die Mitarbeiter
hoffen nun, in Spanien an der Costa Blanca ein großes „Altersheim“ für Affen
einrichten zu können – dort ist es wärmer, und viel Platz gibt es auch.
Circa 30 Tiere aus einem holländischen Versuchslabor sollen im kommenden
Jahr direkt dorthin gebracht werden.
Tierversuche in Europa
Nach Auskunft der Organisation Menschen für Tierrechte e.V. ist das
Tierversuchslabor BPRC in Rijwijk, aus dem nun die circa 30 Schimpansen nach
Spanien (und weitere 30 vorerst nach Almere) gebracht werden sollen, das
letzte in der EU vor der Osterweiterung, das aktuell noch Versuche an
Schimpansen durchführt. Nun sollen alle Tiere bis auf sechs entlassen
werden.
Tierversuche sind in Europa bis heute erlaubt, und viele Tierschützer
kritisieren das massiv. Ihre Hauptkritikpunkte: grausame Bedingungen,
überflüssige, da jahrzehntelang immer wieder durchgeführte Versuche und die
mangelnde Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen.
So äußert sich auch der Deutsche Tierschutzbund in einer Stellungnahme zum
Thema:
„Versuche an Primaten werden wie Versuche an allen anderen Tierarten über
das Tierschutzgesetz geregelt. Sie dürfen daher nach dem Gesetz nur dann
durchgeführt werden, wenn sie seitens der Genehmigungsbehörde als
wissenschaftlich unerlässlich und ethisch vertretbar erachtet werden. Dass
selbst diese gesetzlich definierte wissenschaftliche Unerlässlichkeit und
ethische Vertretbarkeit in der Praxis oft nicht gegeben sind, belegen aus
Sicht des Deutschen Tierschutzbundes die unten angeführten Beispiele. Laut
Tierschutzgesetz dürfen Versuche an sinnesphysiologisch höher entwickelten
Tieren (wie z.B. Affen) auch nur durchgeführt werden, sofern Versuche an
sinnesphysiologisch niedriger entwickelten Tieren (gegenüber dem Affen wären
dies z.B. Nagetiere) für den verfolgten Zweck nicht ausreichen. Diese
Voraussetzung ist in der Praxis aus unserer Sicht ebenfalls nicht gegeben.
Einen weiteren, darüber hinausgehenden ,Schutz’ genießen unsere nächsten
Verwandten nicht. 2002 wurden in Deutschland 1.889 Affen in Versuchen
verwendet. Aktuelle Beispiele, wie die Versuche an Primaten an der
Universität Bremen, in einem Auftragsforschungslabor in Münster oder die
katastrophalen Haltungsbedingungen von Affen in München, die näher in
unserem aktuellen Faltblatt ,Versuche an Affen: Affenschande überall – alles
legal?’ beschrieben sind, machen deutlich, dass das deutsche
Tierschutzgesetz und dessen Umsetzung dringend verschärft werden müssen.
Die Verwendung von Affen zu Versuchszwecken ist aus Sicht des Deutschen
Tierschutzbundes weder ethisch zulässig noch wissenschaftlich notwendig.
Solange Tierversuche nicht vollständig verboten sind fordern wir daher:
a.. Primatenversuche müssen aus gesetzlich vorgeschriebenen
Prüfvorschriften gestrichen werden. Versuche an Affen in der
Grundlagenforschung sind aus ethischen Gründen grundsätzlich zu verbieten.
a.. Die Verwendung von wild gefangenen oder im Ausland gezüchteten
Primaten muss sofort verboten werden.
a.. Solange Primaten zu Versuchszwecken gehalten werden, müssen die
Haltungsbedingungen an die artspezifischen Bedürfnisse der Affen angepasst
werden.“
Weitere Informationen:
a.. Stichting Aap
Kemphaanweg 16
1358 AB Almere
Niederlande
Tel. 00 31 (36) 5 23 87 87
Fax 00 31 (36) 5 38 42 40
E-Mail:
info@aap.nl
Links:
----------------------------------------------------------------------------
----
Dieser Text gibt den Inhalt des Beitrags der Servicezeit: Tiere suchen ein
Zuhause vom 9. Januar 2005 wieder.
Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht
berücksichtigt.
– Alle Angaben ohne Gewähr –