Habt ihr einen Organspendeausweis?

Konsequent wäre es dann zu sagen, ich begleite dich bis zum bitteren Ende, aber die Gründe, die für mich gegen eine Spende sprechen gestehe ich auch allen anderen zu.
Natürlich gestehe ich diese Gründe auch anderen zu. Was sonst? Und deshalb soll ein Angehöriger von mir ggfs. kein gespendetes Organ bekommen? Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Das wäre noch eine interessante Rechtslage, dass gespendete Organe nur Leute bekommen, die inclusive aller Angehörigen (!) selbst Organspender sind. Geschlossener Kreislauf sozusagen. :zustimm:

Was ist an "egoistisch" nicht zu verstehen?
Wir haben einen Mangel an Organen, aber man will seine lebensrettenden Teile lieber mit in die Kiste nehmen, anstatt sie zu spenden? Wofür? Religiöse Gründe?
Wie jetzt: du kennst die Gründe nicht, weißt aber, dass sie egoistisch sind?

Wenn deine Angehörigen in einer lebensbedrohenden Lage ist und nicht mehr selbst entscheiden kann und keine Vorsorge getroffen hat entscheidest du doch auch
Ob er ein Spenderorgan bekommt? Das zufällig grade auf ihn wartet, wenn er völlig unverhofft in eine Notlage kommt, in der von jetzt auf gleich nur ein fremdes Organ ihn retten kann? Und dann werde ich gefragt, ob man es ihm geben soll? Ernsthaft?
Ich habe mich mit dieser Situation ehrlich gesagt noch überhaupt nicht beschäftigt, aber es erscheint mir unwahrscheinlich, dass angesichts des eklatanten Mangels an Spenderorganen Angehörige entscheiden sollen, wer eins bekommt. :kp:
 
  • 5. Mai 2024
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Hi snowflake ... hast du hier schon mal geguckt?
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@snowflake

Ich bin mir relativ sicher, dass die meisten Leute nicht so detailliert darüber nachdenken, wie du.
Die hatten vorher Bedenken und fühlen sich jetzt bestätigt, ohne das näher ausführen zu können. (Dazu gab es mW auch entsprechende Umfragen).
Fakt ist: die Spender hatten auch vorher keinen Einfluss darauf, wer die Organe bekommt, und es war anfangs sogar weniger geregelt als heute.
Bin gerade am Handy - ich schreibe nachher noch etwas mehr dazu. Ohne Tastatur werde ich irre.
 
Ich glaube ja das hier gerade schön aneinander vorbeigeredet wird :lol:
 
Wenn ich wirklich tot wäre, wäre es mir ja auch egal was mit meinen Organen ist. Aber ich finde die Diagnose "Hirntot" schwierig. In den USA ist kürzlich ein "hirntoter" Junge wieder aufgewacht:

Ich halte das zwar für die absolute Ausnahme, aber das gibt mir wirklich zu denken. Ich habe keinen Organspendeausweis und so eine Sache erhöht meinen Wunsch danach auch nicht gerade.

Ich bin bei der DKMS registriert. Im Nachhinein habe ich erst erfahren, dass der bei der peripheren Blutstammzellentnahme verabreichte Wachstumsfaktor im Verdacht steht Krebs erregen zu können. Ich dachte damit käme man "bequem" um die Vollnarkose rum. Naja, hat alles seine Risiken.

Das Leben ist und bleibt lebensgefährlich.
 
Wie jetzt: du kennst die Gründe nicht, weißt aber, dass sie egoistisch sind?

Natürlich sind sie egoistisch.
Die Begründung lautet ICH will keine Organe spenden weil....
"ICH" also egoistische Gründe.

Natürlich gestehe ich diese Gründe auch anderen zu. Was sonst? Und deshalb soll ein Angehöriger von mir ggfs. kein gespendetes Organ bekommen? Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Das wäre noch eine interessante Rechtslage, dass gespendete Organe nur Leute bekommen, die inclusive aller Angehörigen (!) selbst Organspender sind. Geschlossener Kreislauf sozusagen. :zustimm:

Das kannst du gerne ins Lächerliche ziehen, aber es ist nunmal absolut heuchlerisch, selber für sich eine Spende auszuschließen, sie aber für sich und seine Angehörigen in Anspruch zu nehmen. Zum Glück funktioniert die Spendevergabe nicht nach diesem Prinzip, andernfalls hätten wir diese Diskussion nicht, weil sich jeder (aus Eigennutz) als Spender registrieren lassen würde. Es wird demnach keiner gezwungen seine Organe zu spenden - Hilfe würde der Egoist trotzdem bekommen.
 
Fakt ist: die Spender hatten auch vorher keinen Einfluss darauf, wer die Organe bekommt
Das ist doch aber gar nicht der Punkt. Natürlich spendet man als post-mortem-Spender nicht für eine vorbestimmte Person. Wäre auch schwierig und ineffizient.
Das kann doch aber nicht heißen, dass einem auch egal sein muss, ob es für die Zuteilung Regeln gibt, die eingehalten werden, oder nicht.
 
Das ist doch aber gar nicht der Punkt. Natürlich spendet man als post-mortem-Spender nicht für eine vorbestimmte Person. Wäre auch schwierig und ineffizient.
Das kann doch aber nicht heißen, dass einem auch egal sein muss, ob es für die Zuteilung Regeln gibt, die eingehalten werden, oder nicht.
Hmm... Mir ist das relativ wurst ob da gemogelt wird bei der Vergabe. Also jetzt nicht was die benachteiligten Empfänger angeht, aber was das spenden betrifft.

Ich kann es nachvollziehen. Zumindest was die Empfänger und deren Angehörigen betrifft.
Würde jemand den ich liebe ein Organ dringend benötigen, dann würde ich alle auf alle moralischen Bedenken schei.en und alles dafür tun, dass er das Organ bekommt. Und dabei würden mich sicher gewissensbisse plagen was andere mögliche Empfänger angeht, aber trotzdem würd ich es tun.
Nur weil in der Liste gemogelt wird, braucht derjenige ja das Organ nicht (fast) genau so dringend wie ein anderer.
Im Gegenteil. Sieht man das ganze (Gott bewahre) als Markt, dann würde ich ja als nichtspender die gütterknappheit nur verstärken und den Preis in die Höhe treiben. Find ich jetzt auch blöd.
 
Wenn ich wirklich tot wäre, wäre es mir ja auch egal was mit meinen Organen ist. Aber ich finde die Diagnose "Hirntot" schwierig. In den USA ist kürzlich ein "hirntoter" Junge wieder aufgewacht:

Ich halte das zwar für die absolute Ausnahme, aber das gibt mir wirklich zu denken. Ich habe keinen Organspendeausweis und so eine Sache erhöht meinen Wunsch danach auch nicht gerade.

Ich bin bei der DKMS registriert. Im Nachhinein habe ich erst erfahren, dass der bei der peripheren Blutstammzellentnahme verabreichte Wachstumsfaktor im Verdacht steht Krebs erregen zu können. Ich dachte damit käme man "bequem" um die Vollnarkose rum. Naja, hat alles seine Risiken.

Das Leben ist und bleibt lebensgefährlich.
Ach darüber mache ich mir keine Sorgen. Es ist sehr sehr unwahrscheinlich, dass das passiert und ich habe festgestellt, dass mir sehr sehr unwahrscheinliche Sachen irgendwie nie passieren. Leider schließt das auch Gewinne in Lotto mit ein.
Aber ich denke wenn bei mir mal der Arzt den Tod feststellt, dann bin ich auch tot.
 
Natürlich sind sie egoistisch.
Die Begründung lautet ICH will keine Organe spenden weil....
"ICH" also egoistische Gründe.
Quatsch. Die Begründung lautet: ich will keine Organe spenden, WEIL ...
Du kannst doch nicht ernsthaft behaupten, dass eine Entscheidung, die man mit "ich will ... " formulieren kann, schon deshalb egoistisch ist. Das wäre dann praktisch jede persönliche Entscheidung.

Das kannst du gerne ins Lächerliche ziehen, aber es ist nunmal absolut heuchlerisch, selber für sich eine Spende auszuschließen, sie aber für sich und seine Angehörigen in Anspruch zu nehmen.
Was konstruierst du da permanent? Ich kann für meine Angehörigen keine Organspende in Anspruch nehmen, und wenn du es noch so oft behauptest. Und dass mein Angehöriger kein Spenderorgan bekommen könnte, weil ich kein Spender bin - es gab mal ne Zeit, da gab es so was wie Sippenhaft. Gibts nicht mehr, oder?
Es könnte ja sogar sein, dass mein Angehöriger Spender ist. Was dann? Darf er dann auch Empfänger sein, obwohl ich kein Spender bin? :gruebel:
 
Zumal ich mir die Frage stelle, ob ich aus einem solchen Zustand wieder erwachen will.
Da bin ich unentschlossen.
Manchmal denke ich: solange ich noch was mitbekomme - pumpt mich mit lustigen Medikament voll, kocht mir was schönes und lasst mich den ganzen Tag netflix gucken, dann ist das doch was.
Aber andererseits weiß ich ja auch nicht wie das ist und würde den Abschied wohl auch einem würdelosen Leben vorziehen.
 
Quatsch. Die Begründung lautet: ich will keine Organe spenden, WEIL ...
Du kannst doch nicht ernsthaft behaupten, dass eine Entscheidung, die man mit "ich will ... " formulieren kann, schon deshalb egoistisch ist. Das wäre dann praktisch jede persönliche Entscheidung.

In den meisten Fällen ist dem auch so.

Was konstruierst du da permanent? Ich kann für meine Angehörigen keine Organspende in Anspruch nehmen, und wenn du es noch so oft behauptest. Und dass mein Angehöriger kein Spenderorgan bekommen könnte, weil ich kein Spender bin - es gab mal ne Zeit, da gab es so was wie Sippenhaft. Gibts nicht mehr, oder?
Es könnte ja sogar sein, dass mein Angehöriger Spender ist. Was dann? Darf er dann auch Empfänger sein, obwohl ich kein Spender bin? :gruebel:

Ich konstruiere doch gar nichts - natürlich kann ich als Angehöriger die Organspende ansich nicht in Anspruch nehmen, bzw. verweigern. Außer bei meinem Kind natürlich, das darf ich aus religiösen Gründen vor die Hunde gehen lassen.
Es geht um die moralische Frage: "Wenn ich (aus was für Gründen) keine Organe spenden will, bin ich dann (im Falle eines Falles) auch so konsequent weder für mich noch für meine Angehörigen, eine solche Spende anzunehmen, bzw. darauf zu hoffen, dass mein Angehöriger ein Organ bekommt?"
 
Es geht um die moralische Frage: "Wenn ich (aus was für Gründen) keine Organe spenden will, bin ich dann (im Falle eines Falles) auch so konsequent weder für mich noch für meine Angehörigen, eine solche Spende anzunehmen, bzw. darauf zu hoffen, dass mein Angehöriger ein Organ bekommt?"

Nein, darum geht es nicht. Da bin ich bei Snowflake.

Wenn der Angehörige selbst in seinem Leben nie gegen Organspende gewesen ist und selbst die Spende für sich in Erwägung gezogen hätte, wäre es in der Tat egoistisch, wenn ich gegen diesen seinen Wunsch entscheiden würde, weil ich für mich eine andere Entscheidung getroffen hätte.

Ebenso egoistisch und unmoralisch wäre es, die Organe von jemandem zur Spende freizugeben, von dem man wusste, dass er stets gegen Organspende gewesen ist.
 
Ich persönlich hadere für mich noch am "Feintunig" - es würde die Lebensqualität des Betroffenen vielleicht verbessern, aber dahinter steht für mich (im Moment) eine "Verwertungsindustrie" bzw. nichts was Leben "rettet". Ich habe für mich noch nicht entschieden, ob ich mit meinem Kadaver Kapitalisten und Investoren füttern will, wenn der Gewinn des Erhaltenden eben nicht sein Leben ist.
Man kann auch blind und mit einem appen Arm leben - ohne Niere, Herz und Leber aber nicht.

In der Orthopädischen Klinik haben wir 2x Knochen von Organspendern implantiert. 1x ein halbes Becken einer jungen Frau, wegen Knochenkrebs und 1x Oberarmknochen, wegen Nekrose nach schlimmer Fraktur.
Was man heutzutage sonst noch so an "Übrigem" verwendet (ausser Augen- Hornhaut, Knochen) weiss ich gar nicht. Bin nicht mehr so up to date

Das Leben ist und bleibt lebensgefährlich.
Und endet immer tödlich :p
 
Die Diskussion, ob jemand Organe bekommen darf, wenn er selbst nicht Spender sein möchte, kommt offensichtlich immer :)
(Ich habe ein bisschen im Internet gestöbert)
Gesetzlich wird man die Nichtspender nicht von einer Organspende ausschließen können. Die Spende ist freiwillig und der Spender hat keine Verfügungsgewalt, wer seine Organe bekommen "darf"
Moralisch ist es schwieriger: Wenn jemand aus persönlichen Gründen nicht spenden möchte, z.B. weil er Angst hat, religiöse Gründe bestehen oder was auch immer, warum sollte er selbst kein Organ bekommen? Die Spender möchten Leben retten. Da ist es doch eigentlich letztlich egal, wer gerettet wird?

@pat_blue @lektoratte
Ich sehe es auch so, dass die Kliniken Transplantationsspezialisten arbeiten müssen, um jedes potentiell verfügbare Organ zu erreichen.
Ich bin auch sicher, wenn es sie jetzt schon gäbe, ständen mehr Organe zur Verfügung, denn die Kliniken melden ja nicht regelmäßig genug verfügbare Organe. Da muss man den Kliniken schlicht einen Teil der Verpflichtung abnehmen und für entsprechendes Personal sorgen.
Ich glaube aber auch, dass man die Vergabepraxis auf den Prüfstand stellen sollte.

@mausi
Hätte meine Freundin ein Organ gebraucht, auf das ich zumindest teilweise verzichten könnte und wäre ich eine passende Spenderin, hätte ich mich sofort bereit erklärt. Und natürlich hätte ich mich gefreut, wenn sie auf ein Organ angewiesen gewesen wäre und sie eine bekommen hätte. (angenommen, sie hätte das Organ gewollt). Aber verpflichtet mich das dadurch, selbst Spender zu werden, wenn für mich einige Dinge nicht klar sind?

@all
Die Frage ist, welche Gründe akzeptabel sind, um sich zum Nichtspenden zu entscheiden.
Ich habe mittlerweile einiges darüber gelesen und es gibt ein paar Punkte, mit denen ich mich einfach schwer tue.
Die Tatsache, dass es bei der Organentnahme in Ländern unterschiedlich gehandhabt wird, ob eine Vollnarkose während der Entnahme gemacht wird und auch, dass Muskelentspannungsmittel und Schmerzmittel gegeben werden. Wenn ich "tot" wäre im üblichen Sinne, würde ich keine Medikamente brauchen.
Würde die Angst vor Schmerzen reichen, um jemanden zu entschuldigen, der nicht spenden möchte?
Dieser Punkt war nur ein Beispiel.
Ein anderer wäre: Könnte ich, solange ich lebe, damit leben, dass potentiell mit meinem Organ jemand weiterlebt, dem ich das Weiterleben so gar nicht ermöglichen möchte? Damit meine ich aber nicht den Idioten, der mich letztens auf der Autobahn genötigt hat. :)

Aus verschiedenen Gründen bin ich gegen die Widerspruchslösung und für die Zustimmungslösung. Einfach auch, weil ich glaube, dass im letzteren die Fehlerquote von "nicht rechtmäßig entnommenen Organen" geringer wäre. Solange keine Zustimmung vorliegt, wird dann nicht transplantiert.


 
Nein. Darfst du nicht.

Super, dass das vom Tisch ist!
Nein, darum geht es nicht. Da bin ich bei Snowflake.

Wenn der Angehörige selbst in seinem Leben nie gegen Organspende gewesen ist und selbst die Spende für sich in Erwägung gezogen hätte, wäre es in der Tat egoistisch, wenn ich gegen diesen seinen Wunsch entscheiden würde, weil ich für mich eine andere Entscheidung getroffen hätte.

Häh?
Nein.
Der Angehörige kriegt was er kriegt, völlig unabhängig von irgendwas.

Was ich meine ist - kann derjenige, der eine Organspende ablehnt, dann auch so konsequent den Tod eines Angehörigen abtun, weil es kein passendes Organ gegeben hat? Oder das Leiden während der Dialyse damit begründen, dass andere ja schließlich ihre Gründe haben?
Da müsste der "Verweigerer" dann eben kosnequent sein und sagen "tja, Pech".
 
So - und nun

@snowflake

Zu den Kriterien der Organvergabe:

In der Anfangszeit der Transplantationsmedizin, als selten transplantiert wurde und es wenig Erfahrung gab, gab es keine einheitlichen Kriterien, nach denen festgelegt wurde, welcher von mehreren geeigneten Empfängern ein Organ bekam. Jede Klinik legte die intern selbst fest, und ein wesentliches Kriterium, noch aus der Zeit, als Transplantationen im Grunde "Experimentalmedizin" waren, war, wie erfolgversprechend die Transplantation ist.

Sprich: Es bekam nicht unbedingt der kränkste Patient das Organ, sondern uU der mit der besten Überlebenschance für die OP.

Es gab auch keine zentrale Organverteilung.

Je häufiger transplantiert wurde, und je mehr vereinheitlicht wurde, desto größer wurde der Bedarf nach einheitlichen Kriterien. Die gibt es mittlerweile, sie unterscheiden sich aber von Organ zu Organ. Bei der Lebertransplantation ist es zB seit 2003 der

Dieser gibt den Schweregrad der Lebererkrankung an, sprich, der kränkste Patient erhält als erstes eine Leber.

Diese Regelung ist unter den ausführenden Ärzten nicht unumstritten. Entsprechende Staitsitken belegen, dass seit der Einführung des MELD-Scores die Erfolgsrate bei Lebertransplationen nach unten geht, und die Sterberate nach oben. Auch die Zahl der "Zweittransplantationen" nimmt zu. Gerade bei Organmangel funktioniert das Prinzip nur schlecht, denn Leute werden im Grunde erst transplantiert, wenn sie zu krank dafür sind. Und wenn sie noch nicht zu krank dafür sind, müssen sie so lange warten, bis sie es sind.

Das entschuldigt den von der Untersuchungskommission in einigen TP-Zentren festgestellten "lockeren Umgang" mit bestehenden Vorschriften selbstredend nicht, erklärt ihn aber mE durchaus.

Wenn man sich die entsprechenden Fälle anschaut, dann sind das alles Fälle, in denen Patienten "etwas" kränker gemacht wurden, als sie waren, damit sie auf der Liste nach vorn rücken, solange sie noch "transplantabel sind". (und es fällt auf, dass der über-überwiegende Teil des Ganzen im Bereich der Lebertransplantationen passiert ist, wo es eben durch die Einführung des MELD-Scores diese Entwicklung gegeben hat.)

Ich finde das ein ganz, ganz schwieriges Feld und tue mich wirklich schwer damit, das zu bewerten. Auf der einen Seite ist klar: Es muss Kriterien geben, die müssen so fair wie möglich sein, und wenn die einmal gelten, dann für alle.

Auf der anderen Seite stelle ich mir vor, ich bin Arzt, ich habe vielleicht die Technik, um die es geht, maßgeblich mitentwickelt, und sehe nun die Erfolge meiner Arbeit den Bach runtergehen. Ich weiß, dass ich Patient A mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit helfen könnte. Operieren muss ich aber Patiente B, der ethisch dasselbe, rechtlich sogar das größere Recht auf eine OP hat, dem diese aber mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht mehr helfen wird. Ich muss das knappe gut "Organ" quasi verschwenden und helfe am Ende mit einiger Wahrscheinlichkeit zwei Menschen damit nicht...

Wer da ruhig sagen kann: "Nicht meine Entscheidung, Vorschrift ist Vorschrift, wir machen es so, wie es Gesetz steht, egal wie fragwürdig das Ergebnis ist", ist fein raus.

Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist, dass knallharte wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen. Nicht die des einzelnen Arztes, auf Kosten der Patienten, sondern des Transplantationszentrums. Das will, soll und muss viel operieren, damit es sich rechnet. Also muss es möglichst viele der knappen Organe " an sich ziehen". Dafür braucht es kränkere Patienten.

Eine der zentralen Figuren des Skandals, ein Arzt, der erst in Göttingen, dann Regensburg und dann wieder Göttingen tätig war, bekam in Regensburg die dezididerte Anweisung, die Zahl der Transplantationen zu steigern. Hat er gemacht, u.a. durch eine Kooperation mit dem Ausland. Er wurde von Göttingen, wo er schon einmal gearbeitet hatte, mit dem explizierten Auftrag wieder eingestellt, dort bitte das gleiche zu bewirken, auch wenn durchaus bekannt war (so groß sind die entsprechenden Kreise nicht), dass es in Regensburg Probleme wegen Unregelmäßigkeiten gegeben hatte. Und er hat es auch da gemacht. Durch systematische Manipulationen der Patientenakten. Um operieren zu können und die Vorgaben der Klinikleitung zu erfüllen. Die im Gegenzug nicht so genau hingesehen hat.
Die Patienten wussten davon nichts. Denen hat keiner gesagt: "Eigentlich sind Sie noch nicht fällig, aber wir drehen da was für Sie!" - Wer nix weiß, kann auch nicht drüber reden.

Edit: Das ist mW der einzige Fall, wo systematisches, planvolles Handeln klar belegt ist. Allerdings wird/wurde? in einigen anderen Zentren mit größerer Fallzahl auch in der Richtung ermittelt.

Das ist selbstredend kriminell. Und es wird ja auch ermittelt. Der Betrug geht aber eindeutig eher zulasten anderer TP-Zentren als wirklich zulasten individueller Patienten, was eine juristische Bewertung des Schadens für die Patienten sehr schwierig macht. Denn es gibt ja viele Kriterien, und es werden sehr selten nur zwei Patienten im Eurotransplantraum für eine Transplantation eines bestimmten Organs infrage kommen, sodass klar ist, wer ganz konkret zu Unrecht leer ausgegangen ist. Es ist ganz einfach für jeden aufgrund einer solchen Manipulation nicht berücksichtigten Patienten nicht zu sagen, ob er wirklich transplantiert worden wäre, wenn die Manipulation nicht stattgefunden hätte.

Und es haben ja allermeistens nicht Leute eine neue Leber erhalten, die vor Gesundheit strotzten. Sondern Leute, die ebenfalls krank waren. Und in der Regel ebenfalls eine Leber brauchten oder in absehbarer Zeit allerspätestens brauchen würden. Es waren nichtmal Leute, die "sich vorgedrängelt haben", oder "dafür gezahlt haben" - sondern welche, die von den Ärzten, aus welchen Gründen auch immer, vorgezogen wurden. Und in der Regel keinen Grund hatten, anzunehmen, dass dabei nicht alles mit rechten Dingen zuging.

Das steckt - für mich - alles da drin, und darum stehe ich näher bei @kitty-kyf , wenn's darum geht, die Unregelmäßigkeiten einzuordnen.

Und es ist ja tatsächlich so. Jeder, der nicht spendet, verschärft im Grunde das Problem und sorgt dafür, dass der Anreiz für Manipulationen größer wird.
 
Die Tatsache, dass es bei der Organentnahme in Ländern unterschiedlich gehandhabt wird, ob eine Vollnarkose während der Entnahme gemacht wird und auch, dass Muskelentspannungsmittel und Schmerzmittel gegeben werden. Wenn ich "tot" wäre im üblichen Sinne, würde ich keine Medikamente brauchen.

Wenn du tot in dem Sinne wärst, dass du diese Medikamente nicht mehr brauchst, könnte man deine Organe nicht mehr verwenden. ;)

M.W. ist es so: Bei einer OP schüttet das geschädigte Gewebe Stresssignale aus. Logisch. Dieser Teil des Körpers funktioniert ja auch noch, wie er soll. Die Nerven reagieren auch noch mit Schmerzsignalen und senden diese ins Gehirn - wo sie aber (so die Theorie beim Hirntod) keiner mehr abliest. Diese Marker wirken aber entzündungsfördernd und vergrößern uU die Komplikationsrate bei der Transplantation, weil sie die entsprechenden Organe schädigen können.

In einigen Ländern gibt es also Leitlinien, die daher die Gabe von Entzündungshemmern befürworten, und auch Vollnarkose - um die Bereiche des ZNS, die da noch funktionieren, auch lahmzulegen, und die Ausschüttung von Stresshormonen auf ein Minimum zu reduzieren.

Ob das sinnvoll ist, ist umstritten, ich meine, die Studienlage ist nicht eindeutig. Ich glaube, Deutschland tut sich da etwas schwer, die lehnen Schmerzbehandlung bei vielem ab, wo es in anderen Ländern Standard ist und übernehmen so etwas oft recht spät. Ich halte das ür eine etwas unglückliche medizinische Tradition.

Andererseits gibt es hier nicht Millionen Schmerzmittel-Abhängige wie in den USA, wo das Pendel in den letzten Jahren in die andere Richtung ausgeschlagen ist... ein gesunder Mittelweg wäre es mal wieder. Aber ich schweife gerade ab.

Wie sinnvoll oder nötig es ist, einen Hirntoten zur narkotisieren, kann ich nicht beurteilen. Es gibt Wissenschaftler, die bejahren das zugunsten der Gewbequalität, und es gibt welche, die verneinen das. Wie fundiert diese Aussagen sind und wie weit die Forschung, weiß ich aktuell aber nicht.

Da müsste der "Verweigerer" dann eben kosnequent sein und sagen "tja, Pech".

Tja, macht er ja vielleicht auch?

Das ist doch völlig unabhängig davon, was am Ende dann mit dem Angehörigen passiert oder nicht?
 
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