Der Fiskus verrät den Kampfhund nicht

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Neue Verordnung
Der Fiskus verrät den Kampfhund nicht
Datenaustausch zwischen Behörden ist nicht erlaubt

Von Claudia Freytag

Erftkreis - Es wird weniger gebissen. Ein halbes Jahr, nachdem die neue Landeshundeverordnung in Kraft getreten ist, scheinen die Hundehalter des Erftkreises offenbar tatsächlich ein bisschen besser auf ihre Lieblinge aufzupassen: "Wir registrieren weniger Vorfälle mit Hundebissen", sagt Thorsten Friedmann, Sprecher der Frechener Stadtverwaltung. Wenn man allerdings sich in den Städten weiter erkundigt, wie es denn um die Kontrolle bestellt ist, dann fällt ein Wort so gut wie immer: Dunkelziffer.

Denn auf der einen Seite berichten die Verwaltungen zwar nicht ohne Stolz von gut besuchten Sachkundeprüfungen, auch als "Hundeführerschein" bezeichnet. Auf der anderen Seite räumen sie jedoch auch ein, dass damit nur diejenigen erreicht werden, die ohnehin gesetzestreu sind. Wer so dreist ist, einen Hund der als gefährlich eingestuften Rassen zu halten, dies aber nicht anmeldet, kann höchstens bei stichprobenartigen Kontrollen erwischt werden. Alles andere verbietet der Datenschutz.

Nur in Ausnahmefällen

Denn der Austausch von Daten zwischen Ordnungs- und Steueramt ist nur in Ausnahmefällen erlaubt, nicht aber, um komplette Listen von Hundehaltern zu bekommen und abzugleichen. "Dabei würde uns das die Arbeit ausgesprochen erleichtern", sagt Friedmann. Das heißt: Obwohl die Hundesteuer durchaus ein ordnungspolitisches Instrument ist - also dazu benutzt werden darf, die Bürger vom Hundehalten abzuschrecken -, hat das Ordnungsamt keine Chance, von der eigenen Verwaltung zu erfahren, wer als Hundebesitzer gemeldet ist.

Diese Rechtslage ist aber offenbar längst nicht allen Städten und Gemeinden in NRW bewusst. So erklärt beispielsweise der Fachbereichsleiter für das Ordnungswesen in Bergheim, Vinzenz Drexler, ganz frank und frei, im vergangenen Juli vom Steueramt eine Liste von Hundehaltern bekommen und diese dann auch angeschrieben zu haben. "Das war für uns ein ganz klarer Fall von Gefahrenabwehr", ergänzt Sachbearbeiterin Andrea Vogt.

Nachvollziehbar und bei weitem kein Einzelfall - und doch greife dieses Argument nicht, entgegnet Horst Dressler, Referatsleiter für Finanzen beim Landesamt für Datenschutz in Düsseldorf. "Das haben viele Kommunen fälschlicherweise angenommen. Da ist leider Gottes einiges schief gelaufen", sagt Dressler. Die Übermittlung von personenbezogenen Daten sei nur erlaubt, wenn ein konkreter Schadensfall vorläge - oder wenn die Stadt keinen anderen Weg hätte, die Hundehalter zu erreichen.

Doch den gibt es: So könnten zum Beispiel die Ordnungsämter Vordrucke anfertigen, die das Steueramt dann an die Hundehalter verschickt - mit der Bitte, diese dann wiederum ausgefüllt an die Ordnungsämter zurückzuschicken. In der Stellungnahme des Landesamtes heißt das dann "Versendung im Dreiecksverhältnis" - in diesem Fall also durchaus eine ehrenhafte Sache. Dressler: "Ich kann ja verstehen, dass die Ordnungsämter gern die Liste hätten. Aber sie bekämen dann gleichzeitig viel mehr Informationen über die Steuerzahler, als sie für ihre Zwecke tatsächlich bräuchten."

Besagtes "Dreiecksverhältnis" funktioniert übrigens auch umgekehrt, nämlich dann, wenn das Steueramt Angaben vom Ordnungsamt braucht - zum Beispiel in Städten, in denen für gefährliche Hunde eine erhöhte Steuer fällig ist, wie unter anderem in Frechen, Wesseling und Hürth. Dann könnte bei oben genanntem Schreiben direkt auch ein Vordruck mitgeschickt werden, mit dem die betroffenen Hundehalter sich wiederum beim Steueramt anmelden können. Und dies ist genau der Weg, den beispielsweise die Stadt Wesseling gegangen ist. Kurios ist das in diesem Fall allerdings schon, weil dem Ersten Beigeordneten Bernhard Hadel beide Ämter unterstehen und er deshalb die Post von beiden auf den Tisch bekommt. "In solchen Fällen müsste es eigentlich möglich sein, das Steuergeheimnis mal beiseite zu lassen", meint Hadel. Einer solchen Entscheidung räumt Hans-Gerd von Lennep, Beigeordneter für Recht und Verfassung beim Städte- und Gemeindebund, allerdings wenig Chancen ein: "Wir treten zwar immer für eine schlanke Verwaltung ein, das wäre so ein Beispiel dafür. Andererseits ist auch der Datenschutz ein wichtiges Rechtsgut."

In Wesseling gibt es allerdings noch ein ganz anderes Problem: Gerade weil die Stadtverwaltung die Verordnung schon konsequent umsetzen konnte, muss sie zurzeit monatlich bis zu 3600 Mark Unterhalt zahlen - für zehn gefährliche Hunde, die mehreren Hundehaltern weggenommen werden mussten, "teilweise mit Polizeigewalt", wie Hadel berichtet. Die Tiere sind nun in einer Pension untergebracht, vermittelbar sind sie wohl nicht mehr.

Brief an Ministerin

Auch Friedmann berichtet aus Frechen von einem eingezogenen Tier, das nun auf Kosten des Steuerzahlers für 600 Mark monatlich untergebracht ist. Hadel: "Wir haben schon an Ministerin Bärbel Höhn geschrieben und um Klarstellung gebeten." In solchen Fällen müsste es nach Hadels Meinung auch möglich sein, die Tiere einzuschläfern, da sie aller Voraussicht nach ohnehin nicht mehr wirklich artgerecht gehalten werden könnten.

Aber auch angesichts der zehn eingezogenen Hunde ist Hadel klar: "Wir können immer nur Stichproben machen." Das gilt insbesondere für die Rundgänge der Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes, die auf angeleinte und maulkorbbewehrte Hunde achten. Problematisch wird's nur dann, wenn dieselben Mitarbeiter dies nur nebenbei erledigen können, weil sie außerdem noch für die Knöllchen zuständig sind, wie etwa in Frechen und Elsdorf. Zwar haben die Mitarbeiter ein Merkblatt bekommen, anhand dessen sie theoretisch die Rasse eines Hundes bestimmen können. Aber im zeitlichen Spagat zwischen Verkehr und Vierbeinern bleibt oft nicht mehr Zeit, als auf die korrekte Verwendung von Leine und Maulkorb zu achten.

Soziale Kontrolle

In Elsdorf, vermutet Konrad Meuser vom dortigen Bürgermeisterbüro, funktioniere immerhin die soziale Kontrolle durch die Nachbarschaft womöglich noch besser als in größeren Städten: "Die Leute kennen sich." Ähnliches meldet Stadtsprecher Willi Pütz aus Hürth: Auch dort habe die Zahl der Hinweise aus der Bevölkerung auf gefährliche Hunde zugenommen. Ansonsten fühlt man sich gewappnet: Drei Außendienstmitarbeiter gehören zum täglichen Streifendienst "an neuralgischen Punkten", etwa auf Spielplätzen und Spazierwegen. Jeden Monat stöberte die Stadt so "um die zehn schwarze Schafe" auf.

Allerdings, räumt Pütz ein, wüssten etliche Hundehalter offenbar immer noch nicht Bescheid, wann für sie und ihr Tier welche Auflagen gelten: "Da gibt es ein Informations-Defizit." Dass sich längst nicht alle Hundehalter melden, die dies müssten, ist auch Pütz klar. Aber, so sagt der Sprecher zuversichtlich: "Irgendwann taucht jeder mal auf."
 
  • 6. Mai 2024
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