Wolfgang
KSG-Haarspalter™
Freie Presse online
Die rechtswidrige Postkarten-Aktion zur Hundesteuer, mit der die Stadt bei Hausbesitzern Informationen über unversteuerte Hunde von Mietern eingeholt hat („Freie Presse“ vom 24. Oktober), sorgte am Freitag für Krisensitzungen im Rathaus. Ist die Hundesteuersatzung auf Grund rechtswidriger Paragrafen komplett hinfällig? Könnten Hundebesitzer, die ihre Steuer entrichteten, diese deshalb zurückfordern? Muss die Satzung wegen der rechtswidrigen Paragrafen 8 und 9, die Hausbesitzer per Bußgeldandrohung verdonnern wollen, ihre Mieter anzuzeigen, sofort geändert werden? Solche Fragen wurden im Rechtsdezernat fieberhaft diskutiert.
„Selbst wenn der Paragraf zur Auskunftspflicht von Grundstücksbesitzern rechtswidrig ist, berührt das nicht die Gültigkeit der Satzung“, urteilt Rechtsbürgermeister Frank Motzkus und beruft sich auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster (22 A 2455/96), das diesen Punkt beleuchtete. Schließlich findet sich der rechtswidrige Passus nicht nur in der Chemnitzer Hundesatzung wieder, sondern in denen vieler Städte. „Als die Satzung im Jahr 2000 erarbeitet wurde, hat man vieles einer Mustersatzung entnommen“, vermutet Motzkus. Dass die Rechtswidrigkeit damals niemand bemängelte, auch nicht bei der Überprüfung im Rechtsamt, habe an ungeklärten Fragen gelegen, so Motzkus. Selbst das Münsteraner Urteil sei in dem Punkt nicht eindeutig, erst der Hinweis des sächsischen Datenschutzbeauftragten schaffe jetzt Klarheit, so Motzkus.
Nach Urteil des Datenschutzbeauftragten Thomas Giesen verstieß die Stadt mit der Befragung klar gegen Bundesrecht, „konkret gegen den Paragrafen 93 der Abgabenordnung, der regelt, dass Befragung Dritter nur zulässig ist, wenn direkte Nachfrage beim Betroffenen keinen Erfolg hat. Man kann nur im Einzelfall Nachbarn oder Hausbesitzer fragen, wenn man etwa Hinweise auf Gebell hat, der Bewohner aber behauptet, keinen Hund zu haben“, führt Giesen aus. „Das Verbot umfassender Befragungen soll Spitzelei unterbinden“, sagt der Datenschützer. Angesichts der Postkarten-Aktion der Stadt hatten sich auch prompt mehrere Hausbesitzer an „Blockwartszeiten“ erinnert gefühlt.
„Wer hier mit dem Wort Denunziantentum argumentiert, sollte sich aber fragen, bei wem der größere Rechtsbruch liegt, bei den Hundebesitzern, die keine Steuern zahlen, oder bei der Stadt“, kontert Motzkus. Dennoch – was die Postkartenaktion betrifft, so verweist der Rechtsbürgermeister darauf, dass man bereits eingegangene Informationen unverwandt vernichten werde. „Und wer das Ding noch nicht abgeschickt hat, soll es einfach in den Müll werfen.“
(eu)
24.10.2003
Die rechtswidrige Postkarten-Aktion zur Hundesteuer, mit der die Stadt bei Hausbesitzern Informationen über unversteuerte Hunde von Mietern eingeholt hat („Freie Presse“ vom 24. Oktober), sorgte am Freitag für Krisensitzungen im Rathaus. Ist die Hundesteuersatzung auf Grund rechtswidriger Paragrafen komplett hinfällig? Könnten Hundebesitzer, die ihre Steuer entrichteten, diese deshalb zurückfordern? Muss die Satzung wegen der rechtswidrigen Paragrafen 8 und 9, die Hausbesitzer per Bußgeldandrohung verdonnern wollen, ihre Mieter anzuzeigen, sofort geändert werden? Solche Fragen wurden im Rechtsdezernat fieberhaft diskutiert.
„Selbst wenn der Paragraf zur Auskunftspflicht von Grundstücksbesitzern rechtswidrig ist, berührt das nicht die Gültigkeit der Satzung“, urteilt Rechtsbürgermeister Frank Motzkus und beruft sich auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster (22 A 2455/96), das diesen Punkt beleuchtete. Schließlich findet sich der rechtswidrige Passus nicht nur in der Chemnitzer Hundesatzung wieder, sondern in denen vieler Städte. „Als die Satzung im Jahr 2000 erarbeitet wurde, hat man vieles einer Mustersatzung entnommen“, vermutet Motzkus. Dass die Rechtswidrigkeit damals niemand bemängelte, auch nicht bei der Überprüfung im Rechtsamt, habe an ungeklärten Fragen gelegen, so Motzkus. Selbst das Münsteraner Urteil sei in dem Punkt nicht eindeutig, erst der Hinweis des sächsischen Datenschutzbeauftragten schaffe jetzt Klarheit, so Motzkus.
Nach Urteil des Datenschutzbeauftragten Thomas Giesen verstieß die Stadt mit der Befragung klar gegen Bundesrecht, „konkret gegen den Paragrafen 93 der Abgabenordnung, der regelt, dass Befragung Dritter nur zulässig ist, wenn direkte Nachfrage beim Betroffenen keinen Erfolg hat. Man kann nur im Einzelfall Nachbarn oder Hausbesitzer fragen, wenn man etwa Hinweise auf Gebell hat, der Bewohner aber behauptet, keinen Hund zu haben“, führt Giesen aus. „Das Verbot umfassender Befragungen soll Spitzelei unterbinden“, sagt der Datenschützer. Angesichts der Postkarten-Aktion der Stadt hatten sich auch prompt mehrere Hausbesitzer an „Blockwartszeiten“ erinnert gefühlt.
„Wer hier mit dem Wort Denunziantentum argumentiert, sollte sich aber fragen, bei wem der größere Rechtsbruch liegt, bei den Hundebesitzern, die keine Steuern zahlen, oder bei der Stadt“, kontert Motzkus. Dennoch – was die Postkartenaktion betrifft, so verweist der Rechtsbürgermeister darauf, dass man bereits eingegangene Informationen unverwandt vernichten werde. „Und wer das Ding noch nicht abgeschickt hat, soll es einfach in den Müll werfen.“
(eu)
24.10.2003