§ 3 Verhaltensprüfung
(1) Die Verhaltensprüfung nach § 5 Abs. 3 Satz 3 LHundG NRW wird durch die beamtete Tierärztin oder den beamteten Tierarzt – erforderlichenfalls unter Hinzuziehung sachverständiger Dritter – auf einem für den zu prüfenden Hund neutralen Gelände durchgeführt. Eine Verhaltensprüfung soll nur mit solchen Hunden durchgeführt werden, deren Halterin, Halter oder Aufsichtsperson in Besitz einer Sach-kundebescheinigung ist. § 1 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Ziel der Verhaltensprüfung ist das Erkennen übersteigerter aggressiver Reaktionen des Hundes, die sich in gefährlicher Weise auf Mensch und Tier auswirken können. Die Verhaltensprüfung soll folgende Elemente (Prüfelemente) umfassen:
1. Überprüfung des Gehorsams des Hundes;
2. Verhalten bei Kontakt mit Personen in Bewegung (Jogger, Skater, Radler), die auch in engen räumlichen Kontakt zum Hund treten;
3. Verhalten bei Konfrontation mit unerwarteten Begebenheiten (z.B. Aufspannen eines Schirmes; Fallenlassen eines Schlüsselbundes; Kontakt mit nicht normal reagierenden Personen);
4. Verhalten des Hundes bei Konfrontation mit Geräuschen (z.B.: Fahrradklingel; Geschrei; Trillerpfeife);
5. Verhalten im Straßenverkehr oder in einer vergleichbaren Gegebenheit;
6. Verhalten beim Kontakt mit anderen, auch gleichgeschlechtlichen Hunden;
7. Verhalten des angebundenen Hundes ohne die Halterin oder den Halter in normalen Kontaktsituationen mit fremden Personen und Hunden.
Der Hund darf während des Prüfungsvorgangs keinen über das normale Maß hinausgehenden Reizen ausgesetzt werden, die nachvollziehbare und natürliche Abwehrreaktionen provozieren. Die Reize müssen dem Hund in angemessener Dosierung vermittelt werden, so dass überprüft werden kann, ob der Hund, gemessen an der Reizstärke, ein der Situation nicht angemessenes Aggressionsverhalten aufweist.
(3) Die Verhaltensäußerung des Hundes zu den verschiedenen Prüfelementen ist jeweils zu dokumentieren und zu bewerten.
Bei einer negativen Bewertung zu einem Prüfelement nach Absatz 2 Satz 2 Nrn. 2 bis 7 ist davon auszugehen, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten ist. Die Prüfung ist abzubrechen und gilt als nicht bestanden. Bei einer negativen Bewertung des Prüfelements nach Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Befreiung von der Maulkorbpflicht möglich ist, ohne dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten ist.
(4) Die abschließende positive Beurteilung der Verhaltensprüfung muss die Person benennen, die den Hund bei der Verhaltensprüfung geführt hat. Erforderlichenfalls ist eine Empfehlung zum Umfang der Befreiung von der Maulkorb- und/oder Anleinpflicht und zu möglichen Auflagen auszusprechen.
(5) Der zu prüfende Hund muss mindestens 15 Monate alt sein. Bei Hunden, die vor Erreichen des zweiten Lebensjahres geprüft werden, muss nach Ablauf von zwei Jahren eine Wiederholung der Verhaltensprüfung stattfinden.
(6) Für Hunde, die das Mindestalter noch nicht erreicht haben, soll eine befristete Ausnahme von der Anlein- und Maulkorbpflicht erteilt werden, wenn die regelmäßige, mindestens alle zwei Wochen erfolgende Teilnahme an einer Junghundeausbildung (z.B. Vorbereitung zur Begleithundeausbildung) der zuständigen Behörde gegenüber durch eine Bescheinigung der für den Vollzug des Tierschutzgesetzes zuständigen Behörde nachgewiesen wird.
(7) Die Verhaltensprüfung kann in den Fällen des § 10 Abs. 2 LHundG NRW auch gegenüber anerkannten Sachverständigen oder einer anerkannten sachverständigen Stelle abgelegt werden. Die Absätze 1 bis 5 gelten dafür entsprechend.
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Behördlich anerkannte Verhaltensprüfungen oder vergleichbare Prüfungen anderer Bundesländer, die die Feststellung rechtfertigen, dass beim ordnungsgemäßen Führen des Hundes ohne Leine und ohne Maulkorb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist, sind als gleichwertig anzuerkennen und einer Entscheidung über die Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht gemäß § 5 Abs. 3 LHundG NRW zugrunde zu legen.
Auszug aus DVO LHundG NRW vom 19. Dezember 2003