Tierschützerin vor Gericht

LillyoftheValley

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15 Jahre Mitglied
Tierschützerin vor Gericht


Nordhausen/Thüringen, 4.8.03

Bei Wind und Wetter ist Roswitha Laube als Tierschützerin unterwegs.

Ehrenamtlich. Doch ausgerechnet die Polizei, zu deren Aufgaben auch das Verfolgen von Tierfrevlern gehört, behandelte sie als Straftäterin. Der Diebstahl eines Hundes im Februar 2003 wurde ihr vorgeworfen. Zwei Monate später ist das Verfahren zwar eingestellt; aber nun weigert sich die Polizei, die gespeicherten Daten zu löschen.

Seit 33 Jahren arbeitet Roswitha Laube ehrenamtlich für den Tierschutz. Einmal in der Woche begibt sich die 66-Jährige auf Kontrollgang: "Wir prüfen vor allem das Einhalten der Tierschutzverordnung. Notfalls weisen wir auf geänderte Regeln der Tierhaltung hin." Wenn es irgendwo brennt, darüber wird der Nordhäuser Tierschutzverein von aufmerksamen Bürgern informiert. "Bis zu 800 Hinweise erhalten wir im Jahr."

Auch das Schicksal von Ritchie aus Werther, einem kleinen Ort bei Nordhausen, kam dem Verein zu Ohren: Der Terriermischling lebe unter üblen Umständen. Im September vorigen Jahres besuchen Frau Laube und ein weiteres Vereinsmitglied Ritchies Besitzer. In einer offenen Hütte ist das acht Jahre alte Tier an einer 1,5 Meter langen Kette festgemacht. Der Besitzer wird gebeten, angesichts des nahenden Winters die Beanstandungen zu ändern.

Bei der Kontrolle am 8. Januar - es sind minus 20 Grad - ist alles wie gehabt. Der Hund hatte keinen Kälteschutz. Das müsse sofort geändert werden, fordert Roswitha Laube von dem Tierhalter. Der reagiert ziemlich barsch. "Nehmen Sie ihn doch mit!", soll er zu der Tierschützerin und einem weiteren Vereinsmitglied gesagt haben.

Doch ein paar Tage später gibt es vom Tierhalter eine Anzeige: Frau Laube soll den Hund gestohlen haben.

Was dann passiert, gleicht einem schlechten Film. Ermittlungen laufen an. Am 21. Januar unterschreibt eine Richterin des Amtsgerichts Nordhausen den Durchsuchungsbefehl AZ 31GS 30/03. Zwei Tage später stehen drei Polizisten vor dem Haus, dazu je zwei Mitarbeiter des Veterinäramtes und des Ordnungsamts. Auch der Tierhalter ist dabei. Frau Laube ist entsetzt über diesen Aufmarsch. Sie gibt den Hund heraus. Der kommt ins Tierheim, später wird er wieder an den Besitzer gegeben.

Erst am nächsten Tag schickt die Polizeiinspektion (PI) Nordhausen eine Vorladung, mit der Frau Laube zur Anhörung am 5. Februar bestellt wird. Ein Datum, das die 66-Jährige so schnell nicht vergisst. Wie ein Schwerverbrecher kommt sie sich vor. Sie wird fotografiert, es werden Fingerabdrücke genommen, sogar die Schuhgröße vermessen. Frau Laube bestreitet den Diebstahl. Es gehe um Tierschutz, also läge keine "Aneignungsabsicht" vor.

Die Tierschützerin beschwert sich bei der nächsthöheren Dienststelle - der Polizeidirektion (PD) Nordhausen - über die Aktion. Am 10. März erklärt Polizeirat Hartmut Wachtel, der Chef der Polizeiinspektion, in einem Schreiben, die Beschwerde sei zulässig, sie werde aber als "unbegründet zurückgewiesen". Dass der Tierhalter bei dieser Durchsuchung anwesend war, sei übrigens purer Zufall.

Es folgen weitere Briefe. Die Polizei sieht keine Verfehlung in ihrer Arbeit. Auch nicht, als die Staatsanwaltschaft Mühlhausen das Verfahren gegen die Beschuldigte am 14. April einstellt. Ein Gespräch mit Polizeihauptkommissar Manfred Rechtacek, dem Chef der juristischen Abteilung der PD Nordhausen, am 18. Mai bringt allerdings keinerlei Annäherung.

Am 10. Juni fordert Roswitha Laube von der PD, die über sie gespeicherten Daten zu löschen, da das Verfahren eingestellt ist. Die Polizei denkt jedoch nicht daran. Hauptkommissar Rechtacek schreibt am 30. Juni: "Erkennungsdienstliche Maßnahmen zu präventiv-polizeilichen Zwecken kommen in erster Hinsicht gegen Wiederholungstäter in Betracht." Im Fall von Frau Laube habe der Staatsanwalt das Hauptverfahren nicht eröffnet, weil die Schuld des Täters als gering anzusehen sei und "kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht". Deshalb könnten die Daten erst nach fünf Jahren gelöscht werden.

Roswitha Laube ist empört, dass sie zur Wiederholungstäterin abgestempelt wird: "Das ist nicht nur Verleumdung, sondern auch ein Versuch der Einschüchterung." Wer wisse denn, in welche Hände ihre Daten noch gelangen, sagt sie.

PD-Sprecher Thomas Soszynski beruhigt, die Daten seien sicher. Dass sie erfasst wurden, erklärt er mit anderen Verfahren gegen Frau Laube. Welche, will er nicht sagen: "Datenschutz." Das sei unerhört, erregt sich die Tierschützerin: "Es gibt kein anderes Verfahren."

Die Polizei bleibt bei ihrer Darstellung, mit der sie die Datenerfassung begründet. Für Beamte gelte eine "Richtlinie für die Führung polizeilicher personenbezogener Sammlungen". Sie regele unter anderem, wann Fingerabdrücke genommen werden, erklärt Soszynski. Einsehen kann man diesen Katalog nicht: "Das ist geheim."

Geheim? Ging es hier nicht um einen Hund?

Hauptkommissar Jürgen Acksteiner, Datenschutzbeauftragter der Nordhäuser Polizei, hat keine Bedenken. Damit Licht in den Fall kommt, liegt er jetzt als Petition auf dem Tisch von Ulrich Ott, Vize-Datenschutzbeauftragter des Landes.

Die Polizei legt indes Frau Laube nahe, vor dem Verwaltungsgericht zu klagen.

Wie soll man das alles einem Mischlingshund erklären?

 
  • 26. April 2024
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Hi LillyoftheValley ... hast du hier schon mal geguckt?
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#VerdientProvisionen | Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.
Da das 'Beweisstück' bei ihr aufgefunden wurde, sie außerdem keinen neutralen Zeugen hat, der ihre Aussage bestätigt, steht sie natürlich 'dumm da'.
Der Hundehalter kann behaupten, was er will. - Eine Überlassungsbestätigung hatte sie auch nicht vorweisen können - dumme Sache.
Welche Maßnahmen ergriffen werden entscheiden die Beamten. - Auch wenn sich im Nachhinein herausstellt, daß alles eine Nummer zu groß ausgefallen ist.
Aber, wer Feuer anfasst, nimmt Verbrennungen billigend in Kauf.

cu Hans
 
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