Staffordhündin vor Tierheim ausgesetzt - Kind hielt tapfer fest

Andreas

Traurige Tierschicksale häufen sich
Hinweise auf Herkunft der Vierbeiner fehlen oft / Plätze im Tierheim sind zurzeit alle belegt


Wertheim. Alle Hundeboxen sind belegt, die zwei Katzengehege voll, und die Käfige mit Kaninchen und Mäusen füllen den ganzen Boden eines Raumes im Wertheimer Tierheim. Diese Situation ist in der Ferienzeit eigentlich nichts Außergewöhnliches, doch so viele Tiere wie in diesem Jahr waren es bisher noch nie. "Die Menschen werden immer verantwortungsloser und raffinierter, wenn es darum geht, sich ihrer Haustiere einfach so zu entledigen," berichtete Irmtraud Theisen, Leiterin des Tierheims in Wertheim. Zusammen mit Jutta Spachmann, die für den Tierschutzverein drei Mal in der Woche in der Einrichtung hilft, päppelt sie, wenn nötig, die ausgesetzten Tiere wieder auf und gibt ihnen ein neues Zuhause auf Zeit, weil sie darauf hofft, dass die Vierbeiner bald wieder ein neues Herrchen oder Frauchen finden.

Die zwei Tierschützerinnen haben gerade in der Ferienzeit einige traurige Schicksale miterlebt: Vor einigen Tagen beispielsweise wurde die Kampfhündin Sandy am Gittertor des Tierasyls ausgesetzt. Das allein war schon schlimm genug gewesen, doch die Umstände machten diese Situation auch noch gefährlich. Zehn Minuten vor der Öffnungszeit des Tierheims war eine auswärtige Autolenkerin vorgefahren. Vor dem Tierheim wartete die kleine Lisa, die hier oft aushilft. Ihr wurde die lange, rote Leine, an der sich Sandy befand, einfach in die Hand gedrückt, und die Frau wollte sofort wieder ins Auto steigen. Als das Mädchen anmerkte, dass doch gleich jemand vom Tierheim kommen würde, hieß es nur lapidar, "dann binde ich den Hund einfach an die Gitter des Tores an". Doch Lisa ließ sich die Leine nicht wieder aus der Hand nehmen und hielt den Stafford-Terrier tapfer fest.

"Nach dieser Geschichte habe ich am nächsten Tag die Mutter des Mädchens angerufen, die mir erzählte, dass das Kind den ganzen Abend über aufgeregt war und in der Nacht von dem Vorfall träumte," erzählte Theisen. Schließlich können Kampfhunde in solch einer Situation gefährlich werden, denn sie haben viel Kraft und sind gleichzeitig verängstigt. "Gott sei Dank ist nichts passiert," so Theisen.

Die Zukunft von Sandy, die zu den insgesamt 28 herrenlosen Hunden im Tierheim zählt, sieht nicht "rosig" aus. Denn Kampfhunde brauchen eine konsequente Erziehung und Halter, die Erfahrung mit solch einem Hund mitbringen. Da Sandy schon rund neun Jahre alt ist, sei es fast unmöglich, den Vierbeiner an jemanden zu vermitteln. "Von solch einem Tier müssen wir uns zuerst einmal selbst ein genaues Bild machen, bevor wir es jemandem empfehlen," erläuterte Theisen.

Mehr Glück hatte die so genannte "Aldi-Hündin", berichtete Jutta Spachmann. Zwei Polizisten hatten eine junge, schwarze Hündin entdeckt, die auf dem Gelände des Aldi-Marktes auf dem Reinhardshof, wahrscheinlich in der Nacht, angebunden worden war. Nach einem entsprechenden Anruf der Polizei war das Tierheim sofort bereit, den Vierbeiner aufzunehmen.

Trotz des traurigen Schicksals hatte die zirka einjährige Hündin Glück. "Über Bekannte haben wir Kontakt zu einem Paar geknüpft, das vor kurzem seinen Hund verloren hatte und wieder ein ähnliches Tier aufnehmen wollte," informierten Spachmann und Theisen. Und es war "Liebe auf den ersten Blick": Bei einem Spaziergang und im Auslaufgehege lernten sich Tier und Mensch kennen - und die "Aldi-Hündin" hatte ein neues Zuhause gefunden.

Weniger Glück haben die verschiedenen Kleintiere, mittlerweile um die 15, die oft einfach im Karton, ohne Namen oder Futter, vor dem Tor abgestellt werden. Kürzlich hatte jemand wohl ein sehr schlechtes Gewissen, mutmaßte Theisen. Goldhamster "Teddy" wurde auf dem Nachbargrundstück der Anlage deponiert, dann folgte ein Anruf über das Mobiltelefon, und die Stimme sagte nur: "Ich habe etwas für euch, schaut mal um die Ecke." Dann legte der Anrufer einfach auf. Viele Kaninchen, Mäuse und Hamster wurden in letzter Zeit im Tierheim sogar ohne Käfig abgegeben, "denn der wird meistens noch zu Geld gemacht", so die Tierheimleiterin.

Auch die knapp 30 Katzen haben es nicht leicht, wieder ein neues Herrchen oder Frauchen zu finden. Meistens stehen kleine Kätzchen auf dem Wunschzettel, die zukünftigen "Tiereltern" haben oft ganz genaue Vorstellung, was Rasse und Fellfarbe betrifft. Zwar können Theisen und Spachmann manchmal helfen, denn der Kontakt zu den Tierheimen in Bad Mergentheim und Würzburg ist gut, und jeder weiß um die verschiedenen Schützlinge des anderen. "Die Wünsche sind aber so festgefahren, dass man manchmal guten Gewissens kein Tier vermitteln kann," so Theisen. Es soll ja für die "ehemaligen Pechvögel" möglichst die letzte Station sein.

"Wir sind die Letzten, die ein Tier nicht aufnehmen würden, doch die Gleichgültigkeit und Verantwortungslosigkeit machen uns einfach sprachlos," bedauern Theisen und Spachmann, die sich mit viel Herz und großem Engagement für alle ihre Schützlinge einsetzen. Was die zwei Tierfreunde besonders entsetzt, sind auch die "Geschichten", die die Menschen erzählen, um ihr Verhalten zu entschuldigen. Auffällig oft würden Scheidungen als "Gründe" vorgeschoben. Zudem würden viele Versprechen gegeben, um dann auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Die versprochenen Futterrationen oder die zugesicherten Utensilien des Haustieres würden meistens schnell vergessen.

Bei vielen Neuzugängen fehlt jeder Hinweis auf die Geschichte der Vierbeiner. Deshalb wird von Futter über Leckereien und das Lieblingsspielzeug bis zu den begehrten Streicheleinheiten alles ausprobiert, um Hund, Katze oder Kaninchen wenigstens ein Ersatz-Zuhause zu bieten. Wenn der Impfpass fehlt, werden alle nötigen Impfungen nach- oder wiederholt. Dabei würden Theisen und Spachmann auch Kleinigkeiten weiterhelfen: Die gewohnte Leine oder Decke, der heimische Korb oder Napf und das Halsband von "Zuhause", das einfach am besten passt, würden bei vielen Tieren den ersten Trennungsschmerz etwas lindern.

Weitere Informationen zum Wertheimer Tierheim gibt es unter Telefon 0 93 42 / 14 35 oder während der Besuchszeiten am Montag, Dienstag und Donnerstag von 16 bis 18 Uhr, am Samstag von 14 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung. mako

© Fränkische Nachrichten – 26.08.2004
 
  • 11. Mai 2024
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Hi Andreas ... hast du hier schon mal geguckt?
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Andreas schrieb:
"Nach dieser Geschichte habe ich am nächsten Tag die Mutter des Mädchens angerufen, die mir erzählte, dass das Kind den ganzen Abend über aufgeregt war und in der Nacht von dem Vorfall träumte," erzählte Theisen. Schließlich können Kampfhunde in solch einer Situation gefährlich werden, denn sie haben viel Kraft und sind gleichzeitig verängstigt. "Gott sei Dank ist nichts passiert," so Theisen.
Ach ja. Und andere Hunde stecken es einfach weg, wenn sie so entsorgt werden?

Das Mädchen würde ich gerne einfach nur in den Arm nehmen, daß sie so vorurteilslos zu der Hündin gestanden hat. Hoffentlich konnte sie sich wenigstens ein Teil vom Kennzeichen merken

Gabriele
 
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