OVG Lüneburg stellt Mängel der GefTVO in NS fest

bickrottis

20 Jahre Mitglied
Nach dem erfreulichen Urteil des OVG Schleswig stellt auch das OVG Lüneburg erhebliche Mängel an der niedersächsischen Gefahrtierverordnung fest.


Die Verantwortlichen des Landes Schleswig-Holstein reagierten auf die erfolgreiche Klage, die von unserem 2. Vorsitzenden Karsten Ribbe stellvertretend für unseren Verein am OVG Schleswig eingereicht wurde und dem absolut korrekten sowie mutigen Richterspruch, wie trotzige Kinder. Umgehend wurde kund getan, dass man gegen die Nichtzulassung der Revision mit einer Beschwerde vorgehen werde. Wesentlich ungehaltener gab der niedersächsische Landwirtschaftsminister, Uwe Bartels, seiner Frustration freien Lauf. Er war sich nicht zu schade in seiner ersten spontanen Reaktion die niedersächsischen Kläger, hierunter meine Person stellvertretend für unseren Verein, mit bösen Unterstellungen zu diffamieren.

Mit Verweis auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse wurde die nds. Rasseliste vom OVG Lüneburg in ihrer derzeitigen Form für rechtswidrig erklärt. Insbesondere die unwiderlegbare Gefährlichkeitsvermutung der in Kategorie 1 benannten Hunderassen ist unhaltbar. Aufgrund anderer wissenschaftlicher Publikationen (Qualzuchtgutachten), die die angebliche Gefährlichkeit einzelner Zuchtlinien bei den in Kategorie 1 benannten Hunderassen behaupten, hat sich das OVG Lüneburg der sachlich korrekten und konsequenten Entscheidung des OVG Schleswig nicht im vollem Konsens angeschlossen. Obwohl das Qualzuchtgutachten des Bundeslandwirtschaftsministeriums von unabhängigen und kompetenten Wissenschaftlern schon im erheblichen Ausmaß derbe Kritik ernten musste, hält das OVG Lüneburg unter diesem Gesichtspunkt Rasselisten nicht grundsätzlich für unzulässig. Dennoch erklärte der Vorsitzende bei der Verkündung des Urteils sinngemäß, der Senat wäre zu der Auffassung gekommen, dass es keine gefährlichen Rassen geben würde, sondern das dies nur, nach den vom Senat anerkannten wissenschaftlichen Unterlagen, auf wenige Zuchtlinien zutreffen würde.

Mit der Entscheidung des OVG Schleswig vom 29.05.01 zeichnet sich aber nun eine ganz deutlich Tendenz ab. Seit 1992 wurden 6 rassespezifische Hundeverordnungen (OVG Saarlouis, OVG Bremen, 2 x VG Hamburg, 2 x VGH Baden-Württemberg) von Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten als rechtswidrig erklärt. Und auch das Bundesverwaltungsgericht hat sich im Jahre 1999 schon einmal mit dieser Thematik befasst. Nachdem der VGH Baden-Württemberg am 26.04.99 noch einmal sein Urteil aus dem Jahre 1992 bestätigte und sich ganz deutlich gegen die bayerische Aussenseiterentscheidung und die "Rechtsauffassung" der dort zuständigen Kollegen aussprach, wurde von der Stadt Mannheim Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Obwohl die Stadt Mannheim in ihrer Beschwerdebegründung auf die anstehende Innenministerkonferenz verwies und damit köderte, mit der Annahme der Beschwerde könne man den verantwortlichen Politikern eine vorzügliche Entscheidungshilfe an die Hand geben, wurde die Beschwerde vom 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 31.08.99 abgewiesen. Unter diesem Gesichtspunkt mögen die Verantwortlichen der Landesregierung Schleswig-Holstein ihre Entscheidung noch einmal überdenken.

Wie ist das Urteil des OVG Lüneburg aus erster Sicht zu beurteilen bzw. welche Perspektiven ergeben sich aus diesem? Zuerst einmal ist aus unserer Sicht festzustellen, dass entgegen der absurden Behauptung des Landwirtschaftsministers Bartels, der zuständige Senat die Verordnung seines Hauses keineswegs in den wichtigsten Punkten bestätigt hat. Denn, einer der brisantesten Punkte und Stützpfeiler der Verordnung war die unwiderlegbar unterstellte Gefährlichkeit der in Kategorie 1 benannten Hunderassen, mit der Zielsetzung, diese auszurotten. Unser oberstes Ziel durch die Klage, die Erhaltung von Bullterrier und Co - sie vor der Ausrottung zu schützen - wurde somit erreicht.

Sicherlich besteht weiterhin eine völlig unsinnige Rassenliste und betrachtet man die Pressemitteilung des OVG, so ist dieser mit Bestürzung zu entnehmen, dass der Senat eine weitere Kategorie, die der Gebrauchshunderassen, geschaffen hat. Jedoch bleibt den betroffenen Tieren der Kategorie 1 nach einem erfolgreich absolvierten Wesenstest zumindest ein Teil der ordnungsrechtlich auferlegten Mißhandlungen, der Maulkorbzwang, erspart. Darüber, dass der Senat den weiteren ständigen Leinenzwang für akzeptabel erachtet, den ständigen Maulkorbzwang jedoch aufgrund der wissenschaftlichen Ausführungen und Einwände hinsichtlich der negativen Auswirkungen von Leinen- und Maulkorbzwang für unangemessen beurteilt, kann m. E. nicht gestritten werden. Diese Beurteilung ist völlig absurd und wird noch absurder unter dem Gesichtspunkt, dass der Senat die Möglichkeit zur Widerlegung der Gefährlichkeitsvermutung durch einen erfolgreich absolvierten Wesenstest für zwingend notwendig erachtet. Das Resultat ist ebenso grotesk wie die durch uns angegriffene Verordnung. In allen anderen angegriffenen Punkten gilt die Gefährlichkeitsvermutung nach erfolgreich absolviertem Wesenstest als widerlegt. Hinsichtlich des Leinenzwangs bleibt sie weiterhin unwiderlegbar. Dieser Umstand lässt sich auch nicht mit dem Argument einer bestehenden Restgefahr rechtfertigen. Denn eine latente Restgefahr besteht in sämtlichen Lebensbereichen und jedes Lebewesen birgt sie in sich.

Ein weiterer sehr entscheidender Punkt, der als positiv verbucht werden darf: Der Senat erachtet es als unverhältnismäßig und rechtswidrig, dass Hunde der Kategorien 1, sollten sie den Wesenstest nicht bestehen, getötet werden sollen. Selbst wenn es nüchtern betrachtet, vor allem in Anbetracht der Kosten, auch weiterhin für die betroffenen Hundefreunde keine Freude bedeutet, den in 99% der Fälle überflüssigen Wesenstest durchführen zu müssen, so entfällt doch die enorme Anspannung. Die Angst, eventuell an einen unfähigen oder befangenen Gutachter zu geraten und somit den Verlust seines geliebten Tieres zu riskieren, entfällt.

Welche Perspektiven eröffnen sich für uns durch die Entscheidung des OVG Lüneburg? Aus unserer Sicht ergeben sich hieraus neue Ansätze, um die leidigen "Kampfhunde"-Steuersatzungen anzugreifen bzw. könnte sich das Urteil hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der unwiderlegbaren Gefährlichkeitsunterstellung eventuell schon ohne größeren Aufwand auf die Besteuerung auswirken (keine erhöhte Steuer für wesensgeprüfte Hunde). Des weiteren gerät unter diesem Gesichtspunkt sowohl das Bundesgesetz zur Abwehr von Gefahren durch gefährliche Hunde, als auch die Tierschutz-Hundeverordnung ins Wanken. Welche konkreten Auswirkungen dieses Urteil letztendlich für uns haben wird, wird sich jedoch erst nach intensiver Prüfung der schriftlichen Urteilsbegründung zeigen. Wir können jedoch jetzt schon sagen, dass wir das Ergebnis für unbefriedigend erachten und zu die Möglichkeit zur Revision in Anspruch nehmen werden.

Ein Punkt erscheint mir hinsichtlich des Urteils und der Euphorie einiger Hundefreunde von besonderer Bedeutung. Die vom Gericht als rechtswidrig erklärten Passagen, insbesondere sei hiermit auf den Maulkorbzwang hingewiesen, bleiben bis zur Zustellung des Urteils und dessen Rechtskraft bzw. bis zu einer entsprechenden Änderung der Verordnung in Kraft. Also bitte jetzt kein Risiko eingehen, und leichtfertig die Hunde ohne Maulkorb spazieren führen.

Wie schon in der vergangenen Woche von mir berichtet, verlief die mündliche Verhandlung am OVG Lüneburg für die Verantwortlichen des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums nicht unbedingt zu deren Zufriedenheit. Man blieb nicht nur den Beweis für sein Vorgehen schuldig, sondern verstrickte sich in heftige Widersprüche. Das Ministerium lieferte sich einen absolut blamablen Auftritt und bot ein erschreckendes Beispiel seiner selbst vielfach hochgelobten "Kompetenz". Einer der Höhepunkte war das widerwillige Eingeständnis, dass der Großteil der vom Ministerium zur Abnahme des Wesenstests bestellten Tierärzte derzeit noch gar nicht über die hierfür erforderliche Qualifikation verfügt. Um unsere diesbezüglichen Vorwürfe zu entkräften trug man vor, dass man mit der niedersächsischen Tierärztekammer ein Übereinkommen getroffen hätte. Man würde den betreffenden Tierärzte entsprechende Fortbildungsmaßnahmen anbieten. Nach Teilnahme an diesen, würden sie sehr wohl über die notwendige Qualifikation verfügen und dürften die Zusatzbezeichnung "Verhaltenstherapie" führen. Auf die Nachfrage eines Richters, über welchen Zeitraum sich diese Fortbildung erstrecken würde, bekam er zur Antwort: Zwei Jahre. Diese Antwort löste nicht nur große Verwunderung aus.

Unter diesem Gesichtspunkt bitte ich die in den letzten Tagen mehrfach geäußerte Reklame des Herrn Bartels, das Gericht hätte das Landwirtschaftsministerium für die gute Qualität des Wesenstest gelobt, zu betrachten. Nicht das ich die Qualität des Wesenstests in Abrede stellen will, denn dieser wurde u.a. von sehr kompetenten Fachleuten erarbeitet. Aber, was nützt z. B. die modernste und fortschrittlichste Technologie, wenn das zuständige Personal nicht über den erforderlichen Ausbildungsstand verfügt, um diese zu bedienen. Nicht nur, dass die Anschaffung sehr hohe Kosten verursacht. Das Risiko, dass durch unsachgemäße Bedienung ein erheblicher Schaden verursacht wird, ist sehr groß. Weiterhin gibt auch sehr zu denken, dass die kompetenten Experten, die den Wesenstest erarbeiteten - derzeit waren jedoch die Voraussetzung und die ursprüngliche Zielsetzung ganz andere - sowie deren Kompetenz noch heute immer wieder wohlwollend erwähnt werden, wenn es darum geht den Wesenstest werbewirksam anzupreisen. Wenn sich aber die gleichen Experten vehement gegen Rassenkataloge und gegen die niedersächsische Gefahrtierverordnung aussprechen und protestieren, dann setzt man sich borniert über deren Äußerungen hinweg.

Aber hiermit noch nicht genug des "Guten". Nachfolgend einige weitere Beispiele für die ausgesprochene "Kompetenz" des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums bzw. Beweise dafür, dass man sich ganz genau darüber bewusst ist, dass man wider besserem Wissen handelt:

Betrachtet man die Broschüre des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums "Hundeartige - artige Hunde", veröffentlicht im Jahre 2000, so macht nicht nur der Titel den erfahrenen Hundefreund stutzig. Was ein artiger Hund ist, leuchtet ein. Aber was bitte schön sind Hundeartige? Ein Flughund oder ein Seehund etwa? Nein, die Broschüre handelt in der Tat über Hunde. Warum aber dann Hundeartige? Das Vorwort des Herrn Minister Bartels strotzt nur so vor kynologischen Fehlern. Hier werden Hunderassen wie z. B. Staffordshire, Dogo Argentino und Mastin Espanol als historische Kampfhunderassen bezeichnet. Der American Staffordshire Terrier wurde aber nie für den Hundekampf gezüchtet. Der Dogo Argentino wurde nie als "Kampfhund" eingesetzt, sondern wurde zur Jagd auf Raubzeug verwandt. Auch der Mastin Espanol hat keine "Kampfhundevergangenheit". Er wird zum Schutz der Viehherden eingesetzt. Weiterhin behauptet Bartels, die Wissenschaft hätte bei wenigen Zuchtlinien "vererbbares Angriffs- und Beißverhalten nachgewiesen". Diese Behauptung ist absolut hanebüchen.

Und auch in dieser Broschüre wird den Hundehaltern wieder einmal versprochen: "Durchgeführt wird das Testprogramm (Wesenstest) von speziell dafür qualifizierten Tierärztinnen und Tierärzten". Dass dem nicht so ist, durften wir, wie schon berichtet, in der Verhandlung am OVG Lüneburg erfahren. In dem Kapitel "Wie entstehen gefährliche Hunde?" erfahren wir viel Zutreffendes. Jedoch wird mit keiner Silbe erwähnt, dass gerade "Modehunde" sehr oft von dubiosen Geschäftemachern vermehrt, unter katastrophalen Bedingungen (fehlende Umweltreize, Sozialisation usw.) aufgezogen und in der Regel an unerfahrene Menschen veräußert werden. Das gerade aus diesem Bereich der wohl größte Anteil kranker, verhaltensgestörter und später negativ auffälliger Tiere stammt, wird völlig verschwiegen. Den Abschluss dieser Broschüre bildet das Kapitel "Sieben für alle - Eine kleine Auswahl an Rassehunden".

Dackel: (...) ist er der ideale Wohnungshund auch für die kleine Stadtwohnung. Chow Chow: (...) kein Kläffer. Dies prädestiniert ihn zur Haltung auch in einer Etagenwohnung. (...) Anderen Hunden und fremden Menschen gegenüber verhält er sich eher reserviert.
Cocker Spaniel: (...) in seiner kompakten Form ein kleines Kraftpaket. Sein wesensfester Charakter verlangt eine gute Erziehung.
Golden Retriever: (...) ruhiges und wachsames Wesen macht ihn zum idealen Familienhund.
Kleiner Münsterländer: (...) dieser mittelgroße Hund ist auch für die Stadtwohnung geeignet. Sein unbekümmertes Wesen sowie die stets weitergezüchtete Apportierlust und Arbeitsfreude machen ihn zum idealen Jagd- und Familienhund.
Pudel: (...) Von Natur aus ist er ein sehr sauber, was ihn auch zum idealen Wohnungshund macht.
Sibirian Husky: (...) Hat ein für arktische Bedingungen geschaffenes Fell und ist daher möglichst im Freien zu halten. Sein sanftes Wesen macht ihn zu einem angenehmen Familienhund.

Einmal davon abgesehen, dass bei dieser Auswahl augenscheinlich die Eignung als Stadt- und Etagenwohnungshund Hauptkriterium war, handelt es sich bei diesen Beschreibungen um Auszüge aus Trivialliteratur. Einige sehr wichtige Aspekte scheint man hier aber übersehen zu haben. So bezieht man sich in der Broschüre auf einen Beitrag von Frau Dr. Rehage, ohne diesen ganz offensichtlich im vollem Umfang zur Kenntnis genommen zu haben bzw. hat man es bewusst vermieden. So ist diesem Beitrag zu entnehmen, dass gerade Dackel, Chow Chow, Pudel und Münsterländer in der Praxis Rehage sowie der Praxis Barth zu den Hunderassen gehörten, deren Vertreter aufgrund von Hyperaggressivität euthanasiert wurden (Anm.: Die sog. "Kampfhunde" traten hier überhaupt nicht in Erscheinung). In der Untersuchung des Deutschen Städtetages, die dem Ministerium ebenfalls bestens bekannt ist, finden wir den Dackel auf Platz 7 (unmittelbar hinter dem Staffordshire Bullterrier), den Pudel auf Platz 13, den Husky auf Platz 14,den Cocker Spaniel auf Platz 15, den Golden Retriever auf Platz 19 und der Chow Chow findet sich auf Platz 21 noch vor dem als Kamphund diffamierten Mastino Napoletano (26), dem der Münsterländer in der Auffälligkeit gleichsteht.

Unberücksichtigt bleibt ebenfalls die Cockerwut, die beim roten Cockerspaniel nicht selten auftritt. Das beim Golden Retriever, aufgrund seiner Modeerscheinung, guter Vermarktungsmöglichkeiten und dubioser Zuchtpraktiken, ähnliche Probleme auftauchen, findet ebenfalls keine Berücksichtigung (Prominentestes Beispiel: Hans Meiser). Gleiches gilt für den Pudel, der sich unter seminatürlichen Bedingungen gehalten außerordentlich aggressiv verhält und Indikatoren von sozialem Stress zeigt, die auf Überforderung verweisen (Fr. Dr. Feddersen-Petersen-Hunde in Berlin). Das der Husky aufgrund seiner Fellbeschaffenheit für unser Klima nicht unbedingt geeignet ist und das Tiere dieser Rasse hinsichtlich ihrer Selektion auf Arbeitsfreude und -Leistung, ebenso wie der Münsterländer, sich zu sehr problematischen Vierbeinern entwickeln können, wenn sie nicht entsprechend gefordert werden, scheint den Ministeriumsmitarbeitern nicht erwähnenswert.

Aber auch hiermit noch nicht genug. Vergleicht man die Äußerungen des Herrn Bartels und die seines Mitarbeiterstabes aus jüngster Vergangenheit, als man sich tatsächlich noch an seriöse Fakten orientierte, mit den heutigen, ist weder ein Konzept noch das tatsächliche Ziel erkennbar. Das Motto jedoch könnte lauten: "Was schert mich mein Geschwätz von gestern. Ihr werdet staunen, was ich Euch morgen zu berichten habe." Die hier aufgeführten Äußerungen haben nichts an Aktualität verloren. Zum Zeitpunkt als diese verfasst bzw. mündlich getätigt wurden, lagen dem Landwirtschaftsministerium die gleichen wissenschaftlichen Erkenntnisse wie am heutigen Tage vor.


Nordwest-Zeitung vom 27.10.1997. Bartels zum "Kampfhunde"-steuerurteil des OVG-Lüneburg vom 19.02.97. "Urteil macht keinen Sinn" "Wir halten es für ein untaugliches Mittel, gefährliche Hund sozusagen per Definition zu bestimmen. Die Aussage, bestimmte Hunderassen seien pauschal gefährlich, wie es das Gericht gemacht hat, kann einer wissenschaftlichen Prüfung und der alltäglichen Praxis nicht standhalten. Denn Fakt ist, dass wir bei einer Umfrage festgestellt haben, dass ein überproportional hoher Anteil von Verletzungen des Menschen durch Tiere bestimmter Rassen nicht nachgewiesen werden konnte."


Bartels in einem Schreiben an Thomas Henkenjohann vom 10.12.1997."Wie ihnen bekannt ist, hat sich zwischenzeitlich der Rat der Stadt Burgdorf mehrheitlich gegen eine erhöhte Steuer für gefährliche Hunde ausgesprochen. Ich denke, dass insofern Sachargumente auch die Politiker vor Ort erreichen und ihre Handlungsweise unabhängig von der Medienwirkung bestimmt wird. Als erfolgsversprechender Weg erscheint mir insofern nur eine sachliche Aufklärung der Kommunen über die tatsächliche Einstufung gefährlicher Hunde unabhängig von der Rassezugehörigkeit. Hierzu will ich auch weiterhin gerne Beitragen."


Frau Dr. Dayen in einem Schreiben an Bullterrier in Not-Hof e. V., Vertretung für Berlin - Frau Habekost, vom 31.05.1999. "Wie Sie schon richtig belegen, lässt sich die Gefährlichkeit eines Hundes nicht durch die Rassezugehörigkeit belegen, sondern durch Verhaltensmerkmale, die durch züchterische Auswahlkriterien, insbesondere aber durch den Tierhalter, geprägt und beeinflusst werden können. Das niedersächsische Gefahrenabwehrrecht bietet den zuständigen Behörden bereits jetzt ausreichende Eingriffsmöglichkeiten, um entsprechende Maßnahmen für tatsächlich gefährliche Hunde zu verfügen."


Der Pressereferent des Landwirtschaftsministerium, Herr Rosinke, in einem Schreiben an einen Hundefreund vom 25.02.2000. "Zur Sache selbst ist es richtig, dass wir daran festhalten, keine eigene Kampfhundeverordnung, wie in anderen Bundesländern üblich, herauszugeben. U. a. weil wir es für fachlich nicht nachvollziehbar halten, allein von der Rasse die Gefährlichkeit abzuleiten. Nicht richtig ist, dass wir an einer eigenen Hundeverordnung arbeiten."


Bartels in der Nordwest-Zeitung vom 12.04.2000 "Vererbung unterbrechen"Frage: Einige Gemeinden möchten im Alleingang ein Kampfhunde-Verbot durchsetzen. Sehen Sie die rechtlichen Möglichkeiten hierfür? Da gibt es Probleme. Das geht immer nur dann, wenn ein Hund schon auffällig geworden ist. Denn Sie müssen ja erst einmal definieren, welches Tier zu den "gefährlichen" zählt; in der Hitliste der auffälligen Tiere steht der Schäferhund ganz oben, nicht der Pitbull."


Bartels in einem Schreiben an eine Hundefreundin vom 12.06.2000"Mit Sorge betrachte ich die zunehmende Verallgemeinerung der Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen. Um so konzipierte "Rasselisten" rankt sich ein Katalog von Zwangsmaßnahmen und Auflagen, die bei nüchterner Betrachtung die Auswirkungen mildert, aber nicht die Ursache erfasst. Mein Haus hat stets den Kontakt zu Wissenschaft und Forschung gehalten. Unsere bisher vertretene Position: Die Ablehnung von Rasselisten wird sowohl durch die Wissenschaft als auch von Seite der praktizierenden Tierärzte immer wieder bestätigt. So hat sich der Deutsche Tierärztetag in Würzburg eindeutig gegen die Einstufung der Gefährlichkeit von Hunden anhand der Rasse ausgesprochen."


Bartels in einer Presseerklärung des Landwirtschaftsministeriums vom 01.09.2000 zur Haltung der Kommunen bei der Umsetzung der Gefahrtier-Verordnung Mit Unverständnis reagierte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Uwe Bartels auf Vorwürfe kommunaler Verbandsvertreter, das Land wälze lästige Aufgaben des Schutzes vor gefährlichen Hunden neuerdings auf die Gemeinden ab. Er könne sich nur wundern über Kommunen, die den Vollzug von Schutzmaßnahmen in diesem Bereich für ein Landesproblem halten. Damit dokumentieren sie, so Bartels, dass sie trotz der Zuspitzung des Gefahrhundeproblems in den letzten Jahren nichts unternommen haben, obwohl das schon bisher im Einzelfall möglich gewesen wäre. Nach dem niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz sind für gefährliche Hunde geeignete Maßnahmen (z. B. Anordnung von Maulkorb- und Leinenzwang, Wegnahme von Hunden, wenn die Halterin oder der Halter nicht für die Sicherheit seines Tieres Gewähr bieten kann, Anordnung der Tötung von Hunden bis hin zum Verhängen von Hundehaltungsverboten) anzuordnen und deren Befolgung sicherzustellen. Viele schwere Beißzwischenfälle zeigten allerdings Lücken in der Umsetzung der vorhandenen Bestimmungen.

Resultat: Man beugt sich der Macht und dem Druck der Sensationsmedien. Es interessieren weder Fakten noch die Wahrheit. Und selbst das eigene - gesprochene und geschriebene - Wort zählt keinen Pfifferling mehr. Es wird geleugnet, geschoben und betrogen. Und das alles nur weil man befürchtet, die eigene Person könne an Popularität verlieren, würde man sich nicht dem Trend der Unbelehrbaren anschließen. Ein eigenes Profil, seine eigene bisher korrekte Linie weiter zu verfolgen und Rückrat zu zeigen scheint im Kreise der Politik, insbesondere in dieser Angelegenheit, nicht vorhanden bzw. unerwünscht. Man verfügt lediglich über eine Wirbelsäule, Rückrat ist kaum vorhanden.

Obwohl man schon den Wissenschaftlern gehörig das Wort im Munde verdrehte und sich die bewusst negativ selektierten Auszüge der Trivialliteratur von Fernsehköchen und fragwürdigen Pseudoexperten zu Eigen machte, um die wissenschaftlich unhaltbaren aber politisch gewollten Rasselisten zu rechtfertigen, scheint man sich immer noch des entgültigen Sieges ungewiss. Um auf Nummer sicher zu gehen, bedient man sich nun bundesweit des "Experten" der bayerischen Landesregierung, dem Sachverständigen Herrn B.. Nach 9 Jahren bayerischer Hundeverordnung bezieht sich Herr B. noch immer ausschließlich auf die "hundekampfverherrlichende Literatur" von Fleig und Waise aus dem Jahr 1979. Wer in seinen Vorträgen und Äußerungen nach Ergebnissen wissenschaftlicher Dissertationen sucht, der sucht vergeblich. Von den betreffenden Hunderassen weiß er wenig bis gar nichts. Dafür kennt sich dieser Herr umso besser mit Disziplinarverfahren aus. Als Leiter der Münchner Polizeihundestaffel stolperte er über seine Privatgeschäfte und Unregelmäßigkeiten im Dienst. Laut der TZ München vom 07.08.87, Bericht von Karl-Heinz Dix, soll der Hauptkommissar seinen Dienst unregelmäßig versehen haben und nebenbei junge Hunde aufgekauft, in der Dienststelle abgerichtet und wieder veräußert haben. Überdies habe er eigenmächtig Diensthunde ausgetauscht. Auch die Steuerfahndung habe die Ermittlungen aufgenommen. Einer unehrenhaften Entlassung konnte er nur entgehen, weil er den Dienst kurz zuvor seinerseits quittierte.

Nachdem die Karriere im Polizeidienst des Herrn B. so abrupt ihr Ende fand, verdient sich der "Experte" nun seine Brötchen in der Hundeschule seiner Frau und mit der Überprüfung vermeintlich gefährlicher Hunde. Insofern kann es dem Herrn schon aus finanziellen Gesichtspunkten nur recht sein, dass nun, nachdem der Bestand seiner ursprünglichen Klienten durch die bayerischen Restriktionen dezimiert wurde, die Rassenliste erweitert und damit weitere Einnahmen gesichert werden. Aber auch die erneute Diskussion über vermeintlich gefährliche Rassen beschert Herrn B. eine weitere Einnahmequelle. Er bereißt die Republik und liefert den zuständigen Politikern was sie wünschen: Sein Pseudowissen über die diffamierten Hunderassen und verdrehte Fakten. Kurzum ein Alibi für die Rasselisten. So fand auch sein Vortrag für die Arbeitsgemeinschaft (ArgeVet) der für das Veterinärwesen zuständigen Landesbehörden - Arbeitsgruppe für Tierschutz (AfTSCH) bei den Abgesandten der Landesministerien großen Anklang. Dort behauptete der "Experte" B. laut Protokoll allen Ernstes: "Charakteristisch für diese Gruppe (Bulldograssen) ist, dass bei diesen Hunden bewusst bestimmte Kommunikationsmerkmale weggezüchtet wurden, die für das Sozialverhalten der Hunde untereinander und gegenüber Menschen große Bedeutung haben. Dadurch fallen im Konfliktfall die sichtbaren Drohgebärden weitgehend weg, so dass ein Angriff dieser Hunde schwer vorherzusehen ist. Dies begründet - neben der Beißkraft und der Bemuskelung - die erhöhte Gefährlichkeit."

Einmal davon abgesehen, dass kein Laie dazu in der Lage ist, die Mimik eines Hundes zu deuten (insofern ist es Unsinn aus der angeblich innerartlich eingeschränkten Kommunikation eine erhöhte Gefährlichkeit für den Menschen abzuleiten), möchte ich gerne die wissenschaftlichen Arbeiten sehen, die sich mit dem Zusammenleben der zur Debatte stehenden Hunderassen und dem Menschen befassten. Es ist eine schallende Ohrfeige für alle mit dieser Thematik befassten Wissenschaftler und Tierärzte, dass die Äußerungen dieses "Experten" in einem Atemzug mit den ihren genannt und offensichtlich gleichwertig, wenn nicht höher, bewertet werden.

Als Fazit möchte ich gerne ein aus meiner Sicht besonders zutreffendes Zitat von Berthold Brecht verwenden und hiermit schließen:
"Zeige ihnen einen roten Kometenschweif, jage ihnen dumpfe Angst ein, und sie werden aus ihren Häusern laufen und sich die Beine brechen. Aber sage ihnen einen vernünftigen Satz und beweise ihn mit sieben Gründen, und sie werden dich einfach auslachen."

Thomas Henkenjohann
05. Juni 2001
1. Vors., Verein gegen die Diskriminierung von Hund und Halter e. V.

Quelle :




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