Liebe Natalie
hab mal versucht, mich zu konzentrieren und weniger mit dir mit zu leiden...
Es könnte sein, dass man die Ödeme wegen der Hypoalbumie nicht punktiert. Wenn der Erguß nachläuft, zieht es noch weiter Eiweiss aus dem Blut, d.h. die Albumine würden noch weiter absinken.
Aber sie laufen ja bisher nicht mehr nach, die Ödeme sind nicht schlimmer geworden, dann kann das Albumin auch zumindest nicht weiter abgesunken sein.
Das Albumin kann nur ansteigen, wenn sie entweder Eiweiss aus der Nahrung nachlegt (schwierig bei einer momentan etwas arg langsamen Verdauung) oder die Ödeme ins Gewebe zurück diffundieren.
Tatsache ist: die Ödeme sind mehr gaaaanz so schlimm und die Verdauung ist möglich.
Das sind zwei überaus wichtige Punkte und Voraussetzungen.
Auch mit Entwässerungsmitteln ist das ja so eine Sache: da können allein schon Ödeme als Nebenwirkung auftreten und das Herz und den Kreislauf belasten sie trotz ihrer eigentlich entlastenden Funktion trotzdem.
Wegen der Erstickungsgefahr durch die Thorax-Ödeme würde ich mich auch nicht narrischer machen lassen als sachlich gerechtfertigt. Klar, die grundsätzliche Gefahr besteht, umso mehr als momentan nicht abschließend geklärt werden kann, woher sie kommen. Aber bisher gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass Shiwa konkret gefährdet wäre. Dann würde sie nämlich nicht liegen!!!
Insgesamt finde ich, dass sie eigentlich sehr interessiert wirkt; auf dem älteren Bild fand ich ihren Augenausdruck weit trauriger.
Ich denke, dass Shiwa einfach Zeit braucht. Sie hat eine Verdauung und das finde ich fürs erste schon mal sehr sehr wichtig. Ob viel oder wenig - das kann auch zig andere Gründe haben. Mangelnde Bewegung, der postoperative Zustand, die Ödeme im Bauchraum, zu viel Aufregung. Womit ich gerade nicht deine Besuche meine. Sondern - ganz im Gegenteil - eigentlich an deiner Stelle auch sehr dazu tendieren würde, sie zumindest übers Wochenende nach Hause zu holen. Keiner erholt sich wirklich im Krankenhaus; vielleicht tut ihr das Gefühl wieder zu Hause zu sein ja besser als der Bereitschaftsdiendienst in der Klinik. Ganz ehrlich: ich kann mir schwer vorstellen, dass ich Cara nicht wenigstens versuchsweise nach Hause holen würde. Insbesondere wegen des Besuchsverbotes, wenn du jetzt plötzlich ganz wegbleibst, stelle ich mir das eigentlich kaum förderlich für Shiwa's Zustand vor.
Und wie anders sollte man Shiwas Enttäuschung bei Eurem letzten Weggehen verstehen als "mir geht's schon wieder besser, warum kann ich dann nicht wieder mit?"
Du kannst sie abmessen, da wo sie Ödeme hat. Dann merkst du rechtzeitig, ob sie schlimmer werden. Such dir bestimmte Stellen, drück mit den Fingern die Ödeme kurz ein und merk dir das Gefühl dabei, die Eindrücktiefe, die Zeit bis es sich wieder füllt. Auch daran kannst du Veränderungen objektiv erkennen.
Und wegen der Thoraxödeme kannst auf ihre Atemgeräusche achten. Manchmal kann man das Blubbern sogar ohne Stethoskop hören, leg dein Ohr an ihre Brust (und/oder oben auf die Luftröhre) und versuch ob du irgendwo was hörst. Solltest du absolut nichts hören, dann sollte das auch so bleiben. So völlig hilflos ist man ohne Technik auch nicht.
Auch den Herzschlag kannst du selbst kontrollieren; im Bereich hinter dem linken Vorderlauf (caudal, also in Richtung der Rute), etwa am Übergang vom seitlichen zum unteren Thorax: da ist der Herzspitzenstoß und den kannst du mit der Hand fühlen, das Herz klopft dir hier förmlich in die Handfläche. Wenn die Ödeme schlimmer werden sollten, insbesondere auch die im Thorax, verändert sich die Schlagkraft des Herzens und die Frequenz natürlich auch.
Ich hab bei Panino in seiner letzten Nacht das Atmen dadurch erleichtern können, dass ich nur bei ihm lag, so wie du bei Shiwa. Nur so blieb er ruhig und seine Atmung gleichmässig.
Nur Mut Natalie, achte mehr auf Shiwa und auf das, was sie dir zeigt und fixier dich nicht auf das, was du von den Ärzten hörst. Sie ist dein Mädchen, sie wird dir sagen oder zeigen, wenn sie "Hilfe braucht". Vertrau ihr und hör auf dein Herz.
Denk nicht an ein später oder einen Sommer oder irgendeine weitere Operation. Konzentrier dich auf das "jetzt" und hilf ihr dabei weiterzumachen, Minute für Minute, Stunde für Stunde. Stell dir vor, sie könnte deine Gedanken lesen, das kann dir helfen, nicht ständig über furchtbare Dinge nachzudenken, die jetzt noch gar nicht konkret zur Debatte stehen. Du kannst ihr nur dann durchs Tal helfen, wenn du dir selbst darüber im Klaren bist, dass du es willst. Sollte es sich irgendwann doch als Sackgasse erweisen - wirst du es früh genug merken. Bisher hat noch jeder gemerkt, wenn er mit der Nase an eine Wand knallt, an der es nicht weitergeht.
Alles Liebe und ganze Tonnen von Kraft für euch
Gabi und Cara - mit Panino im Herzen