Die beiden Kampfhunde, die am Mittwochabend in Eberstadt ein Ehepaar überfallen haben, sind am Freitag eingeschläfert worden. Die Überprüfung durch einen Gutachter ergab, dass die Pitbulls als „eindeutig aggressiv“ anzusehen waren.
Der Vorfall hatte sich auf dem Adenauerplatz (Foto rechts) ereignet, als das gehbehinderte Ehepaar seine eigenen Hunde – drei Pekinesen und einen Terrier – ausführte. Zwei der Tiere wurden totgebissen; das Ehepaar wurde verletzt und zudem vom Halter der Kampfhunde, einem längst polizeibekannten 35-jährigen Eberstädter, angegriffen (ausführlicher Bericht dazu hier).
Die Pitbulls befanden sich bis zu ihrer Tötung bei der Polizei. Gegen den Halter wird wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Verstoßes gegen die Gefahrenabwehrverordnung ermittelt. Das Ehepaar leidet noch immer unter einem schweren Schock und war deswegen am Freitag zu einem Gespräch nicht bereit.
Die Gefahrenabwehrverordnung, gegen die der Pitbullhalter verstoßen haben soll, trat am 15. August des vergangenen Jahres hessenweit in Kraft. Danach gelten American Staffordshire, Staffordshire-Pitbullterrier und American Pitbullterrier als Kampfhunde. Eine Reihe weiterer Rassen wurde als gefährlich eingestuft.
Kampfhunde und gefährliche Hunde müssen einen „Wesenstest“ bestehen; tun sie es nicht, dürfen sie nur mit Maulkorb ausgeführt werden. Ihre Halter müssen „Zuverlässigkeit“ nachweisen, ein Führungszeugnis vorlegen, eine Art Hundeführerschein absolvieren und für die Hunde eine Haftpflichtversicherung abschließen.
Unabhängig von ihrer Bedrohlichkeit gehören Hunde aller Rassen im Stadtgebiet an die Leine – darauf wies am Freitag noch einmal das Ordnungsamt hin.
Seit Inkrafttreten der Verordnung hat das Ordnungsamt „sehr, sehr viele Hinweise“ auf Kampfhunde erhalten, „wofür wir“, so hieß es in der Behörde, „den Bürgern dankbar sind“. Allen Hinweisen werde nachgegangen. „Doch wir können erst eingreifen, wenn wir von einem Kampfhund erfahren.“
Wie war das aber im Fall der Eberstädter Pitbulls? Einer der Bewohner des Hauses, in dem der Pitbullhalter Mieter ist, hatte das Ordnungsamt bereits am 27. Juni 2000 auf die mutmaßlichen Kampfhunde aufmerksam gemacht. Das Amt reagierte jedoch zurückhaltend, man wolle die neue Verordnung abwarten. Später hieß es, die Anmeldefrist für Kampfhunde sei noch nicht abgelaufen.
Unterdessen war die Hausverwaltung aktiv geworden und hatte den Hundehalter um eine tierärztliche Rassebestimmung gebeten. Der Hausverwalter sah persönlich nach dem Rechten und hatte „auf den ersten Blick den Eindruck, dass es sich um Kampfhunde handelte“.
Gleichwohl brachte der Hundehalter das Attest einer Eberstädter Tierärztin bei, die schrieb, man habe es „wahrscheinlich mit Boxermischlingen“ zu tun. Dieses Attest wurde ans Ordnungsamt weitergeleitet. „Danach“, so der Mitbewohner, „ist wohl nichts mehr passiert.“
Bis zu dem Überfall am Mittwoch. Bei der städtischen Pressestelle sprach man am Freitag von einer „unglücklichen Überkreuzung der Ereignisse“. Just am Tag darauf habe das Ordnungsamt eigentlich die Tiere in Augenschein nehmen wollen.
Kein Verständnis für diesen Vorgang zeigte am Freitag Kirstin Höfer, die Leiterin des Darmstädter Tierheims. „Ein Unding, dass so was geschehen konnte.“ Sie hält den behördlichen Umgang mit dem Thema Kampfhunde insgesamt für unverantwortlich – die Verordnung sei im Nachhinein abgeschwächt worden, man habe auf einen generellen Maulkorbzwang verzichtet, auch auf die Kastrationspflicht.
Höfer hat auch wenig Vertrauen in die verordneten „Wesenstests“. Die würden oft nicht seriös gehandhabt. „Ich weiß von hochgradig aggressiven Hunden, die den Test bestanden haben, und mir sind Fälle bekannt, wo die Gutachter von den Hundehaltern bestochen wurden.“ Zudem würden die Sanktionen kaum kontrolliert.
„Nach den schrecklichen Vorfällen im letzten Sommer“, sagt Höfer, „ist es ja eine Weile recht still gewesen. Aber mir war immer klar, dass das nicht so bleiben wird. Dies muss jeder wissen – hier wird es niemals Ruhe geben, so lange man nicht die kriminellen Milieus der Kampfhundehalter austrocknet. So jemand wie dieser Eberstädter müsste ein lebenslanges Hundeverbot kriegen.“
Klaus Honold