Halali auf die Wölfe in den Alpen

DeadDog1

Paris (AFP) - Die Angst vor dem Wolf sitzt tief. Im Mercantour-Nationalpark an der französisch-italienischen Grenze sprangen im vergangenen Jahr in einem Fall mehr als 400 Schafe in Panik über einen Felshang in den Tod. Nach solchen Vorfällen blasen die Schäfer in Frankreich zur Hatz auf die wilden Wölfe. Innerhalb weniger Jahre hat sich nach ihren Beobachtungen die Gefahr verdoppelt: 1998 seien 1228 Schafe von Wölfen gerissen oder in den Tod gehetzt worden, vier Jahre später schon 2308. Also ist aus Sicht der Züchter Gefahr im Verzug. Erstmals hat sich nun ein Pariser Umweltminister die Sichtweise der Schäfer zu Eigen gemacht. Der Konservative Serge Lepeltier will noch in diesem Jahr zur Tat schreiten. Für mindestens fünf der Raubtiere hätte dann das letzte Stündchen geschlagen, Wildhüter würden ihnen den Garaus machen.

Ob tatsächlich zum offiziellen Halali auf die Wölfe in den französischen Alpen geblasen wird, scheint indes fraglich. Frankreich würde damit die Berner Konvention vom 19. September 1979 verletzen, auf deren Grundlage der Wolf streng geschützt ist. Für den französischen Tierschutzbund SPA wäre es nicht nur ein Tabubruch, gegen diese Bestimmung zu verstoßen. Vielmehr sieht er "die Zukunft der Art gefährdet". Die Vereinigung zum Schutz der Wildtierehat angekündigt, sie werde die Pariser Regierung wegen des Verstoßes gegen die Berner Konvention verklagen.

Doch der Pariser Umweltminister steht unter dem Druck der Schafzüchter und seines Kollegen im Landwirtschaftsministerium, Hervé Gaymard. In seinem "Wolf-Aktionsplan" überschritt Lepeltier nun die Schwelle der Erwägungen - er empfahl eine Dezimierung der Wölfe um "10 bis 15 Prozent". Eine Zählung von 2001 ergab, dass zwölf Jahre nach der Zuwanderung aus Italien bereits 37 Wölfe durch die französischen Alpen streiften. Nach Einschätzung von Experten dürften es inzwischen 55 sein. Der angepeilte Abschuss würde demnach bedeuten: Mindestens fünf, höchstens sieben Wölfe sollen vorerst dran glauben.

Bisher gibt es nur eine Ausnahme von den Schutzbestimmungen der Berner Konvention: Wird ein Wolf zum wiederholten Mal beobachtet, wie er eine Schafsherde überfällt und Tiere reißt, kann der zuständige Präfekt ihn zum Abschuss freigeben. Der Pariser Umweltminister vertritt nun die Ansicht, dieses Verfahren sei nicht ausreichend. Zwischen dem "Schutz des Wolfes" und dem "Schäferleben" müsse ein neues Gleichgewicht gefunden werden. Bei einem Ortstermin in den Alpen will Lepeltier sich noch einmal ein Bild von der Lage machen, bevor er eine abschließende Entscheidung trifft.

Die Tierschützer befinden, dass das Problem von der falschen Warte betrachtet wird. Werde eine Herde durch Schäfer und Hirtenhunde bewacht, seien die Wölfe keine Gefahr. Diese Ansicht ist zwar wissenschaftlich weitgehend untermauert, verursacht aber zusätzliche Kosten. Die Pariser Regierung erwartet daher Unterstützung von der Europäischen Union und will selbst höchstens zwei Millionen Euro jährlich beisteuern.

"Vor hundert Jahren gab es hier auch Wölfe", sagt ein Wildhüter im Mercantour-Park. "Aber die Herden waren kleiner." Die Schäfer hätten die Traditionen ihres Berufes vergessen. Sie hätten heute viele Tiere und weigerten sich, diese entsprechend den amtlichen Empfehlungen auch nachts zu bewachen. Bei einer ähnlichen Diskussion in der Schweiz hatte der zuständige Parlamentsausschuss 2002 eine Kündigung der Berner Konvention abgelehnt, weil das auf andere Unterzeichnerstaaten "befremdend wirken würde". Die Schweizer Parlamentarier wiesen auch darauf hin, dass die Hatz auf die Wölfe "negative Auswirkungen auf die Tourismusbranche" haben könnte, "die mit einer intakten und vielfältigen Natur wirbt".



M.
 
  • 12. Mai 2024
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Hi DeadDog1 ... hast du hier schon mal geguckt?
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