Die Prognose ist nicht gut, aber Krebs verläuft bei alten Leuten oft langsamer als bei jungen. Möglicherweise bleibt euch also noch etwas Zeit.
Aber was "schlechte Prognosen" angeht, muss man auch mal ganz nüchtern sagen: Mit über 80 hat man ein Alter erreicht, in dem die Leute nunmal irgendwann auch aus anderen Gründen sterben. Soll heißen: Eine "schlechte Prognose" (laut Lerbuch) ist da doch sehr relativ. Und sogar 1 oder 2 Jahre haben in dem Alter einen anderen Stellenwert als bei, sagen wir, einer 18-Jährigen.
(Womit ich bitte nicht sagen will, dass ich es niemandem gönne, dass er über 90 oder meinetwegen auch über 100 wird... bitte nicht falsch verstehen. Nur dass die Bezeichnung "schlechte Prognose" ein relativer Begriff ist.)
Ich sehe es in diesem Fall so: Vorher wusste man im Grunde nur auf dem Papier, dass die Tage der jetzt erkrankten Person schon altersbedingt im Grunde "gezählt" sind. Jetzt weiß man es endgültig, und möglicherweise auch, dass diese Tage nicht mehr so zahlreich sein werden, wie erhofft.
Die Konsequenz daraus? - Die restliche Zeit so gut wie möglich nutzen, würde ich sagen.
Meine Oma ist ja über 90 geworden, war aber die letzten Jahre auch schwer krank und es ging ihr am Ende sehr, sehr schlecht... und diverse Verwandte haben mich diverse Male durch die unverbrüchliche Überzeugung verblüfft, das würde alles wieder, sie würde sich "irgendwann wieder erholen, und dann wieder so fit und so mobil wie vorher" (also, mit 80...)
Ich schreibe das darum, weil besonders meine Tante, die sie größtenteils gepflegt hat, sich (und auch meiner Oma!) damit das Leben unnötig schwer gemacht hat, indem sie die Anschaffung von Hilfsmitteln wie einem Rollator, einem Rollstuhl, diesem oder jenem ewig lange hinausgezögert hat.. Begründung: "Sie erholt sich ja sicher bald wieder, und dann steht es hier herum!"
Oder zB (da waren mehrer Leute ganz groß drin, u.a. auch Mediziner aus der Verwandtschaft) am Ende und bei Krankenhausaufenthalten die Ärzte und alle anderen Leute komplett kirre gemacht haben, weil ja zB Schmerzmittel so schlecht für die Leber und den Magen sind und man ihr das doch ersparen sollte... wegen möglicher "langfristiger Folgeschäden".
Wenn jemand schon 93 ist - und Schäden nach mehrjähriger Einnahme zu erwarten sind - wie wahrscheinlich ist rein statistisch, dass der Betreffende den Eintritt dieser Schäden tatsächlich noch erlebt? - Den Nutzen vom Medikament dagegen hat er hoffentlich sofort.
Verstehst du, worauf ich hinauswill?
"Gut" und "schlecht" sind, wie bei der Prognose, in solchen Fällen grundsätzlich relativ. Wichtig ist, was für den Patienten das Beste ist. Man selbst wird irgendwann viel Zeit haben, den Verlust zu verarbeiten, der Kranke hat diese aber eventuell nicht mehr.
Ich hoffe, ich bin dir nicht zu nahe getreten... es kam hier nur grad alles wieder hoch.
Was ich sagen wollte, ist: Seid nett zu deiner Tante, macht ihr eine schöne Zeit... in ihrem Interesse, nicht in dem der unter Umständen schon bald Hinterbliebenen, die sich mit dem drohenden Verlust erst arrangieren müssen.
Dir alles Liebe.