Leserbrief zu StaffBull Arco
Mühlhausen, 1.4.04
Lange, sehr lange (vielleicht schon zu lange?) habe ich mir überlegt, ob ich überhaupt einen Leserbrief schreiben soll. Nachdem ich den gleichen Nachnamen trage wie der Hundebesitzer und dieser ja nicht gerade Maier, Müller oder Schmitt ist, lässt sich unser Verwandtschaftsverhältnis leicht erahnen.
Ich verstehe den Bürgermeister in seinem Bestreben, die Gemeinde zu schützen. Ich habe selbst drei Kleinkinder (4J, 2J und 5 Monate) und möchte auch nicht, dass diese totgebissen werden (komischerweise leben aber alle drei noch unverletzt – trotz der „Bestie“ Arco).
Auch bin ich weder Hundefreund noch Hundefeind und somit neutral. Vor Hunden habe ich einen Heidenrespekt – vor allem vor größeren. Ich wechsle sogar die Straßenseite, wenn mir einer entgegenkommt. Allerdings mache ich diese rasseunabhängig – sogar beim deutschen Schäferhund! Denn dass dieser eine deutsche Abstammung hat und nicht zu den Kampfhunden eingestuft wird, nützt mir auch nichts, wenn ich gebissen werde.
Keine Frage ist es im Sinne aller Mitbürger, dass wir vor „Bestien“ geschützt werden! Doch warum fällt es uns allen so leicht zu glauben, Arco sei eine „Bestie“? – Außer dem Gerangel mit dem anderen Hund hat er doch niemanden etwas getan!! Warum ist der andere Hund dann keine „Bestie“?? Was ist an dem Hund dann soviel besser?
Ich werde es Ihnen sagen! SEINE RASSE! Arco gehört einer Rasse an, denen man eine gesteigerte Aggressivität nachsagt (wer hat dies eigentlich erforscht und bewiesen??).
Eigentlich dachte ich wir Deutschen hätten das hinter uns und aus unserer Vergangenheit gelernt. Wie kommen wir nur dazu uns immer wieder verleiten zu lassen solch rassistischem Gedankengut Gehör, ja noch viel schlimmer sogar Glauben zu schenken!! Wann wachen wir endlich auf und bilden uns unsere eigene Meinung? Fach- und fall- und nicht rassebezogen!!
Hallo Deutschland, hallo Mühlhausen – setzt doch mal euren gesunden Menschenverstand ein! Hat sich jemand schon mal Gedanken gemacht, warum dieser „aggressive Kampfhund“, diese „tötende Bestie“ aus dem Kampf mit dem Schäferhund schwer verletzter hervorging als der Schäferhund? Warum hat er den Schäferhund dann nicht getötet? – Ich denke diese Rasse ist darauf ausgelegt nur zu töten – so wird es zumindest sehr oft berichtet!
Warum hat diese „menschen- und lebensgefährliche Kampfhund“ nicht den Besitzer des Schäferhundes angefallen und totgebissen? – Laut eigner Aussage des Schäferhundebesitzers, haben diese auf Arco eingeprügelt, um ihn so damit zu bewegen von ihrem Hund abzulassen. Wie aggressiv muß Arco wohl sein, wenn er Prügel einfach einsteckt ohne sich sich zu wehren! Wie viel Todesangst müssen die Besitzer des Schäferhundes vor Arco wohl gehabt haben, wenn sie sich trauen Ihren Hund zu verteidigen, indem sie auf den anderen einschlagen? Schon mal darüber nachgedacht? Also ich würde mich keiner „tötenden Bestie“ in den Weg stellen!
Und warum wartet auf den deutschen Schäferhund, der Arco mindestens genauso stark verletzt hat, keine Todesspritze? – Weil er deutsch ist? Weil er eine andere Rasse hat? Weil er weniger aggressiv ist? Warum hat er dann gebissen?
Meinen Kindern nützt es nicht, wenn sie anstatt von einem Kampfhund von einem Schäferhund gebissen werden! Traue ich mich jetzt in Mühlhausen nicht mehr auf die Straße? – Der Schäferhund ist ja immer noch da – und er beißt auch, haben wir ja gesehen!!
Natürlich gehe ich nach wie vor spazieren! Denn ich weiß, dass der Schäferhund „nur“ Arco gebissen hat, weil diese einen (im übrigen in der Tierwelt ganz üblichen) „Machtkampf“ austrugen.
Fakt ist jedoch, dass die Mehrheit anders denkt. ABER WARUM DEN BITTE?
Ich fasse nochmals zusammen – Arcos Rasse gilt als aggressiv – er steckt Prügel ein und beißt seinen Peiniger nicht. Sehr aggressiv, muß ich schon sagen.
Der Schäferhund in seiner Rasse gilt als nicht aggressiv – er wird gebissen (so wird es zumindest in den Medien berichtet, ich war nicht dabei) und beißt zurück. Keine Aggression vorhanden, Wesenstest bestanden – beißen erlaubt, Glückwunsch! Ohjeh, ich habe ja ganz vergessen, dass diese Rasse gar keinen Wesenstest braucht!
Ich wünsche unserer deutschen Rasse nur, dass nicht mal jemand auf die Idee kommt zu verbreiten, die deutsche Rasse sei zu unkritisch den Medien gegenüber und gehört deshalb eingeschläfert – denn dem folgen wir dann wahrscheinlich auch völlig unkritisch. Wird schon stimmen, wenn´s erzählt wird!
Wenigstens eine „Rasse“ profitiert von unserer leichtgläubigen „Rasse“ – unsere Politiker. Eine bessere Wählerschaft kann man sich nicht wünschen: leichtgläubig, unkritisch, der Masse (Herde) nachlaufend.
Armes Deutschland – am besten wir lassen uns gleich einschläfern!
Claudia Henningsen
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