Hi Manu,
ZTP und Wesenstest sind nur eine Hilfe, einen Hund überhaupt beurteilen zu können. Die Veranlagungen eines völlig "rohen" Hundes einzuschätzen, der sich vielleicht dazu noch mehr oder weniger selber erzogen hat, ist weitaus schwieriger wenn nicht gar unmöglich.
Was oft vergessen wird ist, dass bei der ZTP oder Körung (je nach Hunderasse) bei den Gebrauchshunderassen nicht nur um die Beißhandlungen mit dem Hetzarm geht, sondern ein ganz wichtiger Punkt ist, scheue, ängstliche Hunde als zur Zucht ungeeignet auszusortieren. Dabei muss es egal sein, warum ein Hund so geworden ist - wir können nur sichtbare Verhaltensweisen beurteilen! Es sollen bei der Zucht schließlich nervenfeste, führige Hunde herauskommen - nicht unkontrollierbare, wilde Beißer und Sozialkrüppel, mit denen selbst der Polizei nicht gedient ist, obwohl die Diensthunde Menschen stellen und festhalten müssen und sie dabei zwangsläufig auch mal verletzen. Die möglichen guten Anlagen helfen überhaupt nichts, wenn Aufzucht, Erziehung und Ausbildung versagt haben. Die wichtigste Eigenschaft unserer Hunde ist nun mal die soziale Verträglichkeit, aber die kommt nicht von allein sondern nur bei entsprechend positiver Prägung durch den Menschen. Einen ausgeprägten Bezug zu bestimmten Rassen sehe ich wegen eigener Erfahrungen nicht - der Schuldige war bisher immer der Hundehalter, wobei gelegentlich auch der "Produzent" bereits eine schlechte Ausgangssituation geschaffen hatte.
Von Tendenzen würde ich niemals eine fundierte Aussage ableiten wollen. Persönlich kenne ich mehr Probleme und Zwischenfälle mit Kleinhunden und mit niemals gelisteten Rassen und Mischungen, die schlecht und mit viel zu wenig Kontakt zu Menschen aufgezogen wurden. 50km weiter oder in einem anderen Bekanntenkreis kann das schon wieder ganz anders aussehen. Man könnte sich vielleicht an eine Statistik wagen, wenn nicht nur auflagen- und einschaltquotensteigernde Rassen über einen längeren Zeitraum mit allen Randbedingungen erfaßt würden, aber selbst dann kann nach wenigen Jahren das Bild wieder völlig verändert sein. Der größte Unsicherheitsfaktor ist und bleibt der Mensch! Ich kenne durch die letzten ca. 15 Jahre auf Hundeplätzen und ein damit wacheren Augen auch außerhalb wirklich eine Menge Hunde und mir ist bisher nicht einer bekannt, bei dem ich eine Auffälligkeit auf die Vererbung schieben könnte! Ein paar Leute sind darunter, die behaupteten, es läge am Hund. Was mir zu denken gab ist, dass alle ihre Hunde immer wieder ähnliche Probleme aufzeigten. Zufall, dass ausgerechnet sie die Genfehler hatten???
Probleme durch isolierte Haltung werden immer nur bei Rassen vermehrt auftreten, die eben auch häufiger so gehalten werden. Auch ein Hund, der mehrere Stunden und die Nacht im Zwinger verbringt, wird keine Probleme zeigen, wenn man sich mit ihm ausreichend beschäftigt. Der Zwinger ist nicht das Problem. Isolierte Haltung in der Wohnung, im Haus oder Garten gibt es bestimmt fast genauso oft. Maßnahmen des Gesetzgebers können das nie verhindern, da niemals kontrolliert werden kann, wie Hundehalter mit ihren Tieren umgehen. Ein typisches Beispiel ist die Festlegung von Mindestgrößen für Zwinger je nach Hund. Ob der Zwinger nun 5qm oder 50qm hat, oder ob der Hund auf 200qm Wohnfläche rumlungert ist sowas von nebensächlich. 10ha Garten helfen dem Hund ebensowenig, wenn sich kaum jemand um ihn kümmert und wenn er nicht lernt, auf Fremde selbstsicher und verträglich zu reagieren. Bei Erwachsenen mag die Größe des Hundes noch eine gewisse Rolle spielen, für kleinere Kinder kann jedoch auch ein Zwerg von Hund gefährlich werden. Ist es nicht komisch, dass bei der Zuchtzulassung der Minis nie wirklich nach dem Wesen geschaut wird?
Grüße
Bernhard & Sato