HU? Öhm...keine Ahnung? Bei mir gehts.
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Beschwerdegegenständlicher Sachverhalt:
Art. 18 LStVG, Art. 37 LStVG und Art. 37a LStVG in Verbindung mit der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit in ihrer Fassung vom 15.7.2004 verstößt gegen folgende rechtsstaatlichen Grundsätze:
- Gleichheitsgebot
- Bestimmtheitsgebot
- Willkürverbot
Weiterhin werden folgende Grundrechte rechtswidrig eingeschränkt:
- Recht auf freie Berufsausübung (Art. 12 GG)
- Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG)
- Recht auf Eigentum (Art. 14 GG)
- Recht auf Freizügigkeit/freie Wahl des Wohnortes (Art. 11 GG, Art. 21 AEUV, Art. 45 EU-Grundrechtecharta)
- Handlungsfreiheit (Art. 101 BV)
Desweiteren verstoßen die genannten Regelungen gegen:
- Staatsziel Tierschutz (Art. 20a GG)
Ziel der Beschwerde:
Der Bayrische Staatsminister des Innern möge:
- §1(1) und §1(2) der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit außer Kraft setzen
- §1(3) der Verordnung im Wortlaut entsprechend anpassen (streiche: „unabhängig hiervon“)
- Die Vollzugsbekanntmachungen zu Art. 37 LStVG und Art. 37a LStVG insofern ändern, als dass diese sich nicht weiter auf Rassen und Kreuzungen beziehen
Der Bayrische Landtag möge:
- Art. 18(1) LStVG in der Form ändern, dass die Haltung von großen Hunden und Kampfhunden nicht länger aus Gründen der öffentlichen Reinlichkeit anders behandelt werden kann als die Haltung „normaler“ Hunde
- Art. 18(2) LStVG in der Form ändern, dass künftig keine Generalvollmacht für jedwede Maßnahme im Einzelfall daraus resultiert
- Art. 37(1) LStVG in der Form ändern, dass künftig die Kampfhundeeigenschaft nicht mehr aus Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Kreuzung entsteht
- Art. 37(2) LStVG in der Form ändern, dass die Übernahme eines Hundes von einer öffentlichen Tierschutzeinrichtung bei Erfüllung der weiteren Forderungen als berechtigtes Interesse im Sinne des Gesetzes gilt
- Art. 37a(1) LStVG in der Form ändern, dass künftig die Zucht von Hunden nicht länger allein aufgrund der Rasse- oder Kreuzungszugehörigkeit in den Regelungsbereich des Artikels fällt.
Die Bayrische Staatsministerin der Justiz möge:
- Die Ergebnisse der vom Bayrischen Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 12.10.1994 (Vf 16-VIII-92, S. 39) vom Normgeber geforderten Beobachtung einfordern und veröffentlichen.
Beschwerdegegner:
Diese Beschwerde richtet sich gegen:
- Den Bayrischen Staatsminister des Innern
- Die Bayrische Staatsministerin der Justiz
- Den Bayrischen Landtag in seiner Funktion als Gesetzgebungsorgan
Begründung der Beschwerde:
Der Bayrische Staatsminister des Innern hat mit Wirkung vom 1.August 1992 die Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit – zuletzt geändert 2004 – erlassen, die für insgesamt 19 Rassen und Gruppen von Hunden eine rassespezifische Gefährlichkeit widerleglich bzw. unwiderleglich vermutet. Für diese Hunde gelten aufgrund der Bestimmungen in Art. 18, 37 und 37a LStVG sowie Art. 3 KAG in Verbindung mit den lokalen Hundesteuersatzungen besondere Beschränkungen bzgl. Haltung und Zucht.
Der Verordnungsgeber macht sich hierbei das juristische Mittel der Vermutung zu Nutze, um die Beweislast dem betroffenen Hundehalter aufzuerlegen bzw. eine Beweisführung von vornherein nicht zuzulassen. Diese Rechtsauslegung wird dabei vom Normgeber in rechtsbeugender Weise zur Rechtfertigung einer willkürlichen Entscheidung verwendet. Da der Normgeber eben gerade nicht definiert, worin sich die gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit äußert, worin sie begründet ist und wo ihre Grenzen liegen, ferner auch für 5 Rassen und Gruppen keine Beweisführung zulässt, schafft er einen Status quo, der in keiner Weise antastbar wird. Die Verwendung der Vermutung ist rechtlich aber nicht zur beliebigen freien Verfügung vorgesehen, sondern soll vielmehr Rechtssicherheit in den Fällen schaffen, wo ein Sachverhalt „nach allgemeiner Lebenserfahrung üblicherweise mit einem Geschehen oder einem Zustand verbunden zu sein pflegt“ (vgl. Schneider, Gesetzgebung, S. 230). Eben diesen Nachweis bleibt der Normgeber schuldig, die üblicherweise angeführten „allgemeinen Lebenserfahrungen“ entstammen hauptsächlich der Lektüre von Boulevardmedien, die angeführte Fachliteratur stellt aus dem Zusammenhang gerissene Zitate dar, gegen deren Interpretation sich die Autoren selbst mehrfach gewehrt haben. Die angeführten wissenschaftlichen Grundlagen der höheren Beisskraft, Sprungkraft, Masse und Gewicht sowie geringere Schmerzempfindlichkeit blieben bis heute ohne jeden Nachweis. Die Behauptung, bestimmte Rassen seien auf „bedingungslosen Kampf“, „hohes Aggressionspotential“ o.ä. gezüchtet worden entbehrt nicht nur einer umfassenden Betrachtung der Rasse (im Gegensatz zu einer Betrachtung einzelner Zuchtlinien), sondern ist schlichtweg falsch. Der in der Fachliteratur verwendete Begriff der „hohen Reizschwelle“ wurde einzelnen Rassen (vgl. Bullterrier) als Negativkriterium ausgelegt, weil es den zuständigen Sachbearbeitern an Fachwissen fehlt. Eine hohe Reizschwelle bedeutet, dass der Hund eine Vielzahl an äußeren Reizen ertragen kann, ohne eine übersteigerte Reaktion darauf zu zeigen.
Der Normgeber wurde durch den Bayrischen Verfassungsgerichtshof aufgefordert, die Entwicklung zu beobachten und mit geeigneten Maßnahmen zu reagieren. Diese Entscheidung wurde durch das Innenministerium ignoriert, die Änderung der Rasseliste aus dem Jahr 2002 entsprang wiederum fachlich unzulänglichen Beweggründen, die ihren Ursprung vermutlich eher in Lobbyarbeit und Steuerpolitik haben, da der zahlenmäßig stärker vertretene Rottweiler nun auch unter die Bestimmungen der „Kampfhundeverordnung“ fällt. Auch wenn das Bayrische Innenministerium sich offensichtlich außerstande und auch nicht verpflichtet fühlt, eigene Untersuchungen anzustellen, wäre es doch mindestens möglich, die vorhandenen Fremduntersuchungen auszuwerten und zu berücksichtigen (vgl. Baumann, Christine „Überprüfung der gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit von Rottweilern und Rottweiler Mischlingen im Rahmen der Auswertung von Wesenstests in Bayern“, LMU München 2005; Mikus, Roman „Statistische Auswertung von Sachverständigengutachten über Hunde mit Beißvorfällen in Bayern“, LMU München 2006; Bericht der „Van-Sluijs-Kommission“ zur RAD in den Niederlanden, 2008; „Ordinanza del 3 marzo 2009“ zur Untersuchung der Wirksamkeit der Rasseliste in Italien). Auch das geschieht nicht, man beruft sich weiterhin auf die Rechtmäßigkeit und Geeignetheit der Verordnung von 1992/2002.
Das Vorgehen der bayrischen Staatsregierung, insbesondere des Innenministeriums, offenbart neben einer absoluten Ignoranz gegenüber Fakten auch eine Gleichgültigkeit gegenüber der Sicherheit der Bevölkerung. Wie die genannten Arbeiten belegen, und wie auch der gesunde Menschenverstand offenlegt, haben die aktuellen Regelungen einzig und allein den Zweck, Sicherheit vorzutäuschen ohne Sicherheit zu schaffen. Die bayrische Gesetzgebung vergrößert den Anteil illegal und unkontrolliert gezüchteter Hunde und verschlechtert die Position verantwortungsvoller Züchter und Halter. Sie richtet sich im Kern ausschließlich gegen einen Bruchteil von Hundehaltern und –züchtern, während sie andere aufgrund der Rasse völlig aus dem Fokus der Beobachtung entfernt. In dieser Form fördert die bayrische Gesetzgebung die Gefahren für Menschen und Tiere. Diese gesteigerte Gefährdung wird zugunsten eines positiveren Öffentlichkeitsbildes billigend in Kauf genommen.
Die aktuell in Art. 37 LStVG vorgesehene Definition des „Berechtigten Interesses“ obliegt in ihrer praktischen Auslegung der jeweils zuständigen Behörde, also den Ordnungsämtern und Gemeinden. Das einzig gegebene Beispiel umfasst die Bewachung von gefährdeten Besitztümern. Diese Formulierung entbehrt jeder Rechtssicherheit für den Bürger, da sie einzig von der persönlichen Ansicht des Sachbearbeiters abhängt. Ferner kann die Bewachung eines Grundstücks nicht als höherwertig anzusehen sein als die Erfüllung eines in Art. 20a GG festgelegten Staatsziels (Tierschutz). Deswegen muss die Haltung eines gefährlichen Hundes nach Art. 37 LStVG aus Tierschutzgründen ausdrücklich als gleichwertig oder höherwertig dem bisher definierten berechtigten Interesses „Bewachung eines gefährdeten Besitztums“ angesehen und rechtlich definiert werden. Wie in anderen Bundesländern bereits seit Jahren üblich, muss die Übernahme eines Hundes aus einem öffentlichen Tierheim oder ähnlichen Institutionen als berechtigtes Interesse angesehen werden. Ein besonderes öffentliches Interesse besteht weiterhin in der Einsparung der Unterbringungskosten im Tierheim (ca. 6000€ pro Jahr und Hund).
Die Regelungskompetenz, die den Gemeinden über die Hundesteuer zugestanden wird, darf nicht die sicherheitsrechtlichen Regelungen ersetzen oder verdoppeln. Die Beschränkung der Ausbreitung potenziell gefährlicher Hunde ist bereist erklärtes Ziel der sicherheitsrechtlichen Regelungen in Art. 18, 37 und 37a LStVG, sie darf nicht ebenfalls Ziel der örtlichen Hundesteuersatzungen auf Basis von Art. 3 KAG sein. Eine solche doppelte Regulierung eines identischen Sachverhaltes widerspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen (TBD).
Die örtlichen Behörden sind nicht in der Lage, die Regelungen betreffend „gefährliche Hunde“ umzusetzen. Die für die Erteilung des sog. „Negativzeugnisses“ örtlich zuständige Behörde (konkret: Gemeinde Höhenkirchen, Hauptamt) war nicht in der Lage, die ihr aus Gesetz und Verordnung zustehenden Rechte und Pflichten zu erkennen und umzusetzen. Vielmehr forderte sie Dinge ein, die ihr nicht zustanden. Aufgrund des noch schwebenden Gerichtsverfahrens ist die Behörde nicht Ziel der Beschwerde. Die Polizei (konkret PI 28, Ottobrunn) ist nicht in der Lage, die Rasse eines Hundes zu erkennen und eine Einstufung gemäß den geltenden Rasselisten vorzunehmen. Stattdessen erhoben die Beamten falsche Anschuldigungen gegenüber Landratsamt und Gemeinde. Hier muss eine Aufklärung und Schulung der Beamten erfolgen, um die geltenden Gesetze mit den zur Verfügung stehenden Mitteln – u.a. der Anwendung unmittelbaren Zwangs – in ein vertretbares Verhältnis zu setzen.